Zur Zukunft des Großkraftwerks Mannheim GKM: Neue Gas-und-Dampfturbinen-Anlage macht Sinn!
Ein weiterer Diskussionsbeitrag zur Energiewende in Mannheim
Wie „grün“ ist das denn?
Der GKM-Miteigentümer RWE will in Biblis ein offenes 300 MW-Gaskraftwerk zur Stabilisierung des Stromnetzes bauen. Von 750 MW Feuerungsleistung werden dabei 450 MW Abwärme ungenutzt in die Luft gepustet. Daneben werden dann auch noch erhebliche Mengen an CO2 und anderen Schadstoffen emittiert, die man durch den Einsatz von besserer Technik vermeiden könnte. Darüber regt sich niemand auf. Hauptsache, die Anlage steht nicht im GKM in Mannheim, wo sie länger als 1.500 Betriebsstunden im Jahr laufen und nebenbei quasi-kostenlos Fernwärme mit erzeugen könnte durch Kraft-Wärmekopplung (KWK). Diese Technologie ist klimafreundlicher als die getrennte Erzeugung von Strom und Wärme, weil sie weniger CO2-Emissionen und Umwandlungsverluste aufweist. Deshalb zahlen wir Kunden die vom Gesetzgeber geforderte Abgabe zur KWK-Förderung. Durch die jüngst getroffene Entscheidung, im GKM keine neue Gas-und-Dampfturbinen-Anlage (GuD) zu bauen, wird zukünftig dieses Geld nicht mehr nach Mannheim fließen und damit hier die Strom- und Fernwärmekunden finanziell entlasten, sondern in andere Städte und Gemeinden in Deutschland, wo solche KWK-Anlagen weiterhin betrieben oder neu errichtet werden. Bei einer GuD-Anlage im GKM hätte sich diese KWK-Förderung im Laufe der Betriebszeit auf einen mittleren dreistelligen Mio.€-Betrag aufsummiert! Fällt dieser weg, steigen die Fernwärmepreise.
Gas als Brennstoff scheint es ja in der Region genug zu geben. Auch fürs GKM, dessen Blöcke 5 und 6 jahrzehntelang aus dem vorhandenen Erdgasnetz mit Gas versorgt wurden. Auch bei der BASF in Ludwigshafen werden seit über 20 Jahren zwei große GuD-Anlagen zur Strom- und Prozess-Wärmeerzeugung mit Erdgas betrieben. Der andere GKM-Miteigentümer, die EnBW, baut derzeit in Marbach am Neckar ebenfalls ein offenes Gaskraftwerk. Und in Düsseldorf betreibt EnBW einen modernen, sehr großen GuD-Block mit Fernwärmeauskopplung. Offensichtlich spielen RWE und EnBW ein doppeltes Spiel: Stilllegungsprämien fürs GKM in Mannheim kassieren und woanders neu bauen. Die Fernwärme in der Metropol-Region Rhein-Neckar und die seit Jahrzehnten sichere Bahnstromversorgung durch das GKM sind ihnen egal.
Die MVV weiß als dritter GKM-Miteigentümer, dass große Flusswärmepumpen, weitere Biomassekessel und Erdwärme nicht ausreichen werden, das große Fernwärmenetz jederzeit zuverlässig zu versorgen. Deshalb sollen in Mannheim mehrere gasbefeuerte Heizkessel gebaut werden, die nur Fernwärme erzeugen können. Diese Heizkessel müssen dann im Winter laufen, wenn viel Fernwärme benötigt wird. Deren Emissionen sind sogar deutlich höher als die einer modernen GuD-Anlage mit Fernwärmeauskopplung. Was soll daran „grün“ sein? Auch hinter den angedachten Erdwärmekraftwerken steht ein großes Fragezeichen, denn im Rheingraben gab es damit bisher überwiegend negative Erfahrungen (siehe Beispiel in Landau). Eine Absenkung der Fernwärme-Vorlauftemperatur im Netz von Mannheim und Heidelberg, wie sie Frau v. Oehsen vorschwebt, ist ein technisch komplexes und umfangreiches Projekt, welches auch mit hohen Kosten verbunden ist, weil Fernwärmeübergabe-Stationen umgebaut, Rohrleitungsquerschnitte vergrößert und in den Haushalten Zusatzheizkörper oder Fußbodenheizungen erforderlich werden.
Eine überschlägliche Gasbilanz ergibt: das beantragte Gaskraftwerk in Biblis benötigt 750 MW und die MVV-Zusatzheizkessel 500 MW an Feuerungsleistung. Daraus entstehen dann 300 MW Strom in Biblis und rund 480 MW Fernwärme in Mannheim. Mit der gleichen Gasmenge könnte man im GKM mit einer GuD-KWK-Anlage und zusätzlichen Gaskesseln beispielsweise 350 MW Strom und 640 MW Fernwärme erzeugen. Fazit: aus Sicht von Ökologie, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit sind eine GuD-KWK-Anlage, Gas- und Biomassekessel sowie Flusswärmepumpen im GKM die bessere Kompaktlösung für die Bürgerinnen und Bürger der Region. Was hindert die MVV daran, zusammen mit der Deutschen Bahn ein Konzept für einen entsprechenden „Alleingang“ zu entwickeln?
Joachim Schubert, Mannheim