Die Stadt Mannheim hat bekanntgegeben, dass sie erstmals ihr Vorkaufsrecht nach § 24 BauGB ausüben möchte, um auf einem unbebauten Grundstück preiswerte Wohnungen zu schaffen. Es handelt sich dabei um ein 1.364 Quadratmeter großes Grundstück in Neuhermsheim, das ein Projektentwickler von einer Erbengemeinschaft gekauft hatte.
Bei der Gemeinderatssitzung am 2. Februar wurde nach langer und heftiger Debatte über die entsprechende Vorlage der Verwaltung abgestimmt. Ursprünglich wollte die Verwaltung alle drei durch die Erbengemeinschaft an den Projektentwickler veräußerten Grundstücke kaufen, und zwar zum Verkehrswert. In der dann überarbeiteten Verwaltungsvorlage sollte nur noch das größte dieser drei Grundstücke von der Stadt übernommen werden, da nur hier der Bau von mehr als zehn Wohneinheiten – Voraussetzung für die Umsetzung der Sozialquote – sicher möglich ist.
Zudem sollte dieses Grundstück zum tatsächlich erzielten Verkaufspreis von der Stadt übernommen werden, der mit 1.211 €/qm deutlich über den ermittelten Verkehrswerten (Dezember 2018: 660 €/qm, aktuell: 803 €/qm) liegt. Mit Stimmen von LI.PAR.Tie., Grünen und SPD erhielt die Verwaltung den Auftrag für die Ausübung des Vorkaufsrechts. Vehement dagegen war das andere Lager des Hauses: CDU („Wir wollen an sozialer Marktwirtschaft festhalten“), ML („Schutz der Vertragsfreiheit“), FDP/MfM („Investoren werden abgeschreckt“) und AfD („kalte Enteignung“).
Laut § 24 (3) BauGB darf das Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden, wenn es das „Wohl der Allgemeinheit“ rechtfertigt. Ob die Schaffung von preiswertem Wohnraum als ausreiche Begründung für das Ausüben des Vorkaufsrechts anerkannt wird, wird möglicherweise erst eine gerichtliche Auseinandersetzung zeigen. In einer Stadt mit „angespanntem Wohnungsmarkt“, worunter Mannheim seit Juni 2020 offiziell zählt und weshalb die Mietpreisbremse eingeführt wurde, sollte dies aber ein ausreichender Grund sein.
Denn die spekulationsbedingte Bauland-Preisentwicklung bei den betreffenden Grundstücken in Neuhermsheim zeigt die Notwendigkeit des Eingreifens der Stadt: Wenn innerhalb von zwei Jahren der erzielbare Verkaufspreis um 83 % gegenüber dem ermittelten Verkehrswert gestiegen ist, so können bei derartigen enormen Preissteigerungen auf dem freien Markt keine preiswerten Wohnungen entstehen. Die Stadt und die öffentliche Hand müssen eingreifen und dafür auch öffentliches Geld einsetzen, denn Wohnen ist Menschenrecht unabhängig vom eigenen Geldbeutel.
So ist dieser Vorgang ein erster Schritt in die richtige Richtung und kann auch zu mehr Klarheit und Rechtssicherheit für künftige Vorgänge dieser Art beitragen. Zumal der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf für das Baulandmobilisierungsgesetz den Kommunen unter Anerkennung akuten Wohnraummangels in Ballungsräumen verbesserte Instrumente des Vorkaufsrechts in die Hand geben soll.
Dies wird nicht der letzte Fall sein, bei dem die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch macht. Zukünftig darf die Stadt aber nicht mehr den durch Spekulation in die Höhe getriebenen Verkaufspreis zahlen, sondern nur noch den festgelegten Verkehrswert. Wir erwarten da mehr Rechtssicherheit, um nicht durch das Bezahlen von Spekulationspreisen unnötige finanzielle Belastungen zu erzeugen.
Der Bodenfonds, aus dem die Differenz zwischen dem Kauf- und Verkaufspreis voraussichtlich an die GBG finanziert wird, muss in den kommenden Jahren mit mehr städtischen Haushaltsmitteln verstärkt werden, um aktiv und positiv gestaltend in den Wohnungsmarkt eingreifen zu können.
Im Gegensatz zu einem profitorientierten Privatinvestor würde die GBG dauerhaft und nicht nur für 15 oder 20 Jahre für preiswerte Mieten sorgen. Wir fordern allerdings für die Bebauung auf dem betreffenden Grundstück in Neuhermsheim nicht nur 30 %, sondern 50 bis 100 % preiswerte Wohnungen, die in Form von Sozialwohnungen über den geförderten Wohnungsbau entstehen könnten.
Dass der bisherige Käufer dieses Grundstücks zu keiner Abwendungsvereinbarung bereit war und nur gegen finanziellen Ausgleich durch die Stadt die Sozialquote umsetzen wollte, bestätigt wiederum: Preiswertes Wohnen kann durch profitorientierte Investoren nicht ermöglicht werden. Aus diesem Grund sehen wir auch die Konzentration auf Abwendungsvereinbarungen kritisch. Dadurch kann langfristig preiswertes Wohnen nicht gesichert werden. Das Vorkaufsrecht ist die wirkungsvollere Maßnahme für dauerhaft preiswerte Mieten.
Dennis Ulas, Stadtrat DIE LINKE, Fraktionsvorsitzender LI.PAR.Tie.