Privatinvestor kauft Mietshäuser in Mannheim-Schönau
Immobilienfonds entdeckt Mannheim-Schönau
Verkauf von 17 Mehrfamilienhäusern an Wiesbadener Immobilienfirma
Dass sich Privatinvestoren auf die zentralen und von Altbauten geprägten Stadtteile Mannheims stürzen, ist leider nichts Außergewöhnliches mehr. Insbesondere in Neckarstadt-Ost und Jungbusch sowie nun vermehrt in Neckarstadt-West fallen Wohnhäuser in die Hände von Privatinvestoren oder Immobilienfonds. Doch diese Stadtteile scheinen nicht mehr auszureichen, denn das Kapital sucht immer neue und immer mehr Anlage- und Renditeobjekte in Form von Beton. Nun scheint auch der Stadtteil Schönau interessant zu werden.
Zum 1. Juni 2021 wurden mindestens 17 Wohnhäuser mit je acht Wohnungen (insgesamt mind. 136 Wohnungen) von einem Privateigentümer an einen Immobilienfonds verkauft. Die betroffenen Objekte sind die Häuser Apenrader Weg 1-7 und 2-10, Elbinger Weg 1-11 sowie Sonderburger Straße 105 und 107. Neue Eigentümerin ist die IntReal handelnd für Sondervermögen d.i.i. Wohninvest, die wiederum Tochterunternehmen der d.i.i. (Deutsche Invest Immobilien) GmbH mit Sitz in Wiesbaden ist. Für die kaufmännische und technische Verwaltung der Gebäude ist die RIVERHOME GmbH, ebenfalls ansässig in Wiesbaden, beauftragt. Die Firmensitze befinden sich nur knapp 700 Meter Luftlinie voneinander entfernt im Bereich des Wiesbadener Hauptbahnhofs. Von dort ist man schließlich auch schnell mal nach Mannheim gefahren.
Die Deutsche Invest Immobilien
Bei der d.i.i. handelt sich um ein seit 2006 bestehendes Unternehmen, das sich auf Immobiliengeschäfte spezialisiert hat. Auf ihrem Internetauftritt beschreibt die Firma, dass sie “bevorzugt Wohnimmobilien mit hohem Wertsteigerungspotential in B-Städten” erwirbt, “relevante Wertsteigerungshebel” bspw. durch Sanierung durchführt und die Wohnungen entweder hält oder weiterverkauft. Weiterhin lobt sie sich dafür, „mit sicherer Hand Projekte und Grundstücke mit Entwicklungspotenzial zu identifizieren“. Der Wert ihrer verwalteten Immobilien beträgt derzeit 2,5 Milliarden Euro. Trotz dieser doch beachtlichen Größe dürfte man bisher noch nicht viel von diesem Unternehmen gehört haben – zumindest in Mannheim.
Mieterhöhungen in Freiburg
Im Freiburger Stadtteil Rieselfeld hat d.i.i. Anfang 2021 über 300 Wohnungen gekauft. Einem Bericht der Badischen Zeitung (BZ) zufolge erhielten etwa zwei Drittel der Mieter*innen bereits wenige Monate später eine Mieterhöhung zum 1. Juni 2021 angekündigt. Dadurch sollen die Mieten laut d.i.i. an den neuen Mietspiegel angepasst werden. Die Mieterhöhungen betragen teilweise über zehn Prozent.
Gleiches ist nun auch in Mannheim-Schönau zu befürchten: Mieten und Nebenkosten sind derzeit relativ niedrig und könnten auch bald im Sinne des neuen Eigentümers “angepasst” werden. Denn in Mannheim ist im Dezember 2020 ebenfalls ein neuer Mietspiegel in Kraft getreten. Die neue Hausverwaltung RIVERHOME hat in einem Schreiben an die Mieter*innen angekündigt, dass in Kürze Wohnungs- und Hausbegehungen durch die Firma POINT LINE FM Consulting durchgeführt werden sollen. Deren Geschäft ist es u.a. Räume und Wohnungen zu vermessen und technische Informationen, Mietspiegelinformationen und Ausstattungsmerkmale zu erfassen. Die Mieter*innen befürchten nun zu Recht, dass auch sie bald eine höhere Miete zahlen müssen.
Kein Kauf durch die GBG
Doch wem haben die besagten Häuser vorher gehört? Der Verdacht liegt nahe, dass es sich hierbei um GBG-Häuser handelt – das ist aber nicht der Fall und es waren auch nie kommunale Wohnungen. Es handelte sich aber in der Tat ursprünglich um öffentliche Sozialwohnungen, vermutlich durch die Neue Heimat, die dann später mehrfach den Besitzer wechselten. Auch die Deutsche Wohnen und später die Heidelberger Wohnen waren dem aktuellen Vorbesitzer zufolge Eigentümerinnen dieser Häuser. Die letzte Eigentümerin war eine GbR aus Rastatt. Der nun vollzogene Verkauf erfolgte wohl aus Altersgründen der Gesellschafter.
Ende 2020 trat dieser Vorbesitzer an die GBG Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft heran und bot ihr alle 17 Häuser zum Verkauf an. Die Preiserwartung des vormaligen Eigentümers und das Angebot der GBG klafften jedoch auseinander, sodass es zu keinen weitergehenden Verhandlungen gekommen ist. Neue Eigentümerin wurde schließlich die d.i.i. aus Wiesbaden.
Folgen für den Stadtteil
Schönau ist einer der Stadtteile mit den niedrigsten Mieten in Mannheim, sie ist geprägt von zahlreichen (ehemaligen) Sozialwohnungsbauten. Etwa 60 % des Wohnungsbestands in diesem Stadtteil gehören der GBG. In den vergangenen Jahren haben Stadt und GBG kräftig investiert, um den Wohnungsbestand zu modernisieren und den Stadtteil aufzuwerten. Mit dem Sanierungsprojekt Schönau-Nordwest werden weitere Wohnungen modernisiert, während die Mieten niedrig bleiben sollen. Gerade diese Aufwertung ist interessant für private Immobilienunternehmen: Attraktives Wohnumfeld und steigende Nachfrage nach Wohnraum ermöglichen höhere Mieten und somit eine höhere Rendite. Gerade in Schönau, wo die Immobilienpreise im Vergleich zur restlichen Stadt noch vergleichsweise niedrig sein dürften. Das kann in den nächsten Monaten und Jahren weitere private Immobilienfirmen dazu verleiten, in Schönau Gebäude aufzukaufen. Nun wird es aufgrund des großen Bestands an GBG-Häusern und privaten Eigenheimen keine Gentrifizierung geben – doch die Mieten in den Mietshäusern, die nicht der GBG gehören, dürften eine stärkere Steigerung erleben. Somit könnte auch in Schönau das Wohnen teurer werden. Daher wäre ein Kauf dieser 17 Häuser durch die GBG durchaus wünschenswert gewesen, um die Mieten stabil zu halten.
Dieser Vorgang zeigt, dass in der Vergangenheit zu viele große Versäumnisse und Fehler in der Wohnungspolitik passiert sind – beispielsweise die Privatisierung ehemals öffentlicher Wohnungsbestände – und dass es weitere Maßnahmen braucht, um preiswerten Wohnraum in allen Stadtteilen zu sichern und neuen preiswerten Wohnraum zu schaffen. Neben einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit bräuchte es auf kommunaler Ebene mehr finanzielle Mittel, um aktiv in den Wohnungsmarkt eingreifen zu können oder die GBG für diese Zwecke besser auszustatten.
Die weitere Entwicklung im Stadtteil Schönau, insbesondere bei den besagten 17 Wohnhäuser, gilt es im Blick zu behalten und die Mieter*innen zu unterstützen.
Dennis Ulas