Kontroverse um den Mannheimer Klimaschutzaktionsplan 2030
Mannheimer Klima-Initiativen kritisieren das Vorgehen der Stadt
Am 6. Dezember gaben Vertreter*innen von Fridays For Future Mannheim, Mannheim Zero und Mannheim Kohlefrei eine Pressekonferenz. Kurz zuvor am 3. Dezember tagte der Lenkungskreis zur Erstellung des Klimaschutzaktionsplans unter Leitung von Oberbürgermeister Kurz und Umweltbürgermeisterin Pretzell zum zweiten Mal. Die Klima-Initiativen in Mannheim wurden durch die vorgenannten Organisationen vertreten.
Die Initiativen Fridays for Future Mannheim, Mannheim Zero, Mannheim Kohlefrei, Scientists, Parents und Health For Future Mannheim und Extinction Rebellion Mannheim kritisieren nun in einer Presseerklärung das Vorgehen der Stadt zum Klimaschutzaktionsplan. Die Initiativen bemängeln, dass der Prozess bisher unstrukturiert war und die Teilnehmer*innen des Lenkungskreises zu kurzfristig über Inhalte und den Zeitplan informiert wurden.
Die Sitzung wurde von Anja Bierwirth vom renommierten Wuppertal-Institut Klima, Umwelt, Energie moderiert. Dieses Institut wurde von der Stadt zur wissenschaftlichen Begleitung beauftragt, aber wohl sehr kurzfristig, wie sich herausstellte. Der von ihr vorgestellte Mannheimer Klimaschutz-Aktionsplan 2020 war mit 11 Seiten zwar umfänglich. Die in 8 unterteilten Handlungsfelder (Private Haushalte; Kommunale Verwaltung; Mobilität; Verkehr, Gewerbe, Handel, Dienstleistungen; Industrie; Energieproduktion; Grün-blaue Infrastrukturen; Flächennutzung) wurden mit einer Vielzahl von Einzelmaßnahmen (z.B. Fassadenbegrünung.) hinterlegt. Letztlich bewegt sich das Papier des Wuppertal-Instituts, das KIM Vorliegt, sehr im Allgemeinen und ist bis auf wenige Ausnahmen kaum Mannheim-spezifisch.
Daher ist die Kritik der Klima-Aktivist*innen nachvollziehbar. Bisher seien weder messbare Ziele noch die Auswirkung der Maßnahmen auf ihre Emissionsreduktion vorgelegt. Das Wuppertal Institut präsentiere lediglich Berechnungen zur Entwicklung des CO2-Ausstoßes für Mannheim, die zudem auf einer veralteten Studie von 2018 basieren. Frau Arnold vom Wuppertal-Institut habe zwar noch einige Zahlen nachgeschoben, aber das Ergebnis sei trotzdem unbefriedigend.
Indirekt wird also auch die Studie des Wuppertal-Institut kritisiert. Das Wuppertal-Institut ist offensichtlich sehr kurzfristig von der Stadt beauftragt worden. Schon in der nächsten Sitzung des Lenkungskreises im Februar/März 2022 soll eine Endfassung vorliegen und gebilligt werden. Letztlich wird der Gemeinderat den „Klimaschutzaktionsplan 2030“ beschließen.
So wie es bisher auf den Weg gebracht ist, befürchten die Klima-Initiativen, dass dies vor allem symbolische Makulatur ist.
Oberbürgermeister Peter Kurz habe bei der Weltklimakonferenz in Glasgow vor wenigen Tagen die Klimaneutralität Mannheims bis 2030 angekündigt. Man habe den Eindruck, dass für den „European Green Deal“ der Klimaschutzplan funktionalisiert werde.
Das Wuppertal-Institut müsste sich in der Pflicht sehen und mit „mehr Personal und mehr Einsatz“ ausgestattet sein, damit in dieser kurzen Zeit ein seriöser Klimaschutzaktionsplan erarbeitet werden könne. Verantwortlich für diesen Prozess sei allerdings die Stadt Mannheim, da sie der Auftraggeber sei.
Die Stadt reagiere nur auf äußere Einflüsse und wartet Rahmenbedingungen ab, statt den Prozess aktiv voranzutreiben. Eine einmalige Bürgerbefragung reiche nicht aus, um die Stadtgesellschaft hinlänglich mit einzubeziehen.
Klima-Initiativen mit eindeutigen Forderungen
Die Klima-Initiativen fordern klare Einhaltung des Pariser Klimaziels für Mannheim. Die Initiativen stellen klare Forderungen: die Aufstellung des Plans auf Basis des Emissionsrestbudgets und die Ableitung und Festschreibung von Emissionsreduktionspfaden für die einzelnen Sektoren.
Bettina Chlond (Mannheim Zero) fordert: “Der Klimaschutzaktionsplan muss auf Basis des Restbudgets von 16,2 Millionen Tonnen CO2-Emissionen für Mannheim aufgestellt werden. Der Gemeinderat hat sich zum Pariser 1,5-Grad Ziel bekannt. Das Pariser Ziel muss jetzt auch im Klimaschutzaktionsplan fest verankert werden.”
Andreas Häuser (Mannheim Kohlefrei) ergänzt: “Für die einzelnen Sektoren müssen Emissonsreduktionspfade und Verantwortlichkeiten festgeschrieben werden, an denen gemessen werden kann, ob die beschlossenen Maßnahmen ausreichen oder ob nachgebessert werden muss.
Dazu muss auch das Reduktionspotenzial der einzelnen Maßnahmen bewertet werden.” Jonas Gunkel (Fridays For Future Mannheim) fasst zusammen: “Die 1,5 Grad Grenze ist keine Parole sondern gibt ein klares CO2-Restbudget vor. Wenn die Stadt als Vorbild agieren möchte, dann sind Emissionsreduktionspfade notwendig und unabdingbar für globale Klimagerechtigkeit!”
GKM als Gaskraftwerk?
Auf Nachfrage von KIM bezüglich der Absicht des Koalitionspapiers der Berliner Ampelkoalition und der Bundesnetzagentur im Rahmen der Energiewende, zumindest temporär zusätzliche gasbefeuerte Heizkraftwerksblöcke auf der Basis von Gas und Dampf in Betrieb zu nehmen, um so die Strom- und Wärmeversorgung abzusichern, antworten die Klima-Aktivisten. „Den Initiativen geht es um die Fern-Wärmeversorgung, da dies in Mannheim entschieden wird. Hier könne die Stadt auf 100% kohlefrei umsteigen. Was die Stromversorgung angeht, sind zwar die Klima-Initiativen der Ansicht, das ginge mit 100% erneuerbarer Energien. Die Entscheidungsbefugnis hierüber liegt allerdings bei der Bundenetzagentur.
Da die neuen GuD-Anlagen bevorzugt an bisherigen Kohlekraftwerksstandorten entstehen sollen., wäre das Mannheimer Großkraftwerk damit wieder im Spiel. Ein weiteres und wichtiges Thema für die MMV, die Mannheimer Lokalpolitik und die Zivilgesellschaft.
Roland Schuster