Antifaschistische Aktion Süd – Interview mit der Ortsgruppe Mannheim
Im Februar 2022 gründete sich die Antifaschistische Aktion Süd als Zusammenschluss mehrerer Antifa- Gruppen aus dem Süddeutschen Raum. Auch die Mannheimer Gruppe “Antifaschistische Aktion (Aufbau) Mannheim” zählt zu den in der Gründungserklärung aufgeführten Mitgliedern. In dem folgenden Interview wollen wir Aktiven der Gruppe den Raum geben,die Antifaschistische Aktion Süd (AAS) vorzustellen.
Bildquelle: https://antifa-sued.org/uber-uns/wer-wir-sind/
KIM: Wir haben das Jahr 2022, die AfD ist momentan eher auf dem absteigenden Ast und eine Antifaschistische Grundhaltung scheint im Mainstream der Politik und sogar im Innenministerium angekommen zu sein. Warum braucht es eine Organisation „Antifaschistische Aktion Süd“?
AAS: Dem Innenministerium eine antifaschistische Grundhaltung zu unterstellen halten wir für absurd. Nur weil der Staat ab und zu auch mal bei bewaffneten Faschos zuschlägt, heißt das noch lange nicht, dass wir uns auf die Behörden im Kampf gegen Rechts verlassen können. Unzählige Verstrickungen staatlicher Behörden in rechte Netzwerke belegen das.
Die AfD ist trotz sinkender Wahlergebnisse immer noch die größte organisierte rechte Kraft in Deutschland und verfügt über immense Ressourcen. Innerhalb der AfD ist zudem eine kontinuierliche Rechtsentwicklung und Radikalisierung zu erkennen. Die Gefahr, die von der AfD ausgeht sollte nicht nur anhand von Umfragewerten bewertet werden. Die Partei hat es geschafft den Diskurs nach rechts zu verschieben und hat sich und rechte Position salonfähig gemacht. Genau wie der Wahlerfolg hat auch der öffentliche Aufschrei bei Auftritten der AfD nachgelassen.
Themen wie die Flüchtlingswelle 2015, die der AfD plötzlich einen starken Aufschwung verschaffen, können jederzeit aufkommen. Die aktuell spürbare Verschärfung der kapitalistischen Krisen liefert genug Zündstoff.
Wenn dieser Fall eintritt ist die AfD extremer und besser organisiert als 2015 – und damit immernoch brandgefährlich. Auch neben der AfD gibt es viel Aktivität im Faschistischen Lager und neue rechte Projekte wie z.B. die Neue Stärke Partei. Es gibt also viel zu tun und eine „Antifaschistische Aktion Süd“ braucht es heute dringender als je zuvor.
KIM: Wie würdet ihr die ersten Monate seit der Gründung für euch bewerten und was ist in Zukunft geplant? Gab es bereits erste Reaktionen auf die Gründung?
AAS: Die öffentliche Gründung war für uns ein großer Schritt, auf den wir sehr lange hingearbeitet haben. Die beteiligten Städte können auf jahrelangen engen Austausch und gemeinsame Praxis zurückblicken. Unsere Organisation ist nicht aus dem luftleeren Raum entstanden sondern als Ergebnis eines langwierigen bewusst eingegangenen Prozesses. Die öffentliche Gründung als überregionale Organisation war jetzt der folgerichtige Schritt.
Unsere lokale und überregionale Arbeit läuft natürlich weiter, wenn auch unter neuen Rahmenbedingungen und noch geeinter als zuvor. Jetzt müssen wir erstmal die Praxis für uns sprechen lassen – in den wenigen Monaten ist aber schon einiges passiert: Es gab eine starke landesweite Mobilisierung auf die Demo in Mannheim am 07. Mai. Für den Landesparteitag der AfD in Stuttgart haben wir eine überregionale Mobi angestoßen. Neben den überregionalen Projekten steht natürlich die alltägliche lokale Praxis in allen Ortsgruppen im Fokus. Und worauf wir besonders stolz sind: Wir haben zusammen mit weiteren Genoss:innen die antifa-info.net als eigenständige Info-Plattform von der Bewegung für die Bewegung ins Leben gerufen. Dadurch erhoffen wir die Praxis und die Standpunkte von uns und anderen antifaschistischen Gruppen in Süddeutschland sichtbarer und diskutierbar zu machen.
Reaktionen auf die Gründung konnten wir übrigens aus beiden Richtungen feststellen: Neben vielen positiven Reaktionen aus der Bewegung und linken Strukturen hat die AfD in Baden-Württemberg eine Anfrage im Landtag zu unserer Organisation gestellt. Die Nachricht ist also schon an den richtigen Stellen angekommen.
KIM: Mit dem Teilbereich Antifaschismus fokussiert ihr euch auf einen besonderen Aspekt linker Politik. Wie ist das Verhältnis zu anderen linken Bewegungen und politischen Organisationen?
AAS: Antifaschismus ist so vielschichtig und wichtig, dass wir die dringende Notwendigkeit von eigenständigen antifaschistischen Strukturen und Aktivitäten sehen. Daher fokussiert sich unser Handeln so stark auf diesen Teilbereich linker Politik. Dadurch können wir uns auch strömungsübergreifend organisieren und müssen uns in der Organisation nicht über den richtigen Weg zur Revolution einig werden. Natürlich teilen wir aber gemeinsame inhaltliche Grundsätze – unser Antifaschismus ist klar antikapitalistisch und wir sehen uns als festen Bestandteil einer kämpfenden linken Bewegung. Innerhalb dieser Bewegung sehen wir es als unsere Aufgabe faschistische und rechte Kräfte zu bekämpfen und damit einen Freiraum für linke Politik zu schaffen bzw. zu verteidigen. Dementsprechend stehen wir solidarisch zu linken Akteur:innen, die sich für eine gerechtere Gesellschaft stark machen.
KIM: Unter den beteiligten Städten ist auch Mannheim als Gründungsmitglied aufgeführt. Wie wird sich die Antifaschistische Aktion Süd hier bemerkbar machen?
AAS: Wir würden behaupten, dass die überregionale Zusammenarbeit und organisierte Politik sich schon seit Jahren in Mannheim auswirkt. Seit 2016 waren wir als Antifaschistische Aktion (Aufbau) Mannheim aktiv. Seit der Organisationsgründung sind wir die Antifaschistische Aktion Mannheim – eine Ortsgruppe der Antifaschistischen Aktion Süd. Wir beteiligen uns an lokaler Praxis und dem Offenen Antifaschistischen Treffen in Mannheim. Durch die verbindliche Vernetzung wurde schon in den letzten Jahren eine koordiniertere und dadurch deutlich effektivere Praxis möglich. Durch die Gründung einer Organisation erwarten wir, dass sich dieser Effekt noch deutlich verstärkt.Direkt in Mannheim haben sich die konkreten Vorteile der überregionalen Zusammenarbeit zuletzt in der antifascist action-Kampagne mit der Mannheimer Vorabenddemo zu den Wahlen, sowie natürlich am 07.05. auf der Demo gegen Polizeigewalt in Mannheim bemerkbar gemacht.
Wir als Ortsgruppe Mannheim werden uns weiter auf lokale Praxis in Mannheim fokussieren und uns aber natürlich auch selbst weiterhin tatkräftig am Kampf gegen faschistische und rechte Kräfte in Süddeutschland beteiligen.
KIM: Antifaschistische Gruppen sind in den vergangenen Jahren zusehends von Repressionen bedroht und gerade in Baden- Württemberg gab es in letzter Zeit vermehrt großräumige Durchsuchungsaktionen und die Verurteilung mehrerer Antifaschisten. Der Festnahme von Lina in Leipzig und die fragwürdige Inszenierung ihrer Vorführung beim Bundesgeneralanwalt, sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Macht ihr euch mit der offen kommunizierten Organisierung nicht angreifbar?
AAS: Ihr stellt hier eine ganz richtige Frage. Am aggressiven Vorgehen des Staates gegen uns als Bewegung zeigt sich übrigens auch ganz deutlich, wie weit weg die Repressionsbehörden von einer antifaschistischen Haltung sind. Selbstverständlich machen wir uns durch die öffentliche Gründung angreifbar, das ist uns auch durchaus bewusst. Wir betrachten den Aufbau einer antifaschistischen Organisation aber schlicht und einfach als richtig und notwendig. Von staatlicher Repression dürfen wir uns dabei nicht einschüchtern oder einschränken lassen. Viel mehr müssen wir den Angriffen auf uns als Bewegung solidarisch gegenüber stehen und konsequenten Antifaschismus entschlossen politisch verteidigen. Dafür ist eine wirkmächtige Organisation genau das Richtige.
KIM: In der Pandemie hat sich angedeutet, dass Rechte und Faschist*innen bei den sogenannten Querdenken- Protesten im Südwesten deutlich weniger Fuß fassen konnten, als zum Beispiel in Teilen des Ruhrgebietes oder Sachsens. Wie schätzt ihr die Chancen ein mit der Organisation auch dortige antifaschistische Kräfte zu unterstützen oder gar bundesweit aktiv werden zu können?
AAS: Wie bereits erwähnt liegt eine zentrale Stärke unserer Organisation in starker lokaler Verankerung. Dem zahlenmäßigen Erfolg der Querdenken-Bewegung konnten wir als antifaschistische Bewegung nicht genug entgegensetzen und können uns glücklich schätzen, dass die faschistische Einflussnahme sich im Südwesten mit einigen Ausnahmen in Grenzen gehalten hat. Selbstverständlich werden wir nach Notwendigkeit und Möglichkeit auch außerhalb unserer Regionen mit Mobilisierungen unterstützen. Auf Dauer kann aber nur kontinuierliche Arbeit vor Ort wirklich erfolgreich sein. An vielen Orten in ganz Deutschland leisten antifaschistische Gruppen gute Arbeit und wir beobachten einige positive Entwicklungen. Unser Ziel ist es, natürlich zu wachsen und unser Einzugsgebiet zu vergrößern. Langfristig ist nur eine bundesweit vernetzte und agierende antifaschistische Bewegung in der Lage, angemessen auf die wachsende Bedrohung von Rechts zu reagieren.
KIM: Wo seht ihr die Antifaschistische Aktion Süd in fünf Jahren?
AAS: Wir wollen wachsen und an Wirkmacht gewinnen. Unser Ziel ist es, dort wo wir verankert sind praktische und inhaltliche Orientierung für den antifaschistischen Kampf zu liefern. Wir hoffen dadurch auch andere zu motivieren, sich ebenfalls zusammenzuschließen und sich zu organisieren. So leisten wir unseren Beitrag, damit sich die antifaschistische Bewegung in 5 Jahren sowohl qualitativ weiterentwickelt als auch an gesellschaftlicher Relevanz und Schlagkraft deutlich gewonnen haben wird.