Ludwigshafen: Mahnwache gegen rechte Gewalt und gegen Rechtsextremismus
Rund 250 Teilnehmer versammelten sich in Oggersheim zu einer Mahnwache, um der Opfer zu gedenken, die vor ca. zwei Wochen in einer Messerattacke getötet wurden, ein weiterer wurde schwer verletzt. Der mutmaßliche Tätiger ist ein junger Mann aus Somalia. Die Mahnwache richtete sich auch gegen die Instrumentalisierung der Messerattacke durch Faschisten. Die Kameradschaft Rheinhessen hatte in Oggersheim einen Marsch angekündigt. Sie forderten, Flüchtlinge abzuschieben, der Überfremdung des deutschen Volks zu stoppen, Migration töte und schwadronierten von der Überlegenheit der weißen Rasse; sie trugen auch NPD-Plakate. Sie traten mit 11 Personen auf.
Auf der antifaschistischen Gegenkundgebung sprachen Vertreter des Ludwigshafeners Beirat für Migration, die Oberbürgermeisterin, der DGB, Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche und Marianne Speck von der Bürgerinitiave „Respekt: Menschen“, deren Rede wir hier abdrucken: (frr)
Redebeitrag der Initiative “Respekt: Menschen”
Unser Mitgefühl ist mit denen, die völlig unschuldig Opfer der Bluttat geworden sind. Auch wir sind entsetzt und waren anfangs sprachlos über das grausige Geschehen hier direkt in unserer Stadt.
Wie lassen sich solche grausigen Bluttaten vermeiden?
Ich stelle die Bluttat in Oggersheim am 18.Oktober 2022 in eine Reihe mit z.B. der Tat
des Mannes, der in Trier mit seinem SUV in der Fußgängerzone Menschen getötet hat,
des Mannes, der in Pirmasens den Kassierer in der Tankstelle erschossen hat,
der Männer, die ihre Frauen oder Freundinnen töten oder verletzen, weil sie verlassen wurden (was überhaupt nicht selten ist).
„Ausgerastet“ ist da das umgangssprachliche Wort für diesen Zustand.
Der Mensch hat in dem zustand solche eine Wut auf alle und alles, dass er (oder sie) nicht nur um sich schlägt, sondern mit einer Waffe tötet, wer ihm gerade in den Weg kommt. Oder auch sich selbst tötet (wie der tödliche Fenstersprung eines Somaliers in Worms vor etwa 4 Wochen).
So denke ich, ist auch hier in Oggersheim im ausgerasteten Zustand diese grausige Tat passiert. Der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, war wohl die Zurückweisung, dass der Täter aus Somalia die Kinder nicht sehen durfte.
Was kann man tun, damit solche Bluttaten nicht passieren?
Die einfache Antwort der Rechten ist: Grenzen dicht, Ausländer raus, Abschieben auch wenn die Menschen in ihrem Herkunftsland Schlimmes erfahren, Hauptsache wir Deutschen werden nicht gestört.
Als würde es keine Bluttaten geben, wenn es keine Ausländer gäbe. (Die Bluttaten der NSU wurden von echten Deutschen ausgeführt. Nicht mal als Ausraster sondern sorgfältig geplant. Die Bluttat von Hanau, die Ermordung zweier Polizisten durch Wilderer usw.)
Was kann man tun?
Ich glaube, es ist sehr viel komplizierter: Man könnte sagen:
alle Menschen sollen so viel Wertschätzung, Liebe und Zuneigung erfahren, dass sie keinen Hass entwickeln müssen
Das ist eine sehr schöne Vorstellung, die unbedingt in die Tat umgesetzt werden sollte.
Aber wie?
Dazu hilft sicher nicht die Ablehnung und der Hass auf alles Andersartige, (Hautfarbe, sexuelle Orientierung, Behinderung usw.) wie es die Rechten propagieren.
Dazu helfen nicht die Gesetze, die die Menschen drangsalieren wie Hartz 4, Ausländergesetz, Asylgesetz. (Gerade auch Somalier bekommen viele bürokratische Hürden in den Weg gelegt, die die Integration fast unmöglich manchen).
Dazu hilft sicher nicht das allgemeine bis ins kleinste gehende Konkurrenzsystem, in dem wir leben. Das uns vom Kindergarten über Schule, Beruf bis ins Alter begleitet: „Ich muss schöner sein, tüchtiger, erfolgreicher als die anderen. Ich muss alles haben“.
Trotz allem sollten wir daran arbeiten, dass alle Menschen so viel Wertschätzung, Liebe und Zuneigung erfahren, dass es ihnen gut geht.
Aber auch dann wird es keine Garantie geben! „Ausrasten“ wird sich nicht völlig aus dem Zusammenleben der Menschen ausmerzen lassen.
Diese Bluttat am 18.Oktober ist furchtbar! Furchtbar für die Betroffenen, die Getöteten und Verletzten und ihre Freunde und Familien.
Furchtbar auch für uns alle, für die Bürger dieser Stadt, denn sie zeigt die Abgründe auf, in die Menschen stürzen können und die Untaten, die daraus folgen.
(Initiative “Respekt: Menschen”)