Spontane Erdbebenhilfe
14 Stunden nach dem verheerenden Erdbeben im Süden der Türkei und in Syrien beginnt am Neuen Messplatz in der Maybachstraße eine beeindruckende Hilfsgütersammlung. Ein Sattelzug mit Planen-Auflieger ist vorgefahren und pünktlich ab 18 Uhr kommen aus allen Richtungen Menschen zu dem LKW. Sie tragen große prall gefüllte Reißverschlusstaschen, Tüten und Kartons mit den Dingen, die einem nach einer derartigen Katastrophe als Erstes einfallen: Decken, warme Kleidung etc. Die Kreuzung zur Max-Joseph-Straße ist sofort verstopft, alle Parkplätze, auch vor dem Kaufland, sind belegt und die Menschen räumen ihre mitgebrachten Hilfsgüter aus ihren Wagen, um sie zum LKW zu bringen. Es sind Hunderte – die türkische Community ist mobilisiert. Auffallend: Man sieht kein Zeichen oder Emblem eines Staates, einer Hilfsorganisation, einer Religionsgemeinschaft oder NGO. Dass ab 18 hier gesammelt wird hat sich wie ein Lauffeuer in der Community herumgesprochen, wie ein flashmob. “Wer hat das hier organisiert?” Eine Frau zuckt mit den Achseln. “Vielleicht die türkische Gemeinde?” Ein Benzfahrer, der auf die Rückkehr seiner Familie vom Sattelzug wartet, beantwortet die Frage, ob er Bekannte oder Verwandte im Katastrophengebiet hat: “Nein – aber das ist doch egal, wo auf der Welt das passiert!” Immer weitere Menschen strömen mit ihren Spenden herbei. Zwei weitere Lastzüge stehen in der Maybachstraße bereit. Es herrscht eine stille Atmosphäre. Die betroffenen Menschen im Norden Syriens gehen dem Betrachter durch den Kopf. Hoffentlich finden auch sie eine derartige Unterstützung. Aber wie? Und viele ihrer Angehörigen hier sind als Geflüchtete selbst auf Unterstützung angewiesen.
tht, Bild: KIM