Das Sozialticket – eine linke Erfolgsgeschichte
Der Gemeinderats-Ausschuss „Wirtschaft, Arbeit und Soziales“ (WAS) hat am 13. März einstimmig die Fortsetzung des Sozialtickets auf Basis des Deutschlandtickets für monatlich 30,50 Euro empfohlen. Damit gilt auch die Zustimmung des Gemeinderats als nahezu sicher. Der Etat für das Sozialticket, das auch in Form von Einzelfahrscheinen für die VRN-Großwabe Mannheim verfügbar ist, musste aufgestockt werden, da seine Beliebtheit mit aktuell über 3.500 Nutzer*innen alle Erwartungen deutlich übertroffen hat. In gegenläufiger Entwicklung zum vergünstigten Deutschlandticket ist die Nachfrage nach vergünstigten Einzelfahrscheinen, für die der Eigenanteil von 5 auf 6 Euro je Fünferblock gestiegen ist, gesunken, liegt aber noch bei immerhin 4.500 Tickets pro Monat.
Das ermäßigte Deutschlandticket als Sozialticket für Sozialpass-Inhaber*innen in Mannheim gibt es seit dem 1. Juli 2023. Vorausgegangen ist ein fast zwanzigjähriger Kampf des Mannheimer Kreisverbandes der Linken und ihrer Verbündeten für ein Sozial-Monatsticket. Erstmals stellte Stadträtin Gudrun Kuch für das Wahlbündnis „Linke Liste Mannheim“ (LiLiMa) 2004 einen Antrag im Gemeinderat für ein Monatsticket, das 23 Euro für eine Monatskarte im VRN-Gesamtnetz oder alternativ Einzelfahrscheine für je 1,10 Euro für Sozialpass-Inhaber*innen vorsah.
2008 folgte ein LiLiMa-Antrag über 15 Euro pro Person und Monat innerhalb der Großwabe Mannheim. Ähnliche Anträge wurden danach immer wieder von Stadtrat Thomas Trüper, der bis 2020 für Die Linke im Gemeinderat saß, und seinen Mitstreiterinnen in modifizierter Form vor allem als Haushaltsantrag gestellt.
2013 wagte auch die Fraktion der Grünen einen Vorstoß für ein Monatsticket für die gesamte Metropolregion. Doch es half lange Zeit alles nichts. Ein Jahr zuvor war als Minimallösung die Ausgabe von 10 Einzelfahrscheinen pro Monat für Sozialpass-Inhaber*innen eingeführt worden. Ab 2018 gab es aufgrund einer Bundesförderung als Modellstadt für saubere Mobilität auf Initiative der Linken 20 Tickets, die ab 2019 auf Initiative der frisch gegründeten Fraktion LI.PAR.Tie. trotz Auslaufen der Bundesförderung beibehalten wurden. Trotzdem hielt auch LI.PAR.Tie., in der Die Linke die Mehrheit bildet, die Forderung nach einer Zeitkartenlösung für das Sozialticket aufrecht.
Die kam dann am 1. Juli 2023 auf Grundlage des vom Bund zum Preis von 49 Euro pro Monat eingeführten Deutschlandtickets als Beitrag zur Mobilitätswende für den Klimaschutz. Damit ließ sich nach Angaben der Stadtverwaltung die Umsetzung einer auf 30,50 Euro ermäßigten Variante haushaltstechnisch darstellen. Dieser Lösung stimmte LI.PAR.Tie. trotz ihrer Forderung nach einem deutlich günstigeren Preis zu. Auch wenn über 30 Euro für Menschen in Grundsicherung einen großen Posten im Monatsbudget darstellen, ist das Angebot das bisher beste. Eine Ablehnung wäre schwer vermittelbar gewesen und hätte den Menschen nicht weitergeholfen.
Mobilität ist ein Grundrecht. Strecken über den unmittelbaren Fußweg-Radius hinaus (der bei mobilitätseingeschränkten Menschen sehr begrenzt ausfallen kann) zur Arbeit, Ausbildung, zu Behörden und medizinischen Einrichtungen, aber auch ganz schlicht zur sozialen und kulturellen Teilhabe müssen allen unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Situation ermöglicht werden – und das möglichst klimaschonend. Deshalb hat eine für alle bezahlbare Nutzung „der Öffentlichen“ eine große Bedeutung. Für die linke Stadträtin Hanna Hoffmann-Böhm, die LI.PAR.Tie. im WAS vertritt, ist besonders erfreulich, dass sich diese Erkenntnis endlich auch bei anderen Fraktionen durchgesetzt hat. Doch sie ist sich sicher: „Ohne unser Dicke-Bretter-Bohren hätte es diese Zustimmung nie gegeben. Linke Kommunalpolitik bedeutet offenbar in erster Linie, gute Argumente mit viel Geduld in den Köpfen zu verankern.“
Neben der Sozialquote für preiswertes Wohnen bei der Errichtung von Neubauten und einigen anderen Erfolgen belegt das Sozialticket die Bedeutung einer starken linken Vertretung im Gemeinderat – zumal es ja viel weiterreichende Forderungen gibt, die es noch durchzusetzen gilt, zum Beispiel die nach einem zuverlässigen, gut getakteten umlagefinanzierten Öffentlichen Nahverkehr zum Nulltarif, vollkommen unbürokratisch und einkommensunabhängig.
sb (LI.PAR.Tie)