Endergebnis des Meinungsbildes zur Umbenennung der Kolonialisten-Straßennamen in Rheinau: Denn sie wissen, was sie tun…
Die Auszählung der 3.377 gültigen Stimmen des Meinungsbildes zu den bevorzugten Namen für die Umbenennung der vier Straßen Gustav-Nachtigal-Straße, Leutweinstraße, Lüderitzstraße und Sven-Hedin-Weg hat ein eindeutiges Bild ergeben: In Rheinau Süd wurden vier Namen mit großem Abstand bevorzugt, die keinen Bezug in Form einer „Wiedergutmachung“ zu der Kolonialisten- bzw. Nazi-Ehrung in Form von Straßennamen haben. Im übrigen Mannheim ist das Ergebnis nicht so eindeutig. Hier wäre zumindest mit der Miriam Makeba-Straße wenigstens eine antikoloniale Persönlichkeiten zur Ehrung gelangt, was für die Entscheidung des Gemeinderats durchaus von Relevanz sein müsste.
Zunächst muss man feststellen: Dass die vier üblen Straßennamen überhaupt beseitigt werden, hat der Gemeinderat mehrheitlich beschlossen. Das hat sicherlich viele der betroffenen Straßenbewohner:innen geärgert, denn es bringt – ganz unideell betrachtet – einfach ein bisschen Umstände mit sich. Die können ideell betrachtet nur aufgewogen werden, indem die Betroffenen sich mit der Gesamtbevölkerung Mannheims freuen könnten, dass Mannheim (fast) nicht mehr zu den Städten gehört, die derart belastete Straßennamen wurstig hinnehmen oder heimlich sogar als eine besondere Zierde empfinden.
Wenn nun aber dieser „Ärger“ beschlossen war, hätten ja die neuen Namen beliebig aus der Vorschlagsliste gewählt werden können. Dem war aber eindeutig weder in Rheinau-Süd noch in der restlichen Stadt so. Es wurde polarisiert abgestimmt. In Rheinau Süd hatte man (sprich der Siedlerverein) sich auf vier „unverfängliche“ Namen aus der ganzen Liste geeinigt und zwischen 76% und 90% in großer Geschlossenheit abgestimmt. Zur Ehrung antikolonialer Persönlichkeiten konnten sich in diesem Stadtteil, der ja weit größer als die IG-Farben / BASF-Siedlung ist, nur zwischen 8% und 10% entschließen. Der Rest der Vorschläge blieb bis auf die Gorilla-Forscherin Dian Fossey unter „ferner liefen“. Umgekehrt gab es im Rest Mannheims doch eine breitere Unterstützung für die vier von der AG Kolonialismus Mannheim vorgeschlagenen antikolonialen Persönlichkeiten. Aber eben doch weniger als für die vom Siedlerverein Vorgeschlagenen. Dass in deren Block Marco Polo deutlich an der Spitze steht ist sicherlich seinem Bekanntheitsgrad zuzuschreiben, ebenso wie Miriam Makeba im antikolonialen Block.
Dass die an einer antikolonialen und entnazifierenden Straßenumbenennung Interessierten nicht mehr in ihrem Sinn Abstimmende mobilisieren und stadtweit grob nur die Hälfte der Stimmen der „Anderen“ erzielen konnten, wirft ein Licht auf die politische Stimmung in dieser Stadt und auch auf den Eifer der Parteien, die sich schon im Gemeinderat querstellten, von CDU bis AfD. Für die ist eine solche Abstimmung ein „kleiner Reichsparteitag“.
Das letzte Wort hat nun nach der Empfehlung durch den Bezirksbeirat Rheinau (am 12. Juni, nach der Gemeinderatswahl) der dann noch amtierende bisherige Gemeinderat am 11. Juli.
Politisch bedingte Straßenumbenennungen sind kein einfaches Gelände. Die AG Kolonialismus Mannheim hat sich da gut geschlagen mit viel Informationsarbeit im Vorfeld.
Thomas Trüper