„Friedensfähig statt Kriegstüchtig – Abrüstung statt Aufrüstung! Keine Stationierung von Mittelstreckenraketen in Deutschland“ Ostermarsch 2025 in Mannheim

Bis zu 600 Menschen nahmen am Mannheimer Ostermarsch teil.

20.04.2025   Seit mehr als drei Jahren tobt der russische Angriffskrieg in der Ukraine und seit 19 Monaten die brutale kriegerische Reaktion Israels auf den brutalen Überfall der HAMAS am 7.10.23 mit 1.139 Ermordeten und 250 Entführten. Der israelische Gegenschlag kostete lt. palästinensischen Angaben Stand Dezember 2024 ca. 45.000 Todesopfer und 113.000 Verletzte.

Während dieser und diverser anderer opferreicher Kriege fanden die diesjährigen Ostermärsche statt. Dazu kommt die massive Zunahme der deutschen Rüstungsexporte und das Aufrüstungsprogramm der künftigen Bundesregierung und der EU-Staaten, welches in der Friedensbewegung natürlich auf massive Ablehnung stößt.

Stoff genug für die Ostermarschproteste der Friedensbewegung. Tatsächlich nahm die Zahl der Teilnehmenden an Demonstration und Kundgebung in Mannheim am gestrigen Samstag gegenüber dem Vorjahr zu. Waren es 2024 ca. 400 Teilnehmer:innen, wurden während der Demonstration vom Strohmarkt durch die Planken Richtung Paradeplatz mit Ziel des Kundgebungsortes Alter Messplatz bis zu ca. 600 Leute gezählt, lt. Polizeiangaben waren es 450.

Vor Beginn der Demonstration stimmt die Songgruppe „Trotz Alledem“ „wie vor 40 Jahren – aber nicht aus Rührseligkeit, sondern wegen der Aktualität“ drei Hymnen der Ostermarschbewegung an: „Der Ostermarsch ist eine gute Sache“, „Die Antwort, mein Freund, weiß ganz allein der Wind“ und „Wehrt euch, leistet Widerstand, gegen Krieg und Aufrüstung im Land!“

Mit Spannung durfte man die Kundgebung erwarten. Die Weltlage ändert sich, wie alle wissen, sehr schnell. Trump wollte den Ukrainekrieg binnen 24 Stunden nach Amtsübernahme beenden – die Äußerung eines, man kann es nicht anders sagen, sprunghaften Großmauls. Aber es finden tatsächlich in unterschiedlichen Formaten Gespräche über Beendigungsmöglichkeiten des Krieges statt und es wurde sogar ein Waffenstillstand zwischen Trump und Putin telefonisch vereinbart, für den Putin allerdings unmittelbar danach Bedingungen stellte, die etwa den Umfang seiner ursprünglichen Kriegsziele wiedergaben. Und der Weltpresse teilte er mit, der Krieg könne auch ohne Verhandlungen zu Ende gehen – die Ukraine sei militärisch ohnehin am Ende. Auch im Gazastreifen gab es einen kurzen Waffenstillstand. Neu sind die Meldungen über palästinensische Opposition gegen die HAMAS im Gazastreifen, die sofortigen Frieden und Freilassung der Geiseln fordert. Und neu, wenn auch nicht überraschend sind die Ergebnisse der schwarz-roten Koalitionsverhandlungen zum Thema Aufrüstung und „Kriegstauglichkeit“.

Nalan Erols Eröffnungsrede

Nalan Erol nach ihrer Eröffnungsrede.

Für die Veranstalter eröffnete Nalan Erol (DIDF) die Kundgebung auf dem Alten Messplatz. Als Veranstalter unterzeichneten den Mannheimer Ostermarschaufruf: Friedensbündnis Mannheim, Förderverein für Frieden, Abrüstung und internationale Zusammenarbeit, ISO, DFG-VK, IG BCE Ortsgruppe Weinheim, VVN-BdA, Netzwerk Friedenssteuer, NatWiss – Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit, Naturfreunde Mannheim, DIDF, attac – Regionalgruppen Mannheim und Ludwigshafen, ippnw, Nahost-Gruppe Mannheim und Mannheimer Bündnis für gerechten Welthandel.

Nalan Erol ging auf den Ukrainekrieg ein, sprach sich gegen Waffenlieferungen dorthin aus und kritisierte: „. Es wird keine echte diplomatische Lösung gesucht – wir fordern Waffenstillstand sofort“. An wen sich die Forderung hauptsächlich richtet, blieb offen. Weiterhin kritisierte sie den Rüstungshaushalt von „800 Milliarden Euro für Krieg und Aufrüstung – (…) alles auf Kosten der Allgemeinheit“. Sie streifte die komplizierte Situation in Syrien mit den drei Interventen Iran, Türkei und USA. „Weder humanitäre Hilfe noch eine Lösung für den Konflikt ist in Sicht.“

Die aktuelle Lage Nahostkonflikt fasste sie wie folgt zusammen: „Der brutale völkerrechtswidrige Angriff der Hamas auf Israel fand am 7. Oktober 2023 statt. Die israelische Regierung hat durch Ihre Offensive tausende Palästinenser und Kinder getötet.“  Sie resümierte und forderte: „Der Völkermord in Gaza hält immer noch an, er muss aber ein Ende nehmen. Wir verurteilen die Angriffe Israels auf den Gazastreifen und solidarisieren uns mit den Menschen in Gaza. Deutschland hat eine klare Position und unterstützt das Existenzrecht Israels. Es ist verständlich, dass sich Deutschland in Bezug auf den 2. Weltkrieg und den Holocaust an den Juden verantwortlich fühlt. Es ist aber nicht gerechtfertigt, dass immer mehr finanzielle Unterstützung für Rüstung, Waffenexporte und Kriege geboten wird.“

Abschließend fasste sie zusammen: „Wir stellen uns klar gegen jegliche Kriege auf der ganzen Welt und sagen “NEIN zur Aufstellung neuer US – Mittelstreckenraketen in Deutschland NEIN zu allen Kriegen auf der ganzen Welt”.

Die Ablehnung der Aufstellung von Mittelstreckenraketen in der BRD war auch die zentrale Forderung des diesjährigen Ostermarsches. Die zweite Rednerin der Kundgebung, Regina Hagen vom Darmstädter Friedensforum nahm ausführlich zur bisherigen Entwicklung dieser Diskussion Stellung und stellte abschließen fest:

Regina Hagen zur geplanten Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland

Regina Hagen berichtet über Stationierungspläne für Mittelstreckenraketen in Deutschland (Bild: Norbert Elb)

Regina Hagen stellte nach ihren ausführlichen Erläuterungen nachdrücklich fest: „Die USA, Europa und Russland müssen miteinander reden – die Ausrede, dass eine Seite gar nicht verhandeln wolle, lassen wir nicht gelten, egal, um wen es geht.“

Die Forderungen fasste sie folgendermaßen zusammen:

  • „Keine neuen Mittelstreckenwaffen, nicht in Deutschland, nicht in Russland, nirgendwo in Europa!
  • Abzug der Multi-Domain Task Force und des Artilleriekommandos aus Wiesbaden und auch des Artilleriekommandos aus Grafenwöhr!
  • Dialog statt Aufrüstung! Verhandlungen über einen neuen Mittelstreckenvertrag!
  • Nicht Missachtung und Schwächung, sondern Stärkung des Völkerrechts!
  • Und wir fordern neue Initiativen für gemeinsame Sicherheit und Zusammenarbeit und Europa!

Wir wissen, das ist nicht einfach, und dennoch:

Wir beharren auf der langfristigen Vision einer gemeinsamen Friedensordnung in Europa!“

Um den Leser:innen die Möglichkeit zu geben, die Analysen und Forderungen der Mannheimer Friedensbewegung auch in ihren Nuancierungen zur Kenntnis nehmen zu können sowie die  detaillierten Darlegungen zu den Mittelstrecken-Plänen, dokumentieren wir im Folgenden die Reden von Nalan Erol und Regina Hagen in voller Länge.

Die Kundgebung schloss mit dem Lied: „We shall overcome“.

Abschließend ist noch zu bemerken, dass da und dort geäußerte Befürchtungen, es könnten aufgebrachte palästinensische Gruppierungen den Ostermarsch umfunktionieren, sich als unbegründet erwiesen. Die Maßgabe der Veranstalter:innen wurde respektiert: „Beim Mannheimer Ostermarsch sind Nationalflaggen, Flaggen und Symbole von kriegführenden Organisationen und jegliche Kriegsverherrlichung und Aufrufe sowie Zwischenrufe unerwünscht.“ Der Ostermarsch war eine jederzeit friedliche Veranstaltung.

Der zweite Teil der Ostermarsch-Aktionen findet am Ostermontag statt mit einer Kundgebung um 15 Uhr vor den Coleman-Barracks (neuer Haupteingang). Die zentrale Forderung ist der Abzug der US-Streitkräfte und die Freigabe als Konversionsgelände.

Thomas Trüper