Stellungnahme der Nahost-Gruppe Mannheim zu den Vorwürfen der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Rhein-Neckar
Wir geben hier die Auseinandersetzung der Nahost-Gruppe Mannheim mit Deutsch-Israelischen Gesellschaft Rhein-Neckar wieder. Wir dokumentieren die Stellungnahme und einen Kommentar der Nahost-Gruppe Mannheim ebenso die Stellungnahme der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Rhein-Neckar, die am 14. Juli 2025 auf Facebook veröffentlicht wurde. Auf Grund des Drucks der DIG ist die ursprünglich in den Gemeinderäumen der St.Sebastian Kirche geplante Veranstaltung von der Katholischen Kirche Mannheim abgesagt worden. Sie findet nun in Frankys Farm Mannheim G7, 18 statt. (KIM)
Stellungnahme der Nahostgruppe Mannheim zu den von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Rhein-Neckar aufgestellten Behauptungen über Professor Dr. Abed Schokry und die Nahostgruppe Mannheim
Prof. Schokry hat als Stipendiat der Heinrich-Böll-Stiftung bis 2007 im Hauptstudium Biomedizinische Technik studiert und darin auch promoviert und in diesem Bereich gearbeitet und ist dann mit seiner Familie wieder zurück nach Gaza gegangen, wo seine Großfamilie und die Familie seiner Frau leben.
Dort hat er eine Stelle an der Islamischen Universität Gaza angenommen. Dies ist eine wissenschaftlich renommierte und auch international anerkannte Universität, die zahlreiche akademische Verbindungen zu Hochschulen in vielen westlichen Ländern unterhält. Sie ist in keiner Weise religiös oder gar islamistisch geprägt und entspricht Bildungseinrichtungen der christlichen Kirchen in Deutschland. Während seiner Arbeit an dieser Universität wurde er noch 2023 von Vertretern der deutschen Regierung besucht. Ein Projekt zur Einrichtung eines Programms mit Deutsch als Fremdsprache sollte aufgelegt werden.
Prof. Schokry hat an seine zahlreichen intensiven und auch freundschaftlichen Kontakte in Deutschland seit vielen Jahren regelmäßig Briefe geschrieben, in denen er eindrücklich, sachlich und angesichts der zunehmenden Einschränkungen durch die israelische Blockade des Gazastreifens auch zunehmend verzweifelt die Lebensbedingungen der Menschen in Gaza schilderte. Dabei handelte es sich nie um politische Statements oder gar antiisraelische Äußerungen, sondern ausschließlich um eine immer wieder um Lösungsmöglichkeiten ringende Darstellung der Auswirkungen der israelischen Politik.
Mehrfach hat Prof. Schokry die Mühe auf sich genommen, einen Visumsantrag für Deutschland zu stellen, um seine akademischen und persönlichen Kontakte in Deutschland zu pflegen. Wenn eine solche Besuchsreise zustande kam, hat er sie teilweise auch genutzt, um Vorträge über das Leben der Menschen in Gaza zu halten. Auch diese Vorträge, an denen die Nahostgruppe Mannheim streckenweise teilnehmen konnte, waren immer geprägt von einem ausgesprochen sachlichen, nie hetzerischen oder israel-feindlichen Ton. Einige Mitglieder der Nahostgruppe Mannheim kennen Prof. Schokry seit vielen Jahren, teilweise sogar als persönlichen Kontakt in Gaza selbst. Zuletzt war ihm eine Reise nach Deutschland durch ein Forschungsstipendium der Heinrich-Böll-Stiftung im August 2023 ermöglicht worden.
Nachdem Prof. Schokry und einige enge Familienmitglieder im August 2024 nach seiner Flucht aus Gaza über Ägypten nach Deutschland kam und dort an der TU Berlin lehrt und forscht, ist er seit Anfang 2025 zu zahlreichen Vorträgen eingeladen worden. Zu den Gastgebern zählen Kirchgemeinden, Hochschulgruppen, politische Initiativen und Privatpersonen. Eine Auflistung einiger seiner Vorträge findet sich im Internet, dort ist auch z.B. einer seiner Vorträge online zu hören. In keinem einzigen Fall handelt sich dabei um Propaganda, Hetzreden oder antiisraelische Aussagen. Er schildert nüchtern die Lebenssituation der Menschen unter dem derzeit seit 21 Monaten stattfindenden israelischen Angriff. Dass dies eine katastrophale Lage ist, in der viele zehntausende Todesopfer zu beklagen sind, kann er natürlich nicht ausklammern, zumal er selbst viele Dutzend Angehörige seiner eigenen Familie durch die Bombardierungen verloren hat.
Wir bedauern die Äußerungen und Unterstellungen der Deutsch-Israelischen Gesellschaft zutiefst. Sie fügen sich ein in eine seit 2019, dem Gründungsjahr der Nahostgruppe Mannheim, andauernde und seit Oktober 2023 zunehmende Diffamierungs-Kampagne der DIG und einzelner Vertreter der Jüdischen Gemeinde gegen sämtliche Veranstaltungen und Aktivitäten der Nahostgruppe. Diese Kampagne läuft immer in der gleichen Weise ab, indem Personen oder Organisatoren, die Veranstaltungsräume für die Nahostgruppe zur Verfügung stellen, per E-mail oder telefonisch mit Falschbehauptungen, Drohungen und Erpressungsversuchen überschwemmt werden. Dazu finden sich in der Regel auch Einzelpersonen oder Stadtratsmitglieder, die der DIG nahestehen, die auch in ihrem Namen noch gegen die Veranstaltung protestieren und die Raumvermieter gar der Unterstützung von antisemitischer Propaganda bezichtigen. Die Behauptungen, wie jetzt im Fall von Prof. Schokry, dass er antiisraelisches Narrativ verbreite, werden nicht mit Fakten unterlegt, sondern ohne Nachweis in den Raum gestellt. In anderen Fällen ist es zu bewussten und nachweisbaren Verfälschungen der Aktivitäten der Nahostgruppe gekommen. Solche Schmierenkampagnen schaden sehr unserem Bestreben, der Mannheimer Öffentlichkeit die Gelegenheit zu geben, sich selbst eine freie und objektive Meinung zu bilden.
Ein zunehmender Teil der Stadtgesellschaft versteht, dass der Zweck dieser Kampagne allein darin besteht, den Mannheimer Bürger:innen kritische Informationen zur israelischen Politik vorzuenthalten. Es ist offensichtlich, dass der DIG angesichts der ungeheuerlichen und menschenverachtenden Gewalt der israelischen Armee nur der bedauernswerte und im Grunde hilflose Versuch bleibt, Nebelkerzen zu werfen, um vom eigenen moralischen Bankrott abzulenken.
Wenn die Mannheimer Politik und Stadtverwaltung, zivilgesellschaftliche Organisationen und Medien diese Knebelung der Meinungsfreiheit mittragen, sprechen sie damit ihren wiederholten Bekenntnissen Hohn, für die Erhaltung demokratischer Werte und die Förderung der Vielfalt in Mannheim einzustehen. Wenn sie dazu beigetragen, dass die Empathie gegenüber den Opfern der Gewalt im Nahen Osten und den zahlreichen Trauernden, die es auch in Mannheim gibt, auf sehr einseitige Weise verteilt wird, gefährdet dies das friedliche Zusammenleben in Mannheim.
Die Nahostgruppe Mannheim bedauert, wenn die DIG und jüdische Mitbürger sich in Mannheim nach eigener Aussage nicht mehr sicher fühlen. Die Nahostgruppe distanziert sich dezidiert von Antisemitismus und jeder anderen Form von Rassismus und hat unter ihren Mitgliedern auch Menschen jüdischen Glaubens. Sie hat mehrfach ausdrücklich den Dialog mit der Jüdischen Gemeinde in Mannheim gesucht und diese zu Vortragsveranstaltungen eingeladen. Leider wurden diese Gesprächs- und Austauschangebote sämtlich ausgeschlagen bzw. nicht beantwortet.
Prof. Schokry bietet an sich mit Vertreter:innen der DIG und der Jüdischen Gemeinde zum Dialog zu treffen.
In Deutschland spielen zu Recht die guten und förderlichen Beziehungen zu allen jüdischen Menschen eine ganz besondere, herausragende Rolle. Das bedeutet nicht, dass die Situation in Gaza und die entsetzlichen Lebens- und Sterbensbedingungen der Menschen unter dem israelischen Militärangriff dort nicht dargestellt und geschildert werden dürfen und nach Lösungsmöglichkeiten gesucht wird. Nichts anderes ist das Ziel des Vortrags von Prof. Schokry.
Trotz ausführlicher Gespräche, in denen die Verleumdungen gegen Prof Schokry fundiert zurückgewiesen werden konnten, beugte sich der Dekan der katholischen Kirche dem Druck der Jüdischen Gemeinde Mannheim und untersagte der Gemeinde St. Sebastian ihre Räume für diese Veranstaltung mit Prof. Schokry zur Verfügung zu stellen.
Diese Veranstaltung wird trotzdem stattfinden.
Neuer Veranstaltungsort ist Frankys Farm Mannheim G7, 18.
Nahost-Gruppe Mannheim – Mannheim, 17. Juli 2025
Kommentar der Nahost-Gruppe Mannheim
Deutsch-Israelische Gesellschaft: Propaganda und Diffamierung
Die israelische Regierung und mit ihr die vom Auswärtigen Amt der Bundesregierung finanzierte Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) betreiben eine massive Propaganda des Verschweigens, Schönfärbens und der Diffamierung. Diese Propaganda behauptet das Gegenteil von dem, was wir aus anderen Quellen erfahren. Es gibt direkte Augenzeugenberichte aus Gaza und dem Westjordanland, Berichte der UN-Institutionen, Analysen und Berichte internationaler Hilfsorganisationen und großer Zeitungen (incl. der israelischen Haaretz). Wir wissen, dass
- Netanjahu und Minister seiner Regierung sich öffentlich für die Vertreibung und Tötung palästinensischer Zivilisten ausgesprochen haben.
- die israelische Armee in Gaza alle Schulen, Universitäten, Krankenhäuser und fast sämtliche Gebäude in Schutt und Asche gelegt hat.
- die israelische Armee sämtliche landwirtschaftlichen Flächen und Gärtnereien in Gaza zerstört hat.
- bisher etwa 60.000 Tote gezählt wurden, die den Bombardierungen und Beschießungen in Gaza zum Opfer fielen. Ungezählte liegen noch unter Trümmern. Jeden Tag werden durchschnittlich 100 weitere Getötete gemeldet.
- Israel die Einfuhr lebensnotwendiger Güter in den Gazastreifen bis auf ein winziges Minimum blockiert und damit Hunger, Mangel an sauberem Wasser und an medizinischer Versorgung erzeugt.
- direkt bei den vier Ausgabestellen für Lebensmittel der privatwirtschaftlichen israelisch-US-evangelikalen GHF (Gaza Humanitarian Foundation) über 600 Menschen erschossen oder durch Bomben getötet wurden.
- die israelische Regierung aktuell plant, die zwei Millionen Menschen im Gazastreifen in einem geschlossenen Lager im Süden zu internieren.
Die DIG Rhein-Neckar setzt Alles daran, dass solche Informationen möglichst wenig Menschen erreichen, bzw. als antisemitische Hetze gedeutet werden. Deshalb versucht sie, Auftritte renommierter Referent:innen oder von Augenzeugen wie Abed Schokry zu verhindern.
Ihre Mittel sind Verleumdungen, Diffamierungen und Fake News, sowie Drohungen und Erpressungen gegenüber Organisationen, die Räume zur Verfügung stellen.
Sie unterstellt Dr. Abed Schokry, Professor für Medizintechnik und Vater von fünf Kindern, zu Unrecht, dass er die Hamas aktiv unterstütze und das jüdische Volk vernichten wolle. Damit macht sie ein Opfer des israelischen Gazakrieges zum kriminellen Täter, dem kein Recht auf die öffentliche Mitteilung seiner Erfahrungen zugestanden wird.