Protest gegen die „Bezahlkarte“ – Tauschbörsen für Geflüchtete

Bei Tauschbörsen an verschiedenen Orten – wie hier beim Stadtteilfest Nachtwandel – können Geflüchtete und solidarische Menschen Einkaufsgutscheine gegen Bargeld tauschen | Bild: Initiative Bezahlkarte Stoppen

Seit Ende 2024 wird deutschlandweit die Bezahlkarte für geflüchtete Menschen, die unter das ‚Asylbewerberleistungsgesetz‘ fallen, eingeführt. Die Einführung der Bezahlkarte führt sowohl auf Seiten der Geflüchteten, als auch auf der der Verwaltung zu enormen Problemen und wird von Flüchtlingsorganisationen insgesamt als rassistisches Instrument beschrieben. In Mannheim hat sich deswegen die Initiative ‚Bezahlkarte Stoppen Mannheim‘ gegründet, die Tauschbörsen organisiert, um den Geflüchteten zu helfen.

Was ist die Bezahlkarte? 

Geflüchtete, die unter das ‚Asylbewerberleistungsgesetz‘ fallen, bekommen das Geld, das ihnen zusteht über die Bezahlkarte, statt Bar oder auf ein Konto. Die Bezahlkarte sieht aus wie eine normale EC-Karte, funktioniert aber ganz anders. Es können monatlich nur 50€ Bargeld abgehoben werden und Überweisungen sind nur sehr eingeschränkt möglich. Diese Einschränkungen sind massiv hinderlich für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und gelungene Integration.

Warum ist die Bezahlkarte problematisch? 

Egal ob auf dem Flohmarkt, auf dem Wochenmarkt oder für das Pausenbrot der Kinder in der Schule – Bargeld ist in Deutschland enorm wichtig und die Einschränkung von 50€ pro Person eine unnötige Erschwerung des Lebens und pure Diskriminierung. Zudem akzeptieren nicht alle Läden die Bezahlkarte als Zahlungsmittel. Auch Überweisungen sind in allen Lebensbereichen unumgänglich. Der Mitgliedsbeitrag in einem Verein, das Deutschlandticket, der Stromanbieter – um am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können, brauchen wir die Möglichkeit Überweisungen tätigen zu können, doch mit der Bezahlkarte ist dies – wenn überhaupt – nur nach expliziter Freigabe möglich und baut damit enorme Integrationshürden auf, statt ab. Ständige technische Fehler, datenschutzrechtliche Probleme oder rechtswidrige Gebühren sind nur ein paar von vielen Problemen, die es mit der Bezahlkarte gibt, ganz zu schweigen von einem enormen Mehraufwand der Verwaltungen.

Warum wurde die Bezahlkarte eingeführt?

Beschlossen wurde die Einführung der Bezahlkarte vom Bund und von den Ministerpräsidenten der Länder im November 2023. Für die Einführung gab es hauptsächlich zwei Begründungen, die beide nicht haltbar sind.

  1. „Durch die reduzierte Bargeldverfügbarkeit von Asylbewerber*innen, soll verhindert werden, dass sie Geld in ihre Heimatländer schicken.“         
    → Diese Annahme ist aber falsch, wie eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, basierend auf repräsentativen Haushaltsbefragungen des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), zeigt. Nur sieben Prozent der Geflüchteten senden Geld ins Ausland – Tendenz sinkend.
  2. „Es soll weniger Verwaltungsaufwand für die Kommunen sein, weil die bisherigen Bargeld-Auszahlungen wegfallen und das Geld stattdessen überwiesen wird.“     
    ­→ Sehr viele Kommunen lehnen die Einführung der Bezahlkarte ab, weil sie ein Mehraufwand für die Kommunen darstellt.
    → Manuela Skotnik aus dem Fachbereich Arbeit und Soziales in Mannheim sagt dazu im Interview mit dem Mannheimer Morgen: „Der Aufwand ist enorm. Unserer Einschätzung nach wird er auch auf Strecke höher bleiben als zuvor.“
    → Schätzungsweise wird die Bezahlkarte jährlich 68 Mio € an zusätzlichem Verwaltungsaufwand kosten.

Mit der Bezahlkarte werden Einkäufe kontrolliert, reglementiert und eingeschränkt | Symbolbild: Unsplash, Andrej Lisakov

Wie wird sich die Bezahlkarte perspektivisch entwickeln?

Die Einführung der Bezahlkarte ist nicht nur ein rassistisches Instrument, das Menschen, die vor Armut und Krieg geflohen sind, in ihrer Integration in Deutschland hindern soll, sondern sie muss auch generell im Kontext der immer weiter ansteigenden rechts-konservativen politischen Stimmung gesehen werden. In Hamburg soll die Bezahlkarte nun auch für andere Sozialleistungsempfangende ausgeweitet werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich dieses System immer weiter durchziehen wird. Wir sehen hier eine immer weitere Stigmatisierung von Menschen, die hilfsbedürftig sind. Statt Hilfe und Unterstützung anzubieten, wird immer weitere Ausgrenzung betrieben.

Was können wir gegen die Bezahlkarte machen? 

Die Initiative ‚Bezahlkarte Stoppen Mannheim‘ macht einmal im Monat eine Tauschbörse für Geflüchtete. Das Prinzip funktioniert folgendermaßen:

1. Geflüchtete kaufen mit der Bezahlkarte einen Wertgutschein eines Supermarktes (Aldi, Lidl, DM, Kaufland, Edeka, Marktkauf, REWE oder Tegut, meist für 50€)

2. Diesen Gutschein tauschen sie auf der Tauschbörse 1:1 gegen Bargeld ein. Somit haben sie mehr Bargeld zur Verfügung.

3. Unsere Aufgabe als Initiative ist es dann, solidarische Menschen zu finden, die diesen Supermarktgutschein wieder gegen Bargeld tauschen, damit wir für die nächste Tauschbörse wieder genug Bargeld zur Verfügung haben.

Wie kannst Du konkret helfen? 

1. Tausche an einem unserer Tauschorte Bargeld gegen einen Supermarktgutschein, damit der Kreislauf funktioniert.
Momentane Tauschorte sind:

ewwe longt’s!
Kobellstraße 20
Fr 19-22Uhr

Basement Bikes
Werftstraße 29
Di 10-13Uhr + 14-18Uhr & Do 10-13Uhr + 16-20Uhr

Wir sind noch im Aufbau! Sobald es weitere Tauschorte gibt, werden wir diese auf unserer (sich im Aufbau befindenden) Webseite veröffentlichen.

2. Um unsere Strukturen weiter Auf-/Auszubauen, sind wir auch auf Spenden angewiesen.

Spenden gerne an:
Röm. – Kath. Kirchengemeinde
IBAN DE77 6725 0020 0001 2061 76
Verwendungszweck: 2813-GU-MA

3. Wir können immer motivierte Mitstreitende brauchen, egal ob für die Planung, für den Aufbau unseres Onlineauftritts oder auf der Tauschbörse selbst. Meldet euch gerne.

Email: mannheim@bezahlkarte-stoppen.de
Instagram: bezahlkartestoppen_ma
Webseite: bezahlkarte-stoppen.de

Initiative Bezahlkarte Stoppen Mannheim