Tief gespalten: Die Mannheimer AfD in der Schlammschlacht
Gute Freunde scheinen die beiden nie gewesen zu sein. Doch seit Mitte November eskaliert der Streit zwischen dem Mannheimer AfD Landtagsabgeordneten Rüdiger Klos und seinem Kontrahenten Robert Schmidt, Sprecher des Kreisvorstandes, erneut. Dabei ist der Konflikt viel mehr als eine persönliche Angelegenheit. Es geht wie vielerorts um die Frage, ob sich die letzten Fähnchen der bürgerlich-liberalen in der Partei halten können oder ob sie von der rechtsnationalen, rassistischen Basis rausgemobbt werden. Für Robert Schmidt scheint das Eis dünn zu werden.
Seinen Anfang nahm der seit Monaten immer wieder hoch kochende Streit zwischen Klos und Schmidt in Folge der Landtagswahl 2016. Klos, selbst gar nicht wohnhaft in Mannheim und kein Mitglied des hiesigen Kreisverbands, wurde eher als unbekannter Verlegenheitskandidat für den Wahlkreis Nord aufgestellt. Völlig unerwartet holte er das Direktmandat und gelangte dadurch in das einflussreiche Amt – das nebenbei einen gut bezahlten Job mit sich bringt. Konkurrent Schmidt kandidierte im Süden und verlor – eine bittere Enttäuschung für den profilsüchtigen Mann von der Rheinau, der sich als selbstverständliche Spitze des Kreisvorstands präsentiert.
Auch die Bundestagswahl brachte dem erneut kandidierenden Schmidt keinen Erfolg. Im Gegenteil wurden parteiintern Stimmen laut, die Schmidt als schlechte Führungsperson darstellten und seinen bürgerlichen Stil kritisierten. Dagegen poltert Klos in provokanter, populistischer Weise, so wie es die Parteibasis verlangt.
Datenpanne als Vorwand zur erneuten Eskalation
Aktueller Anlass für eine erneute öffentliche Austragung ihres Streits bot eine “Datenpanne”. Ein E-Mail-Verteiler, der versehentlich offen versandt worden sein soll, sei nach Aussage von Schmidt in nicht erlaubter Weise von Klos für eigene Kommunikation genutzt worden sein. Dies wurde zum Anlass genommen, bei einer Kreismitgliederversammlung den Vorstand zu ermächtigen, gegen ihren eigenen Landtagsabgeordneten vorzugehen. Dafür fand Schmidt zwar eine Mehrheit, nicht jedoch für seinen Wunsch, juristisch gegen ihn vorgehen zu können.
Klos bezog später über den “Mannheimer Morgen” Stellung und kündigte juristische Schritte an. Die Schuld für die Datenpanne verwies er zurück an den Kreisvorstand, der “wohl Hunderte Adressen im Internet gestreut” habe.
Von Konversationsflächen und anderen Demonstrationen
Eine Veranstaltung mit André Poggenburg und Robert Schmidt im Feudenheimer Schützenhaus, dem Stammlokal der AfD, wurde mit Spannung erwartet, da hier die beiden Lager aufeinander trafen: der erfolgreiche Rechtsnationale aus dem Osten und der erfolglose Bürgerliche aus dem Westen.
Bei der Frage von Demonstrationen gingen die Meinungen schnell auseinander. Schmidt sagte, er sehe den Platz der AfD nicht auf der Straße und erntete dafür “Buh”-Rufe. Poggenburg dagegen sah den “Druck von der Straße” als nötig an, um politische Forderungen durchzusetzen. Dafür gab es nicht nur Applaus vom Mannheimer Publikum. Viele standen demonstrativ auf und riefen “Wir sind das Volk”.
Peinlich wurde es, als bei einem Publikumsbeitrag ein Interview genannt wurde, in dem Schmidt sinngemäß gesagt haben soll, dass Leute wie Poggenburg für das schlechte Abschneiden bei der Bundestagswahl verantwortlich gewesen sein sollen. Schmidt wiedersprach pauschal, bügelte die Frage aber ab, ohne weiter darauf einzugehen. “Mut zur Wahrheit”-Rufe kamen aus dem Publikum.
In der Frage zur Einwanderungspolitik bekam Schmidt heftigen Widerspruch. Für seine Aussage „Jeder der sich nach unseren Regeln richtet, jeder der unsere Art zu leben akzeptiert und jeder der sich für dieses Land einbringt (…) ist willkommen“ erntete er erboste Zwischenrufe, wie “Nein!” und “Falsch!”
Nicht Schmidt war der Star des Abends. Publikumsliebling des aufgeheizten Mobs war der Gast aus dem Osten. Peinliche Versprecher wie “Konversationsflächen”, mit denen Schmidt die ehemaligen US-Kasernengelände meinte, vielen da gar nicht mehr ins Gewicht. Ein Heimspiel war das jedenfalls nicht.
Ähnlich sah es auch AfD-Watch Heidelberg. Zur Frage, was das Experiment Poggenburg-Schmidt brachte: “Einigkeit. Hat’s funktioniert? Nein. Es war offensichtlich, dass auf den “moderaten” Schmidt im Publikum niemand Lust hatte und in ihren Ausführungen widersprachen sich die beiden Redner ständig.” Rüdiger Klos wohnte übrigens als Gast der Veranstaltung bei.
Folgt der Mannheimer Kreisvorstand dem Erbe Frauke Petrys?
Wer die parteiinternen Konflikte beobachtet, sieht einen unaufhaltsamen Kurs der AfD nach rechtsaußen. Nach und nach werden die Bürgerlichen aus der Partei geekelt. Nach Parteigründer Bernd Lucke folgte die ehemalige Chefin Frauke Petry. Die Rechtsaußen werden von der Basis angetrieben und befeuert. Die Pegida-Anhänger, Flüchtlingsfeinde und “Wir sind das Volk”-Krakeler betimmen, wo die Reise hin geht. Die Abgrenzung zur NPD wird weiter aufgeweicht. Poggenburg verteidigte seine positive Verwendung des Begriffs “Volksgemeinschaft”. Nach einer Rede von Kilian Steinmann vom AfD-Nachwuchs “Junge Alternative” bei der Kreismitgliederversammlung soll der dem bürgerlichen Flügel angehörende Claus Nielsen gegenüber dem “Mannheimer Morgen” gesagt haben, das klänge mehr nach einer “Partei, die mit N anfängt”. Dass er damit die NPD gemeint haben soll, ließ er sich später von der Zeitung revidieren lassen. Dass solche Reden allerdings die Zukunft der Partei beschreiben, wird er schwer leugnen können.
Mit Frauke Petry verabschiedete sich eine Frau von der Bühne, die für die Mannheimer AfD sicherlich prägend war. Eine mögliche Parteineugründung scheint von vornherein zum Scheitern verurteilt – Lucke machte es mit seiner “ALFA” vor. Der lokale Ableger im Mannheimer Gemeinderat wird nach seiner Amtsperiode ebenfalls in Pension gehen. Angesichts dieser Entwicklung scheinen die Tage des Mannheimer Kreisvorstands um Robert Schmidt gezählt zu sein.
(red)