Kandel kommt nicht zur Ruhe – Neue Kundgebungen sind für den 03.03.18 angekündigt
Die südpfälzische Kleinstadt könnte ungewollt Schauplatz einer PEGIDA 2.0-Bewegung werden.
PEGIDA, AfD, Identitäre Bewegung, „Der Marsch 2017“, „Kandel ist überall“ und ein „Frauenbündnis Kandel“ mobilisieren
Jüngsten Informationen zufolge könnte, insofern die zuständigen Behörden keine schlüssige Begründung für ein Verbot finden sollten, Kandel erneut Schauplatz für rechtsextreme Hetze und ausländerfeindliche Bekundungen werden. Dabei geht es den bislang bekannten Agitatoren weder um den Schutz von Frauen, Müttern und Kindern, sondern alleinig darum einen Mix an Wutbürger-Widerstand, gewürzt mit Reichsbürger-Ideologie, auf die Straßen im Südwesten der Republik zu bekommen. 2014/2015 war PEGIDA in Mannheim und im Rhein-Neckar-Raum gescheitert. Im Januar 2015 gingen rund 12.000 Menschen in Mannheim auf die Straße, um einen PEGIDA-Ableger in der Region erfolgreich zu verhindern. Nach dem damaligen Protest gründete sich der gemeinnützige Verein “Mannheim sagt Ja! e.V.”. Droht nun ein Revival in der Region oder stehen die Bürger*Innen nachhaltig ein für die verfassungsverbriefte demokratische Grundordnung und gegen rechtsmotivierten Rassismus?
Die Macht des Internets – kann auch entlarvend sein
Bei Denic hat Marco Kurz („Der Marsch 2017“) und bisheriger Macher der Proteste in Kandel seine Internetseite mit einer Anschrift in Philippsburg registriert. Nach seinem fragwürdigen Auftritt beim Neujahrsempfang bei der vom Verfassungsschutz beobachteten Partei Pro NRW und seinen lobenden Worten für den Neo-Nazi Sven Liebich (bekannt u.a. durch Halle-Leaks, einer Verschwörungsseite, und als ehemaliges Mitglied der inzwischen in Deutschland verbotenen „Blood and Honour“-Gruppierung) scheint seine Positionierung klar und eindeutig, rechts, zu sein.
Auch durch eine Abfrage bei Denic belegt ist die Registrierung der Domain „Kandel ist überall“ durch die Vitamin C GmbH, deren Inhaberin eine AfD-Politikerin aus Speyer ist. Wir berichteten.
Marco Kurz versucht seine Agitation durch Gründung zumindest einer neuen Gruppe auf Facebook auszudehnen und damit seine Verbindungen zu anderen Gruppierungen und Organisationen verschleiern zu wollen. Um ihn ist es auf vk.com, dem russischen Pendant zu FB, seit dem 28.1. ruhig geworden. Unter anderem ein gewisser Michael Stecher (ehemals “Fellbach wehrt sich”, “Widerstand Karlsruhe” und vermutlich aktuell aktiv bei “Rems-Murr wehrt sich”), der Kurz am 28.1. als Assistent diente, bedient auf vk.com eine entsprechende Klientel mit Beiträgen.
Martin Sellner, Chef der Identitären Bewegung (IB) in Österreich, versucht mit seinem Projekt „120 Dezibel“, auch Stimmung gegen Migranten muslimischen Glaubens in unserem Land machen zu wollen. Auch der Tod der Mia V. aus Kandel war ihm nicht zu schade, um ihn nicht videotechnisch auszuschlachten. Sellner war im vergangenen Jahr mit seiner Aktion im Mittelmeer gescheitert, NGO’s bei der Bergung von Geflüchteten zu behindern. Das Bündnis „Kandel ist überall“ unterstützt die Aktion “120 Dezibel” der Identitären Bewegung.
PEGIDA, Hand in Hand mit der AfD, mobilisiert unseren Erkenntnissen zufolge ebenfalls für den 3.3. nach Kandel.
Eine „Simone“, die am 28.1. in Kandel bei der rechtslastigen Demo ans Mikrophon trat, war auch in Cottbus als Rednerin beteiligt. PEGIDA-Vize Däbritz empfahl daraufhin die nächste Kundgebung in Kandel. Lutz Bachmann, PEGIDA-Frontmann, propagierte am 05.02. in Dresden ebenfalls an Protesten in Kandel teilzunehmen.
Stadtbürgermeister Günther Tielebörger (SPD) nimmt Stellung
Im Telefonat mit dieser Redaktion am 08.02. bestätigt der Bürgermeister, dass ein Antwortschreiben, welches seit dem 02.02.18 im Internet zirkuliert von ihm stammt.
Er steht zu seinem Schreiben, welches nicht als Absage irgendwelcher Demos oder Kundgebungen am 3.3.18 gewertet sein sollte, sondern lediglich als Bitte an die Anschrift der Anmelder, davon abzusehen.
Bürgermeister Tielebörger kritisiert im Telefonat mit dieser Redaktion, dass Frau Dr. Baum (AfD MdL in Stuttgart) ihre Anschrift unkenntlich gemacht hat und mit dem „Kandel ist überall“- Logo überdeckt hat, als sie sich motiviert sah eine persönliche Antwort in sozialen Netzwerken publik zu machen.
„Ordnungsamt und Polizeibehörden“, so Tielebörger, würden die Anmelder von Kundgebungen, die für den 3.3. angemeldet wurden, zu Gesprächen einladen. Eine Entscheidung könnte am 15.02. fallen. Weitere Fragen dieser Redaktion sagte Herr Tielebörger zu, zeitnah beantworten zu wollen.
Wie der Pfalz-Express berichtete und was auch unseren Recherchen entspricht, beabsichtigt eine nicht näher bekannte Gruppe am 13.2. eine Aktion in Kandel durchzuführen.
Antifaschisten*Innen und „Aufstehen gegen Rassismus“ wollen Kandel den Rücken stärken
Nach unseren Informationen werden am 03.03. erneut Bürger*Innen gegen den Missbrauch der verstorbenen Mia V. durch ortsfremde Vertreter diverser rechter- und ultrakonservativer Lager versuchen sich denen in den Weg zu stellen. Dies mittels getrennter Kundgebung und Demozug. Derzeit scheint bereits vor Ort in Kandel und bundesweit für den Gegenprotest mobilisiert zu werden.
Strafbewährte Unterlassungserklärungen
werden gerne verwendet um u.a. Medien einschüchtern zu wollen und diese daran zu hindern wahrheitsgemäß, dem Pressekodex entsprechend, kritisch ihre Berichterstattung machen zu lassen. Marco Kurz hat eine Anwaltskanzlei in Landau beauftragt auch gegen diese Redaktion wegen der bislang erfolgten Berichterstattung aus Kandel eine solche Unterlassungserklärung zu erwirken.
(Bericht und Bilder Rick de la Fuerte)