NSU-Prozess: Straßenumbenennung in der Neckarstadt-Ost als Aktion zur Erinnerung an die Opfer
Mannheim. Am Sonntagabend hat eine Gruppe von Aktivist*innen zehn Straßen in der Neckarstadt-Ost symbolisch umbenannt – eine für jede Person, die bei der rassistischen Mordserie des “Nationalsozialistischen Untergrundes” (NSU) zu Beginn des Jahrtausends ermordet wurde. “Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat, Michèle Kiesewetter. Zehn Namen. Zehn Tote. Sie sind die zehn Menschen, die der NSU ermordete. Sie und ihre Angehörigen sind diejenigen, die in diesen Tagen im Mittelpunkt stehen müssen. Ihrer wollen wir mit dieser Aktion gedenken”, erklärt eine Sprecherin der Aktivist*innen aus dem Umfeld der Interventionistischen Linken Rhein-Neckar.
“Diesen Mittwoch, dem 11. Juli, soll nach fünfjährigem Prozess das Urteil gegen Beate Zschäpe und vier weitere Angeklagte in München verkündet werden. Obwohl es um die Angeklagten ein ganzes Netzwerk von Unterstützer*innen gab, das durchsetzt war von V-Leuten aus Polizei und Verfassungsschutz, zeigte das Gericht wenig Interesse daran, dieses Netzwerk zu ermitteln”, so die Sprecherin weiter. “Selbst die Anwesenheit des Verfassungsschützers Andreas Temme bei der Ermordung von Halit Yozgat bleibt unaufgeklärt. Das Gericht wird am Mittwoch ein Urteil über die fünf Angeklagten sprechen, den NSU-Komplex aufgeklärt haben wird es nicht. Das Urteil kann daher keinen Schlussstrich bedeuten, sondern nur der Anfang einer Aufarbeitung sein, bei der auch die gesellschaftliche Stimmung sowie die behördlichen Strukturen beleuchtet werden, welche die Taten des NSU ermöglichten.”
Die Umbenennung der Straßen soll zu einer Auseinandersetzung mit der rassistischen Mordserie anregen: Die Lange Rötterstraße wurde zur Enver-Şimşek-Straße umbenannt, dem ersten Ermordeten des NSU im Jahr 2000. Aus Richtung der Alten Feuerwache kommend bis zur Friedrich-Ebert-Straße sind die auf der rechten Straßenseite kreuzenden Straßen in der zeitlichen Abfolge der Morde bis zum Jahr 2007 umbenannt. Der Clignetplatz wurde zum Habil-Kılıç-Platz. Eine Ausnahme bildet die Max-Joseph-Straße: “Wir haben diese nach Halit Yozgat in Halit-Allee umbenannt, da dessen Ermordung im Jahr 2006 in Anwesenheit eines deutschen Verfassungsschutzbeamten die Verstrickungen von Behörden und NSU sowie den weiteren Aufklärungsbedarf in besonderer Weise aufzeigt.” Unter jedem Schild ist eine Gedenktafel mit Informationen zu den Ermordeten zu finden. Die Gruppe, die auch einen Sonderbus am 11. Juli nach München organisiert, lädt alle Mannheimer*innen ein, auf einem Spaziergang durch die Neckarstadt-Ost der Opfer des NSU zu gedenken.
(Interventionistische Linke Rhein-Neckar)