Identitäre Bewegung, AfD-Nachwuchs oder rechte Störer*innen? Redaktionelle Anmerkungen zum Vorfall am Samstag

Nach dem Vorfall sicherte die Polizei Beweismittel, hier von den rechten Störer*innen eingesetzte Pyrotechnik. Im Hintergrund finden Personenkontrollen statt.
In einer ersten Version des Artikels zum Vorfall am Samstag lautete die Überschrift „Angriff der Identitären Bewegung auf Eröffnungsfeier des „Ewwe longt’s“ – Funktionär der AfD-Jugend mit dabei“. Sie wurde korrigiert zu „Angriff rechter Störer*innen auf Eröffnungsfeier des „Ewwe longt’s“ – Funktionär der AfD-Jugend mit dabei“. Am Samstag deuteten viele Hinweise darauf, dass die Störaktion der Identitären Bewegung (IB) zuzurechnen sei: Auftreten, Kleidung, Verhalten, Gewaltaffinität und Einsatz von Pyrotechnik sind typische Merkmale. Zudem wurden zwei Personen wieder erkannt, die bereits bei Aktionen der Identitären Bewegung in Erscheinung traten.
Doch es gab kein eindeutiges Erkennungszeichen und keine Erklärung einer verantwortlichen Gruppe zur Aktion. Auf der Internetseite identitaere-bewegung.de gab es eine Stellungnahme, dass „Identitäre Aktivisten“ nicht in Mannheim beteiligt gewesen sein. Überprüfbar ist das aufgrund des konspirativen Auftretens der IB im Rhein-Neckar-Raum kaum.
Dass sich niemand zu der Aktion bekennen will, ist nicht verwunderlich. Die Sache ging gehörig daneben. Vor dem Laden machte die Gruppe keine gute Figur. Später kam es zur Verfolgung durch die Polizei und Strafanzeigen. Vieles davon wurde durch den politischen Gegner dokumentiert. Für eine solche Blamage will sicher niemand die Verantwortung übernehmen.
Dazu kommt die Situation, dass aufgrund der aktuellen Diskussion um eine Überwachung der AfD durch den Verfassungsschutz jegliche Verbindung mit der bereits als „rechtsextremistisch“ definierten Identitären Bewegung für die AfD höchst problematisch ist – vor allem dann, wenn Gewalt und Straftaten dazu kommen, so wie am Samstag. Daher verwundert es nicht, dass Leon Stockmann vom Landesvorstand der Jungen Alternative gleich am Samstagabend eine Stellungnahme veröffentlichte und schrieb „Überdies sind entgegen anderslautender Vorwürfe keine Aktivisten der Identitären Bewegung beteiligt gewesen.“ Außerdem versuchte Stockmann die Situation so darzustellen, dass sie sich gegen einen „hinterhältigen Angriff“ und „rohe Gewalt“ hätten verteidigen müssen. Dass dies eine Schutzbehauptung ist, wird auch deshalb offensichtlich, da es lediglich auf Seiten der Gäste zu Verletzungen kam. Auch eine angebliche Selbstverteidigung durch Zünden verbotener Pyrotechnik dürfte schwer zu vermitteln sein. Offensichtlich wird hier, dass schon der jüngste AfD-Nachwuchs auf die Strategie der Opferrolle getrimmt ist. Nur an der Umsetzung hapert es noch. Die Version von Stockmann dürfte selbst für die eigenen Anhänger*innen wenig glaubwürdig klingen. Seit Montag ist die Stellungnahme nicht mehr auf der öffentlichen Facebook-Seite von Stockmann zu finden. Verschwunden ist außerdem sein öffentliches Instagram-Profil, das in einem älteren Artikel des KIM thematisiert wurde.
Im Nachgang kann folgende Bezeichnung der Störer*innen als korrekt betrachtet werden: „Rechte Störergruppe unter Beteiligung von Mitgliedern der Jungen Alternative und mit Hinweisen auf eine mögliche Verbindung zur Identitären Bewegung“. Kritisch sei hier angemerkt, dass die Polizei in ihrer Pressemeldung vom Sonntagmorgen die politische Dimension der Störung völlig verschwiegen hat. Die Rechten wurden als „Gruppe von Andersdenkenden“ [sic] bezeichnet. Erst auf Nachfrage räumte die Polizei Hinweise auf die rechte Gesinnung ein.
Ferner wurde nach gründlicher Auswertung des Videos die Zahl der Störer*innen im Artikel auf 13 Personen geändert. Damit konnten sich vier Störer*innen der polizeilichen Fahndung entziehen. Es gab nach Auskunft der Polizei neun Personalienfeststellungen.
Es kam die Frage auf, warum das Video, das vom Vorfall veröffentlicht wurde, geschnitten sei. Dies hat zwei Gründe. Erstens haben einige Gäste der Eröffnungsfeier darum gebeten, dass sie nicht erkannt werden möchten. Zweitens wurde während dem Vorfall die Videoaufzeichnung gestoppt, um Fotos zu machen. Genau in diesem Zeitraum begann der Angriff mit Pfefferspray. Zwar wurde die Videoaufzeichnung dann wieder gestartet, aber der Vorfall ist nur zum Teil dokumentiert. Immerhin ist zu erkennen, wer das Pfefferspray sprüht und wer die Pyrotechik zündet, so dass die Polizei diese Personen leicht identifizieren kann – sofern sie im Rahmen der Fahndung erwischt wurden oder bereits polizeilich bekannt sind.
Zuletzt sei angemerkt, dass das Kommunalinfo bekanntermaßen ein linkes Medium ist. Wir stehen nicht über den Dingen. Wir sind solidarisch mit den Gästen und Veranstalter*innen der Eröffnungsfeier, insbesondere mit den Verletzten, und natürlich sind wir nicht auf der Seite der rechten Störer*innen und Gewalttäter. Wir wollen mit unserem redaktionellen Beitrag über rechte Gewalt aufklären und das betroffene Linke Zentrum „Ewwe longt’s“ unterstützen.
Die redaktionelle Anmerkung bezieht sich auf diesen Artikel: Angriff rechter Störer*innen auf Eröffnungsfeier des „Ewwe longt’s“ – Funktionär der AfD-Jugend mit dabei
(red)