Staatsanwalt ermittelt wegen E-Mail an die Beobachter-Redaktion – Rechte Morddrohung gegen Chefredakteur
Nach vier Farbanschlägen auf das Wohnhaus und den Wagen von Alfred Denzinger, des Chefredakteurs der Beobachter News, wurde nun am 3. Mai unter dem Betreff „die Denzinger-Mischpoke töten“ an den Herausgeber des Online-Magazins, mit Datum vom 27. April eine E-Mail mit einer Morddrohung verschickt.
Man werde seine Familie „der Ausrottung anheimstellen“, schrieb ein „Anonymous“. Der Chefredakteur werde „wegen feindlicher Agitation gegen das deutsche Volk“ zum Tod durch Verbrennen verurteilt. Auf Familie und Freunde sei keine Rücksicht zu nehmen. Eine konkrete Vorgehensweise wird „angeraten“.
Staatsanwaltschaft ermittelt
Der Verfasser oder die Verfasserin der Mail kündigt an, weitere Informationen zu Örtlichkeiten und Gewohnheiten über einen „sicheren Kanal“ an Aktivisten weiterzugeben. Die Redaktion der Beobachter News informierte als Empfängerin der Mail die Polizei und entschloss sich, auch die Öffentlichkeit zu informieren. Da es sich um ein Offizialdelikt handelt, ermittelt nun die Staatsanwaltschaft von sich aus.
Auslöser der Drohung dürfte nach Einschätzung der Beobachter News ein Halbsatz Alfred Denzingers in einem SWR-Interview gewesen sein (siehe „Farbanschlag auf die Pressefreiheit„). Über die Äußerung berichteten alsbald der Blog „Political incorrekt“ PI-News und ähnliche Publikationen unter der Überschrift „Die feuchten Träume des Alfred Denzinger“, ebenso der Blog „Journalistenwatch“. Dabei hielten es die Herausgeber nicht für nötig, hetzerische und verleumderische Kommentare zu entfernen – ebenso wenig wie persönliche Details zu entfernen.
In dem Beitrag des SWR ging es um eine Serie von Anschlägen und Sachbeschädigungen gegen einen Journalisten, die am letzten März-Wochenende in einem großflächigen Farbanschlag auf ein Wohnhaus in Heidelberg gipfelte. Denzinger, selbst bereits mehrfach Zielscheibe neonazistischer Übergriffe, forderte in dem Interview, hetzerische Webseiten zu verbieten. Das rief die einschlägigen Publikationen und offensichtlich auch ihre Anhängerschaft auf den Plan.
Rechte Drohungen auch in Sulzbach
In der Unterführung am Bahnhof der kaum mehr als 5400 EinwohnerInnen zählenden Gemeinde Sulzbach an der Murr zwischen Welzheim und Backnang wurden am Montagvormittag, 15. April, rechte Farbschmierereien entdeckt (siehe Bilder). Neben politischen Parolen, die sich unter anderem gegen Geflüchtete richteten, wurden Namen und zum Teil auch Adressen bekannter links orientierter Personen mit roter und schwarzer Farbe untereinander wie auf einem Stimmzettel auf die Betonwand gesprüht. Betroffen war auch Alfred Denzinger.
Die vier Farbanschläge auf das Haus und den Wagen Denzingers sind den hinterlassenen Kürzeln und Symbolen wie Hakenkreuzen zufolge auf Neonazis zurückzuführen, die sich „Autonome Nationalisten Rems-Murr“ nennen. Die Polizei und die Öffentlichkeit wurden – wie auch über die aktuelle Morddrohung – jeweils informiert. Die polizeilichen Ermittlungen nach den früheren Übergriffen gegen Denzinger führten jedoch offensichtlich nicht dazu, dass sich Neonazis – ob Nachahmer oder Wiederholungstäter – von weiteren Anschlägen abhalten ließen.
Auch ein Redaktionsmitglied der Beobachter News aus Göppingen wurde schon wiederholt Zielscheibe der Attacken von Neonazis. Vor wenigen Tagen erhielt er eine „Empfehlung“ über Facebook: „du solltest dir polizei schutz besorgen“.
Terrorgefahr von rechts
Das Bundesamt für Verfassungsschutz geht von einer wachsenden Gefahr durch gewaltbereite Rechte aus. Das berichtet die „Welt am Sonntag“ und beruft sich auf eine vertrauliche Analyse. Vor allem Kleingruppen und Einzelpersonen sollen in Erscheinung treten. „Zum heterogenen Umfeld gehören sowohl rechtsextreme Prepper – Menschen, die sich auf einen Zusammenbruch der Zivilisation vorbereiten und ihn womöglich herbei träumen – als auch rechte Soldaten und Polizisten“, führt die „Welt“ aus. Auch von geplanten Anschlägen auf Journalisten ist die Rede. „Rechtsextremistische Strukturen sind heute für unsere Demokratie so gefährlich wie noch nie nach 1945“, sagte Konstantin von Notz, Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) im Bundestag.
scr – nach einer Pressemitteilung von Beobachter News vom 3. Mai 2019