Migrationsbeirat mit Etatberatungen nur bedingt zufrieden
Stellungnahme des Migrationsbeirats zu den Ergebnissen der Etatberatungen des Gemeinderates
Bereits zum vierten Mal nutzte der Migrationsbeirat sein Rede- und Antragsrecht in den Etatberatungen des Gemeinderates und kam damit seiner Aufgabe nach, Politik und Verwaltung in migrations- und integrationsrelevanten Belangen zu beraten – auch in der bekanntlich sehr angespannten Haushaltslage: „Selbstverständlich war auch uns bewusst, dass der kommende Doppelhaushalt besonders schwierigen Bedingungen unterliegt“, betont Zahra Alibabanezhad Salem, Vorsitzende des Gremiums, die die Etatberatungen live vor Ort mitverfolgt hat. „Wir haben deshalb keine Investitionen in neue Vorhaben angeregt, sondern uns darauf fokussiert, bestehende Bereiche zu sichern, die aus unserer Sicht von besonderer integrationspolitischer Bedeutung für Mannheim und das respektvolle, gerechte und inklusive Zusammenleben in unserer Stadt sind.“
Mit dem Ergebnis der Etatberatungen kann der Migrationsbeirat im Hinblick auf seine insgesamt acht gestellten Anträge nun jedoch nur bedingt zufrieden sein: Insbesondere die Tatsache, dass für die finanziellen Mittel zur Sicherung der wichtigen Arbeit des Antidiskriminierungsbüros Mannheim e. V. (adb) ab 2026 im Gemeinderat keine Mehrheit gefunden werden konnte, ruft große Enttäuschung hervor:
„Die Mittelkürzung für das adb ist ein herber Rückschlag für alle Mannheimer*innen, die aufgrund von Diskriminierungserfahrungen Beistand und Unterstützung suchen – und für die Stadt selbst, die in ihrem Leitbild 2030 den Anspruch formuliert hat, dass sich die Menschen hier als Teil einer gleichberechtigten, diskriminierungs- und vorurteilsfreien Stadtgesellschaft erleben“, kommentiert der stellvertretende Vorsitzende Erich Schimmel die Mittelkürzungen und ergänzt: „Neben einer erheblichen Einschränkung des Beratungsangebotes wird dies auch Auswirkungen auf die Präventions- und Sensibilisierungsarbeit des adb haben. Wird diese essenzielle Arbeit aber eingeschränkt oder fällt sie ganz weg, kann dies langfristig eine Schwächung des respektvollen Miteinanders und des gesellschaftlichen Zusammenhalts zur Folge haben. Und genau das können wir uns in diesen Zeiten unter keinen Umständen leisten!“
Dass auch das von über 50 Organisationen und Initiativen getragene Bündnis „Mannheim gegen Rechts“, dass sich seit Jahren gegen Rechtsextremismus und für demokratische Werte engagiert, ab 2026 nur noch einen Bruchteil des ursprünglichen Zuschusses erhalten wird, ist eine weitere Enttäuschung. „Im Herbst haben wir noch gefeiert, dass Mannheim der ‚Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus‘ (ECCAR) beigetreten ist – und nun erleben wir beim adb und Mannheim gegen Rechts drastische Kürzungen in genau diesem für das respektvolle Zusammenleben in unserer Stadt immens wichtigen Bereich“ äußert sich Alibabanezhad Salem besorgt und kündigt an, dass der Migrationsbeirat sich im Rahmen seiner politischen Beratungsarbeit und als Unterzeichner der „Mannheimer Erklärung für ein Zusammenleben in Vielfalt“ weiterhin dafür einsetzen werde, die Antidiskriminierungs- und Antirassimusarbeit in Mannheim zu stärken.
Erfreut ist der Beirat über die über Parteigrenzen hinweg beschlossene Fortführung des jugendpädagogischen Streetwork-Projekts “Street Cred” im Jungbusch sowie die weitere finanzielle Unterstützung des Queeren Zentrums Mannheim e.V. (QZM). Auch wertet er es als großen Erfolg, dass die Stadtverwaltung das „Café Czernowitz“, ein erfolgreiches Beratungsangebot für geflüchtete Menschen aus der Ukraine, mit Hilfe einer Landesförderung und eigenen zusätzlichen Mitteln in 2025 erhalten wird. Unsicher bleiben hingegen die Fortführung des innovativen Präventionsprojektes „JUMEDiE – Junge Muslime engagiert für Demokratie im Einsatz”, die Sicherung der Beratung für queere Geflüchtete bei PLUS e. V. sowie die Existenz des Interkulturellen Hauses Mannheim e. V. (IKHM):
Ende 2022 noch hatte der Gemeinderat eine Zuschusserhöhung (zur Deckung erhöhter Miet- und Nebenkosten durch die MWSP seit dem Geschäftsjahr 2022) für das ausschließlich von Migrant*innenselbstorganisationen aufgebaute interkulturelle Bildungs-, Kultur- und Begegnungszentrum beschlossen. Dieses hatte sich zuletzt besonders für geflüchtete Familien aus der Ukraine engagiert sowie entsprechende Strukturen für Sprachkurse mit integrierter Kinderbetreuung aufgebaut – ein Angebot, an dem in Mannheim großer Mangel herrscht. „Die Stadtverwaltung selbst hat das IKHM einmal als integrationspolitischen Meilenstein bezeichnet – die nun existenzbedrohende Kürzung der Mittel ab 2026 ist deshalb aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar. Es bleibt nur die Hoffnung, dass die Verwaltung auf andere Weise eine Lösung findet, um die Schließung abzuwenden“, so Schimmel, der in den letzten Wochen gemeinsam mit Alibabanezhad Salem in einem konstruktiven Austausch mit Mitgliedern des Gemeinderates stand, um für die Anliegen des Beirates zu werben – denn wie bei allen anderen gemeinderätlichen Beschlüssen ist der Migrationsbeirat auch bei den Etatberatungen auf Unterstützung aus der Politik angewiesen, da er selbst kein Stimmrecht hat.
Der Migrationsbeirat der Stadt Mannheim ist seit dem Jahr 2000 das offizielle Vertretungsorgan der Mannheimer*innen mit Migrationsbiografie gegenüber dem Gemeinderat und der Stadtverwaltung. Nähere Informationen zu den Aufgaben und Mitgliedern des Gremiums sind zu finden unter www.mannheim.de/migrationsbeirat
Migrationsbeirat der Stadt Mannheim
Anträge des Migrationsbeirats
Folgende Anträge hat der Migrationsbeirat gestellt:
Mannheim steht zusammen – Gegen Rechts, für Demokratie
Antrag: Die jährliche finanzielle Förderung in Höhe von 20.000 Euro für das Bündnis “Mannheim gegen Rechts” wird beibehalten.
Für eine diskriminierungsfreie Stadt – Das Antidiskriminierungsbüro Mannheim stärken
Antrag: Die Förderung des Antidiskriminierungsbüro Mannheim e.V. (adb) wird ab 2026 nicht reduziert, sondern in gleicher Höhe wie bisher fortgeführt (135.000 Euro/Jahr), um Betroffenen von Diskrimierung auch weiterhin Schutz und Unterstützung zu bieten sowie das respektvolle Miteinander in unserer Stadt zu stärken.
Sicherstellung der Existenz des Interkulturellen Haus Mannheim e. V.
Antrag: Die Stadtverwaltung stellt sicher, dass das Interkulturelle Haus Mannheim e. V. (IKHM) als wichtige Säule der Integrationsarbeit in der Stadt weiterhin existieren kann. Zu diesem Zweck behält sie die Finanzzuwendungen an das IKHM in Höhe von 48.500 Euro/Jahr auch ab 2026 bei, damit eine Sicherstellung der Miete und der Nebenkosten gewährleistet ist.
Ein Zuhause für queeres Leben – Das Queere Zentrum Mannheim stärken
Antrag: Das Queere Zentrum Mannheim e.V. (QZM) erhält auch ab dem Jahr 2026 eine finanzielle Förderung in Höhe von 100.000 Euro.
Die Zukunft von „Street Cred“ sichern – Für starke Jugendperspektiven im Jungbusch
Antrag: Das Ende 2024 auslaufende jugendpädagogische Streetwork-Projekt “Street Cred” im Jungbusch wird weiterhin gefördert.
Fortführung des Café Czernowitz in 2025
Antrag: Um die Fortführung des Café Czernowitz im Jahr 2025 gewährleisten zu können,
übernimmt die Stadtverwaltung 10 Prozent der Personalkosten sowie die Miet- und
Sachkosten.
Fortführung des Projektes JUMEDiE
Antrag: Die Verwaltung stellt sicher, dass das Projekt “JUMEDiE – Junge Muslime engagiert für Demokratie im Einsatz” aufgrund der fehlenden Bundesförderung ab 2025 seine Arbeit nicht komplett einstellen muss, sondern zumindest in einem kleineren Format fortführen kann.
Für eine starke queere Community – Beratung bei PLUS e.V. sichern
Antrag: Die Arbeit von PLUS e. V. wird weiterhin mit einem jährlichen Zuschuss in Höhe von 15.000 Euro bedacht, um die wichtige Arbeit des fachlichen Beratungsangebotes und das Gruppenangebot für queere Geflüchtete zu unterstützen.