Proteste: Türkischer Staat begeht Kriegsverbrechen in Nordsyrien
Anmerkung der Redaktion:
Die meisten Medien, vor allem die sog. Leitmedien, verlieren in der Regel kein Wort darüber, dass die Türkei das Machtvakuum nach dem Sturz Assads nutzen will, um mit massiven militärischen Operationen die demokratische Projekt Selbstverwaltung von Rojava in Nordsyrien zu zerstören. Dabei werden auch massive Menschenrechtsverletzungen begangen. Da wir eine Berichterstattung hierüber für dringend notwendig erachten, veröffentlichen wir unten stehende zwei Pressemitteilungen. In Mannheim hat das Mesopotamische Kulturzentrum zu Protesten aufgerufen (siehe Bild).
Zahl der zivilen Opfer steigt
Pressemitteilung von Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V., 11.12.2024
Nach der Einnahme der Stadt Minbic greifen die türkische Armee und die dschihadistische Miliz SNA („Syrische Nationalarmee“) nun die nordsyrische Stadt Kobanê aus der Luft und am Boden an. Die Zahl der zivilen Opfer durch die Angriffe steigt weiter. Gestern vermeldete das in Nordsyrien ansässige Rojava Information Center, dass allein in den vergangenen 48 Stunden mindestens 31 Zivilist:innen durch die Angriffe der Türkei und der SNA ums Leben gekommen sind. Aus der nun von der SNA kontrollierten Stadt Minbic werden schwere Kriegsverbrechen gemeldet, die zum Teil auf Video dokumentiert sind. So verbreiteten protürkische Dschihadisten in sozialen Medien Videos, in denen sie mehrere Verwundete in einem Krankenhaus in Minbic hinrichteten. Berichten zufolge wurden viele Verletzte in den Krankenhäusern von Minbic auf diese Weise ermordet.
Heute wird aus der Nähe des Tişrîn-Staudamms, der derzeit von der SNA und der türkischen Armee angegriffen wird, ein weiteres schweres Kriegsverbrechen des türkischen Staates gemeldet. Ein Krankenwagen wurde auf der Straße zwischen Sirrîn und Tişrîn von der türkischen Luftwaffe angegriffen. Der Krankenwagen transportierte Verletzte. Einer der Verwundeten und der Fahrer wurden getötet. Eine Krankenschwester und ein weiterer Verwundeter wurden schwer verletzt.
„Zivilist:innen werden massakriert, dringende Intervention notwendig“
Die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien äußerte sich angesichts der Massaker durch die türkische Armee und ihre Söldner in einem dringenden Appell an die internationale Gemeinschaft, die Zivilbevölkerung zu schützen.
„Der türkische Staat verstößt in jeder Hinsicht gegen internationales Recht und Normen und verübt Massaker an unserer Bevölkerung in Nord- und Ostsyrien. Es geht dabei darum, das Chaos in Syrien auszunutzen und die Sicherheit und Stabilität von Nord- und Ostsyrien zu zerstören. Der türkische Staat und seine Söldner haben erneut ihre Aggression gegen diese Region unter Beweis gestellt. Türkische Drohnen verübten im Dorf Sefiya, westlich von Ain Issa, ein weiteres Massaker. Bei diesem Angriff wurden acht Zivilist:innen getötet“, so die Selbstverwaltung, die dieses Vorgehen als Teil einer systematischen Politik der Massaker bezeichnete und an den Angriff auf das ebenfalls bei Ain Issa gelegene Dorf al-Mesterha am 8. Dezember erinnerte, bei dem mindestens zwölf Zivilist:innen getötet wurden.
Die Selbstverwaltung verurteilt die Angriffe und ruft die internationale Gemeinschaft und die Menschenrechtsorganisationen auf, umgehend zu handeln: „Das Schweigen der internationalen Gemeinschaft ermutigt den türkischen Staat zu weiteren Verbrechen und führt zu verstärkten Angriffen auf die Bevölkerung der Region.“
Für weitere Fragen und Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Wir verfügen über Dokumentationsmaterial zu den Kriegsverbrechen der Türkei und der SNA, das wir bei Interesse gerne zur Verfügung stellen. Zudem stehen wir im Austausch mit politischen Verantwortungsträger:innen der Selbstverwaltung und Journalist:innen vor Ort und können gerne Kontakte vermitteln.
Protürkische Söldner in Minbic eingedrungen – Extralegale Hinrichtungen von Verwundeten
Pressemitteilung von Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit, 10.12.2024
Die vom türkischen Staat kontrollierte sogenannte Syrischen Nationalarmee (SNA) ist nach tagelangen Kämpfen mit den Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) in die nordsyrische Stadt Minbic vorgedrungen und begeht vor den Augen der Weltöffentlichkeit schwerste Kriegsverbrechen. In einem Video, das aus SNA-Quellen stammt und gestern in den sozialen Medien kursierte, brüsten sich SNA-Söldner damit, wie sie in einem Krankenhaus in Minbic Verwundete in ihren Betten erschießen. Das Video zeigt, wie Angehörige der SNA in ein Krankenhaus eindringen, Verwundete in ihren Betten schikanieren und dann mindestens einen von ihnen erschießen.
Mako Qocgiri, Sprecher von Civaka Azad, erklärt: „Die vom türkischen Staat kontrollierten Söldnergruppen begehen Kriegsverbrechen im Stil des IS. Die Videos von Verletzten, die von dschihadistischen Söldnern hingerichtet werden, sind unerträglich. Die internationale Gemeinschaft muss sofort handeln. Seit 14 Tagen versucht die SNA Minbic einzunehmen und es kommt zu schweren Auseinandersetzungen, die SNA ist mittlerweile mit Unterstützung der türkischen Luftwaffe in Minbic eingedrungen. Gleichzeitig kommt es in Tişrin zu schweren Auseinandersetzungen und die Demokratischen Kräfte Syriens kämpfen darum, einen Durchbruch nach Nordostsyrien zu verhindern.
Die SNA ist ein Konglomerat aus dschihadistischen Söldnern und protürkischen Rechtsextremisten, die durch die Kurdenfeindlichkeit zusammengehalten werden. In einer Live-Übertragung des türkischen Fernsehens war zu sehen, wie SNA-Söldner mit Truppen des sogenannten Islamischen Staates vorrückten. Der Sprecher von Civaka Azad dazu: „Das AKP/MHP-Regime in Ankara versucht, noch bevor sich der Staub des Umbruchs in Syrien gelegt hat, Fakten zu schaffen und die Errungenschaften der Selbstverwaltung zu zerstören und die kurdische Bevölkerung zu vertreiben. Dieses Ziel verfolgt Ankara seit der Revolution in Rojava 2012 und hat dafür eng mit dem IS paktiert. Die Menschen in Rojava haben die Welt vor dem IS gerettet und diese Pläne zum Scheitern gebracht. Nun versucht die Türkei offensichtlich mit ihren Söldnern das zu vollenden, was dem IS nicht gelungen ist. Es ist eine humanitäre Pflicht der Menschheit, sich für die selbstverwalteten Gebiete in Nord- und Ostsyrien einzusetzen und die internationalen Mächte wie damals in Kobanê zu zwingen, ihr Schweigen zu diesen Verbrechen zu beenden.“
Videos von Kriegsverbrechen der protürkischen SNA können bei Bedarf zur Verfügung gestellt werden. Wir stehen zudem im Austausch mit Aktivist:innen und Journalist:innen aus der Region und können gerne Interviews vermitteln. Bitte kontaktieren Sie uns bei Interesse und für weitere Informationen.
Civaka Azad – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V.