„Gemeinsam gegen Faschismus, Gemeinsam für Demokratie“ (mit Fotogalerie)
Am Sonntag, den 09.02.2020, versammelten sich etwa 150 Menschen auf dem Heidelberger Bismarckplatz zur Kundgebung unter dem Motto „Gemeinsam gegen Faschismus, Gemeinsam für Demokratie“.
Vorangegangen waren der Versammlung die unsäglichen Ereignisse um die Wahl des Ministerpräsidenten im Thüringer Landtag.
Die Wahl von Thomas Kemmerich, die FDP in Thüringen mit gerade einmal 5, 0005% völlig unbedeutend repräsentierend, wurde in der vergangenen Woche mit Hilfe der Stimmen der AfD gewählt. Die CDU und FDP paktierte dazu mit einer Partei, dessen Landeschef zu Recht Faschist genannt werden darf.
Die Empörung darüber schlug bundesweit hohe Wellen und mobilisierte überall Kundgebungen und Demonstrationen. Der weitere Verlauf und auch die Vorgeschichte dieses Tabubruchs sind inzwischen bekannt, und darum ließ sich auch niemand von Kemmerichs Rücktritt beschwichtigen und folgte den zahlreichen Aufrufen zum Protest.
In Heidelberg wurde dieser von den Schwetzinger Linken organisiert, ein Blick nicht nur in die Reihen der Redner*innen, sondern vor allem auch in die Reihen der Teilnehmer*innen zeigte, hier war die bürgerliche Mitte auf dem Platz. Die bürgerliche Mitte darf nicht von Faschisten definiert werden, soviel war gleich klar.
Dorothea Kaufmann, Stadträtin der Grünen in Heidelberg mahnt:
„Wir müssen uns viel wärmer anziehen und darüber nachdenken, was die AfD als nächstes tun könnte. Weil ich befürchte, dass einige zu naiv an die Sache heran gehen. Damit will ich niemandem einen Vorwurf machen – der größte Vorwurf gebührt in diesem Moment mir selbst. Überlegt euch deshalb immer gut, wie es weiter gehen könnte, wenn ihr irgend ein politisches Amt habt, setzt euch dafür ein, dass die AfD keinen Einfluss hier bei uns, und auch sonst nirgendwo in irgendeiner Form haben wird.“
Die Vertreterin der „Omas gegen Rechts Rhein Neckar“ spricht über Anstand:
„In Thüringen ließ die Landesvorsitzende der Partei Die Linke, Susanne Henning-Wellsow demonstrativ den Blumenstrauß, der für den Sieger der Wahl zum Ministerpräsidenten gedacht war, vor Kemmerich auf den Boden fallen. Höcke, Anführer des rechtsextremen Flügels, Faschist und Königsmacher hingegen, schüttelte Kemmerich demonstrativ die Hand. Und Kemmerich nahm den Handschlag an.
Wer war hier nun anständig, und wer nicht?“
„Anstand bedeutet auch: Keinen Fuß breit den Faschisten. Und dazu gehört, Faschisten eben nicht mit den sonst üblichen Gepflogenheiten und Höflichkeiten zu bedienen, die im demokratischen Diskurs Standard sind. Diese Gepflogenheiten basieren auf gegenseitigem Respekt. Dass die AfD unsere Demokratie nicht respektiert, und ihre politischen Gegner schon gar nicht, hat sie in Thüringen mehr als deutlich gezeigt. Stattdessen bediente sie sich demokratischer Mittel, um die Demokratie ins Wanken zu bringen. Eine perfide Taktik, die sich schon die NSDAP zueigen machte, und nun lehrbuchartig von der AfD wiederholt wurde.“
„Nun rät Gauland, der den Faschisten Höcke als „Mitte der Partei“ bezeichnet, der AfD in Thüringen an, für Ramelow zu stimmen, um diesen dann zum Rücktritt zu nötigen. Also taktisch FÜR den Gegner zu stimmen, damit man ihn los werden kann. Ist das anständig?“
Gauland tut damit das, was der einzige Antrieb der faschistischen AfD ist, das einzige Ziel, das sie kennt: zerstören. Er hat inzwischen völlig ausgeblendet, dass Politik nur demokratisch sein kann, wenn sie diskutiert und konstruiert.
Für jede*n die/der es ernst meint mit der Politik kann das nur bedeuten, und sie bringt das klar auf den Punkt:
„Wer Anstand und Integrität besitzt, wird nicht mit Faschisten paktieren. Weder öffentlich noch hinter verschlossenen Türen. Wer Anstand und Integrität besitzt, verharmlost eine von Faschisten gestützte Wahl nicht als demokratisch, denn Faschisten sind von Grund auf undemokratisch, und bedienen sich lediglich demokratischer Mittel, um genau mit diesen die Demokratie selbst auszuhöhlen.
Wer Anstand und Integrität besitzt, wird nicht mit Phrasen wie „Es war eine demokratische Wahl“ versuchen, die bewusste Inanspruchnahme der Stimmen von Faschisten zu verharmlosen. „
Sahra Mirow, Stadträtin für Die Linke in Heidelberg:
„Antifaschist*in zu sein, ist heut zu Tage in der öffentlichen Wahrnehmung linksextrem. Das ist bullshit – Antifaschist*in zu sein ist Bürgerpflicht. Das muss durch alle gesellschaftlichen Schichten gehen, das ist keine Sache von linken, das muss etwas sein das uns konkret vereint. Es ist wichtig, dass wir hier heute stehen und zeigen, dass wir Gegendruck aufbauen, dass wir uns das nicht gefallen lassen, dass es nicht das ist wie wir uns eine Gesellschaft vorstellen. Diesen öffentlichen Druck dürfen wir nicht fallen lassen.“
Applaus erntet sie für den Vorschlag von Neuwahlen in Thüringen: „Gerne Neuwahlen, mit 37% und der CDU im Keller haben wir eine stabile rot/grün Mehrheit. Selbst Angela Merkel sagt, man braucht wieder stabile Verhältnisse in Thüringen.“
Hieronymus Eichengrün, vertretend für die Heidelberger FDP, beteuert wie beschämend diese Ereignisse sind „”Ich bin angewidert von den Ereignissen in Thüringen, ich habe mich geschämt.“ Er fordert seine Partei auf, das Geschehen aufzuarbeiten. Aber auch den Heidelbergern zeigt er Position, erst in einer Entschuldigung für das Verhalten der FDP und auch, in dem er das Gespräch anbietet.
Er nutzt damit eine Chance, die eine scheue Heidelberger CDU verstreichen ließ. Vertreter der CDU suchte man vergebens, das ist gerade an Tagen enttäuschend, an denen es geboten ist, zusammen Haltung zu zeigen. Hier sollte man Ressentiments ablegen und Demokratie als das verteidigen, was sie ist: Meinungsvielfalt, nicht immer Meinungsgleichheit, aber immer und ohne Ausnahme eine klare Haltung gegen jene, die sich als Feinde der Demokratie zeigen.
Der Abend, schloss mit einem gemeinsamen „Bella ciao“
(Bericht/Bilder: Daniel Kubirski)