Protesttag: Kundgebung und Fahrradcorso gegen Militärmanöver „US-Defender Europe 2020“ [mit Bildergalerie und Video]
Am Samstag, 22. Februar, hat das Friedensplenum Mannheim zwei Kundgebungen und einen Fahrradcorso angemeldet.
Der Protest richtete sich gegen das Großmanöver „US-Defender Europe 2020“, das im April und Mai an den Grenzen Russlands stattfinden soll. Bei dem Manöver der US-Army werden die Armeen von 18 Staaten einbezogen, u.a auch die Bundeswehr. Es soll die reibungslose Zusammenarbeit der Armeen geprobt werden, um für den Ernst-, sprich Kriegsfall, gewappnet zu sein.
Das Coleman-Areal im Mannheimer Norden spielt in der Vorbereitung als logistische Drehscheibe eine zentrale Rolle.
Die Auftaktkundgebung am 22. Februar fand auf dem Alten Messplatz in MA-Neckarstadt statt. 190 Leute mit zahlreichen Fahnen und Transparenten fanden sich ein.
Otto Reger vom Friedensplenum und DFG/VK wies auf die Bedeutung des Coleman-Areals als militärische logistische Drehscheibe hin. Er forderte die Demilitarisierung und Konversion des Coleman-Areals. Die Politik, auch die Kommunalpolitik, sollte sich diese Forderung viel mehr auf ihre Fahnen schreiben.
Christoph Marischka von der Informationsstelle Militarisierung IMI e.V. ging auf die Hintergründe des militärischen Großmanövers ein. Im Anschluss haben wir einen Auszug aus seiner Rede dokumentiert.
Bernd Köhler griff zwischen den Reden zur Gitarre und sang einige Friedenslieder.
Am Ende der Auftaktkundgebung machten sich etwa 40 Radfahrer*innen auf den Weg zum Colman-Areal in Mannheim-Scharhof. Einige waren mit PKW oder Straßenbahn unterwegs. Vor den Toren des Militärgeländes gab es noch einmal eine Abschlusskundgebung.
(red)
Videobeitrag
Videobeitrag | Direktlink zu Youtube: https://youtu.be/0k-qsHRkiTk
Auszug aus der Rede
von Christoph Marischka (Informationsstelle Militarisierung e.V.) bei der Kundgebung des Friedensplenums am 22.02.2020 in Mannheim
(…) Ich weiß aber auch, dass dieses heillose Säbelrasseln nicht allein die USA zu verantworten haben. Wie gesagt: Deutschland hat sich hier geradezu aufgedrängt. Deutschland hat sich gleich nach der Ukraine-Krise als Standort und Truppensteller der sog. NATO-Speerspitze – der Very High Readiness Joint Task Force – angeboten und aufgedrängt, die im Falle einer Eskalation als erstes an der russischen Grenze sein soll. Deutschland hat Abfangjäger im Baltikum stationiert und führt im Rahmen der sog. „Enhanced Forward Presence“ – der verstärkten Vorwärtspräsenz der NATO – einen Kampfverband in Litauen. Deutschland hat sich als Standort eines neuen NATO-Logistikkommandos aufgedrängt, das dauerhaft solche Aufgaben wie nun bei Defender 2020 wahrnehmen soll und aktuell in Ulm aufgebaut wird. Deutschland hat einen Rahmenfrachtvertrag für die Bundeswehr mit der Bahn abgeschlossen, der militärischen Güterzügen Vorrang vor allem anderen Verkehr gewährleisten soll. Deutschland setzt sich innerhalb der EU nicht nur ganz allgemein für Aufrüstung ein, sondern insbesondere auch für das sog. Military Schengen – das freien grenzüberschreitenden Verkehr für Waffen und sonstige militärische Gefahrgüter ermöglichen soll. Deutschland setzt sich dafür ein, dass Infrastrukturprojekte stets so geplant sind, dass sie einen militärischen Aufmarsch nach Osten ermöglichen und beschleunigen können. Für all das ist Geld da, aber eine anständige Pflege und Alterssicherung, das bekommt die deutsche Politik nicht auf die Reihe. Liebe Freundinnen und Freunde, wir müssen uns dieser Aufrüstung, diesen Kriegsvorbereitungen widersetzen, und deshalb sind wir heute hier.
Das eigentliche Manöver wird erst gegen Mai – ausgerechnet um den Jahrestag der Befreiung herum – im Baltikum, Polen und Georgien stattfinden. Danach beginnt die Rückverlegung. Auch wenn der erste Frachter erst am Donnerstag in Deutschland ankam, ist die Kriegslogistik – von der Planung mal ganz abgesehen – längst angelaufen. Aus den Coleman-Barracks fahren bereits seit mindestens Anfang Februar nächtliche Kolonnen der Bundeswehr Material der US Army nach Fritzlar, dort wird es übernommen und weiter nach Fallingbostel bei Munster – auf diesen riesigen Truppenübungsplatz – verbracht. Überall in Kasernen und auf Truppenübungsplätzen werden Tankanlagen und Unterkünfte errichtet, in Garlstedt nördlich von Bremen z.B. eine Zeltstadt für 2.000 US-Soldatinnen. Auch in den Bundeswehrkasernen in Torgelow und Hagenow in Mecklenburg-Vorpommern sind bereits Vorab-Kommandos der US-Army angekommen. Hier rechnet man in den kommenden Tagen mit Kolonnen von je 20 Fahrzeugen, die im Halbstundentakt aus Hamburg und Wittenburg ankommen (…)
Wir dürfen auch hier nicht weiter wegsehen, sondern müssen unsere Empörung, unsere Wut und Bündnisse auch nach Defender 2020 nutzen, um gegen diese unheimliche Alltäglichkeit der Auslandseinsätze – trotz miserabler Bilanz – aufzustehen. Wir sagen nicht nur Stopp zum Aufmarsch und zur Aufrüstung gegen Russland, sondern auch Stopp zu allen Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Für die Konversion der Militärstandorte und der Rüstungsindustrie. Abrüstung ist das Gebot der Stunde und wir müssen sie durchsetzen!