ver.di Baden-Württemberg: Kritik an Kita-Öffnungs-Regelung

Kultusministerium will Kita-Notbetreuung nicht einschränken – Ministerium hat Weckruf aus Freiburg nicht verstanden

29.01.2021

ver.di bedauert, dass das Kultusministerium trotz der alarmierenden Vorkommisse in einer Freiburger Kita die Regelungen für die Notbetreuung immer noch nicht verbindlicher regeln will. Am Montag hatte die Gewerkschaft ein Zehn-Punkte-Programm mit Maßnahmen für eine Kitaöffnung vorgelegt, die sich vor Ort mit wenig Vorlauf umsetzen lassen würden. Eine Reaktion des Kultusministeriums gibt es immer noch nicht.
ver.di hat deshalb an die Träger appelliert, gemeinsam mehr Schutz in den Einrichtungen zu organisieren.

Martin Gross, ver.di Landesbezirksleiter: „Die Landespolitik, insbesondere das verantwortliche Kultusministerium, hat den Weckruf aus Freiburg zwar gehört, aber nicht verstanden. Die Kitas sind offen, die zahlreichen Infektionen sind in der Notbetreuung passiert. Die pädagogischen Fachkräfte in den Kitas und der Grundschulbetreuung haben ein Recht auf Schutz ihrer Gesundheit. Wie alle anderen Beschäftigten auch. Dass das Kultusministerium dies fortgesetzt ignoriert, ist einfach nicht mehr zu verantworten.“

Hanna Binder, stellvertretende ver.di Landesbezirksleiterin: „Viele Einrichtungen im Land beweisen längst, dass mehr Gesundheitsschutz möglich ist. Dass keine landesweiten Vorgaben gemacht werden, die überall den größtmöglichen Schutz gewährleisten, ist für Kinder, Eltern und Beschäftigte nicht mehr nachvollziehbar. Es braucht vor allem sofort verbindliche Vorgaben für die Gruppengrößen in der Notbetreuung, in Abhängigkeit von den örtlichen Möglichkeiten, Abstand und Schutz zu organisieren.“

Zehn-Punkte-Programm:
https://bawue.verdi.de/++file++600e9d5b5812b588248f222f/download/zehn Punkte Programm für Kitaöffnung.pdf

 

Zehn-Punkte-Programm für Kitaöffnung

25.01.2021

ver.di Baden-Württemberg hat heute Vormittag im Rahmen einer Online-Pressekonferenz ein zehn-Punkte-Programm für eine möglichst sichere Öffnung der Kitas und Grundschulbetreuung vorgestellt:

Warum?
Immer wieder müssen Eltern, Kinder und Beschäftigte gleichermaßen ohnmächtig abwarten, was die Landesregierung in dieser für sie immer existenzieller werdenden Frage entscheidet. Und genauso unvorhersehbar diese Entscheidungen inzwischen sind, so wenig nachvollziehbar sind sie hinterher dann natürlich auch, egal in welche Richtung sie ausfallen.

Wenn wir Kitas so weitgehend wie möglich und gleichzeitig so sicher wie nötig öffnen wollen, werden wir den Mut haben müssen, feste landesweite Kriterien festzulegen, nach denen dann vor Ort entschieden werden kann, ob, und wenn ja wie weitgehend, eine Einrichtung geöffnet werden kann.

Damit Eltern, Kinder und Beschäftigte im Land diese Schritte in ihrer Kita nachvollziehen können, müssen die Kriterien vorher verbindlich festgelegt werden.

Wir wollen nicht, dass diese Frage noch weiter in den Landtagswahlkampf hineingezogen wird, und damit Millionen Betroffene im Land zum Spielball von Wahltaktiken zu werden drohen.
Auch deshalb braucht es jetzt verbindliche und nachvollziehbare Kriterien für eine Öffnung.
Wir fordern die Landesregierung auf, folgende zehn Punkte festzulegen:

zehn-Punkte-Programm für Kitaöffnung

  1. Die Landesregierung muss offenlegen, aufgrund welcher Inzidenzwerte sie entscheidet:
    Kitas ganz zu schließen;
    Kitas mit Notbetreuung zu öffnen;
    Kitas vollständig unter Pandemiebedingungen zu öffnen.
    Der Grad der Öffnung einer Einrichtung muss dabei auch davon abhängen, ob sie die folgenden Kriterien einhalten kann. Deswegen und weil sich die räumlichen Gegebenheiten, die Möglichkeit, ausreichend zu Lüften und die personelle Ausstattung von Einrichtung zu Einrichtung massiv unterscheiden, müssen die Beschäftigten bei der Gestaltung der jeweiligen Öffnung berücksichtigt werden.

In jeder Einrichtung müssen folgende Punkte für eine Öffnung – auch in der Notbetreuung – erfüllt sein.

  1. Medizinische Masken und FFP-2-Masken müssen für alle Beschäftigten vor Ort in ausreichender Menge bereitgestellt sein.
    3. Die Homeoffice-Pflicht für Beschäftigte gilt auch in Kitas und Grundschulbetreuung: Alles, was daheim erledigt werden kann, muss auch daheim erledigt werden dürfen: Elterngespräche, Vor- und Nachbereitung, die gesamte konzeptionelle Arbeit, Kontakt zu Kindern, die nicht in der Betreuung sein können. Dafür müssen die Beschäftigten mit den dafür notwendigen digitalen Endgeräten ausgestattet werden.
    4. Beschäftigte, die ohne eine Einhaltung der AHA+L-Regeln jeden Tag Kontakt zu vielen Kindern und Eltern haben, müssen bei der freiwilligen Impfung oberste Priorität erhalten.
    5. Ein Recht, sich jederzeit freiwillig testen zu lassen.
    6. Welches Kind in eine Notbetreuung darf, muss wie im ersten Lockdown verbindlich festgelegt werden. Die Entscheidung und Verantwortung darf nicht weiter Eltern und Beschäftigten überlassen werden.
    7. Medizinische Maskenpflicht auf dem gesamten Kita- oder Schulgelände für alle Externen (Eltern, Handwerker). Eltern müssen in der Kita zu allen Beschäftigten und anderen Kindern zwingend und jederzeit den Mindestabstand einhalten.
    8. Kurzarbeit ist in den kommunalen Kitas nach dem TV-Covid nicht vorgesehen. Da die Kitas nie ganz geschlossen sind, darf es keine Kurzarbeit geben. Wir brauchen mehr und nicht weniger Beschäftigte für die Umsetzung des Gesundheitsschutzes.
    9. Wenn das Personal nicht für die festen und ggf. kleineren Gruppen ausreicht, müssen Öffnungszeiten reduziert werden.
    10. Betreuung nur in festen Gruppen und Kohortenprinzip. Auch die Beschäftigten sollten in festen Tandems gemeinsam im Team arbeiten. Das bietet den größtmöglichen Schutz in einer geöffneten Kita und verhindert gleichzeitig die Schließung der ganzen Einrichtung, wenn Infektionen auftreten.