Neckarstadt-West: Luxuswohnung statt preiswerter Wohnraum
Anmerkung von KIM:
Wir veröffentlichen hier jeweils eine Stellungnahme des Mietervereins und der LINKEN Mannheim. Der hier geschilderte Vorgang macht deutlich, dass die Gentrifizierung schon längst auch in der Neckarstadt-West angekommen ist. Der Mieter hat sich mit uns vorliegenden Schreiben auch an den Oberbürgermeister und verantwortliche Mannheimer Kommunalpolitiker gewandt. Unserer Meinung nach verstößt diese Umwandlung von Wohneigentum den Prinzipien der Sanierungssatzung Neckarstadt-West. Es ist also zu hoffen, dass dieser Vorgang gestoppt wird. (Roland Schuster)
Mieterverein macht auf einen besonders krassen Fall der Gentrifizierung aufmerksam
Seit Jahren warnt der Mieterverein Mannheim bzgl. der Mietpreise und schlug verschiedene Maßnahmen zur Eindämmung dieser Entwicklung vor. Der Gemeinderat hat, unseren Vorschlägen folgend, zwar einige Beschlüsse gefasst, so zum Beispiel das 12-Punkte-Programm, dass viele Vorschläge des Mietervereins aufgreift, jedoch ist eine Umsetzung der Beschlüsse nur bedingt feststellbar.
Kritisch bewertet der Mieterverein auch die Verflechtungen in der Neckarstadt-West, in der insbesondere die sogenannte Thor-Gruppe bereits über 40 Immobilien erwarb und diese sukzessive derartig weiterentwickelt, dass Mietpreise bis zur gesetzlich maximal erlaubten Grenze erhöht werden. Die hierbei gezahlten Kaufpreise überschreiten in der Regel ein Vielfaches dessen, was über die aktuelle Miete der entsprechenden Objekte eingenommen werden kann. Hieraus entsteht für die Investoren das wirtschaftliche Erfordernis, die Objekte derartig weiterzuentwickeln, dass Sie eine deutliche höhere Miete erzielen.
Das jüngste Beispiel dieser Entwicklung sind die Ziele, die mit dem Mietshaus in der Dammstraße 19 verfolgt werden. Hier soll das gesamte Dachgeschoss, in welchem sich sowohl Abstellmöglichkeiten für die Mieterinnen und Mieter des Hauses als auch zwei Wohnungen befinden, zu einer Luxuswohnung zusammengefasst werden. 200m² reine Wohnfläche, 75 m² Dachterrasse und ein 11 m² großer Pool sollen nach den, dem Mieterverein vorliegenden Plänen zukünftig neue Bewohner erfreuen. Nach aktuellem Kenntnisstand wurden im besagten Objekt bereits zwei Wohnungen modernisiert und mit deutlichen Mietsteigerungen erneut am Markt angeboten. Für eine 85 m² wurden demnach 1.200 € Kaltmiete aufgerufen, für eine 120m² große Wohnung 1.500 €.
Erneut gilt für Mannheim und hier die Neckarstadt-West: Preiswerter Wohnraum wird für Luxus-Wohnungen vernichtet. Die betroffenen Wohnungen im Dachgeschoß wurden nach aktueller Kenntnislage aber erst vor rund 5 Jahren modernisiert.
Der Mieterverein warnt ausdrücklich vor derartigen Entwicklungen in der Neckarstadt-West und kritisiert hierbei auch die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen derartigen Investoren, den städtischen Vorhaben und den Planungen durch die MSWP / LOS. „Aus Sicht des Mietervereins Mannheim wird hier der Grundgedanke, der mit dem „Förderprogramm Soziale Stadt“ verbunden ist, konterkariert, um nicht zu sagen persifliert. Der Grundgedanke der erst jüngst beschlossenen neuen „Leipzig Charta“, die insbesondere den Schwerpunkt Gemeinwohlorientierung in den Fokus stellt, ist hier nicht mehr zu erkennen.“ betont Gabriel Höfle, Vorsitzender des Mietervereins Mannheim und ergänzt „Als Mieterverein werden wir die betroffenen Mieterinnen und Mieter im Rahmen unserer Möglichkeiten unterstützen.“
Herr Hauspurg ist als betroffener Mieter um seine Zukunft besorgt und beschreibt seine aktuelle Situation wie folgt: „Ich bin 2016 beruflich bedingt nach Mannheim gezogen und habe mich als Single und Selbständiger bewusst für eine 53 m² Wohnung entschieden, welche ich mir in meiner Lebenssituation leisten kann. Diese Wohnung wurde erst kurz zuvor renoviert und ich selber habe weiter persönlich in die Wohnung investiert, um die Lebensqualität zu erhöhen. Natürlich war mir dabei bewusst, dass ich in fremdes Eigentum investiere, aber ich wäre andererseits nie auf die Idee gekommen, dass mir diese Wohnung eines Tages vom Vermieter gekündigt wird. Nun wurde der Bauantrag eingereicht zum Umbau des gesamten Dachgeschosses in eine 200 m² Luxuswohnung. Bei einer Genehmigung dieses Antrags droht mir die Kündigung dieser Wohnung und es würden neben meiner Wohnung eine weitere sanierte Wohnung wegfallen sowie die Speicher der 25 Mietparteien dieses Hauses. Ich bezahle derzeit eine Miete von 435 € kalt und wage mir nicht auszudenken, wie hoch die Miete für die zukünftig geplante Luxuswohnung ausfallen würde, wenn sie denn je vermietet würde. Ich selbst könnte sie mir jedenfalls nicht leisten und müsste dann Mannheim verlassen.“
Mitteilung des Mietervereins Mannheim auf facebook vom 5.März 2021
Bündnis 90/Die Grünen und die LINKE Mannheim haben zu diesem Vorgang eine Pressemitteilung veröffentlicht. Wir veröffentlichen hier die uns vorliegende Pressemitteilung der LINKEN. (KIM)
Dammstraße: Preiswerte Wohnungen statt Luxus-Penthouse!
Das unscheinbare Haus Dammstraße 19 in der Neckarstadt-West ist eines von mittlerweile über 40 Gebäuden in der Neckarstadt-West, das von der Thor-Gruppe aufgekauft wurde. Teil dieser Thor-Gruppe ist die Mannheimer Immobilienfirma Hildebrandt & Hees, die in den vergangenen Jahren durch massiven Aufkauf von Wohnhäusern auf sich aufmerksam gemacht hat. Oftmals wurden Wohnungen modernisiert und die Mieten drastisch erhöht, sodass langjährige Bewohner*innen verdrängt wurden.
Aktuellster Fall dieser Firma ist nun ein eingereichter Bauantrag für einen gravierenden Umbau des Dachgeschosses des Hauses Dammstraße 19: Dort soll eine etwa 200 m2 Wohnung mit Dachterrasse und Swimmingpool entstehen. Dies soll durch Zusammenlegung zweier Wohnungen und Speicherabteile des gesamten Hauses erfolgen. Diese beiden Wohnungen wurden erst vor wenigen Jahren saniert, wie der Mieter einer dieser beiden Wohnungen erklärt. Ihm droht bei Genehmigung dieses Bauantrags die Kündigung aus seiner Wohnung, zudem verlieren alle Bewohner*innen ihre Speicherabteile.
„Im Haus Dammstraße 19 sind bereits zwei Wohnungen durch den neuen Eigentümer Thor modernisiert worden, die nun zu 12,50 €/m2 bzw. 14 €/m2 vermietet werden. In diesem Haus findet somit eine schleichende Verdrängung statt, die durch die Luxussanierung im Dachgeschoss eine neue Dimension annimmt. Niemand der bisherigen Bewohner*innen wird sich solch eine Wohnung leisten können“, stellt Sevinc Sönmez vom LINKE-Ortsvorstand Neckarstadt fest.
Roland Schuster, ebenfalls LINKE-Ortsvorstand Neckarstadt, ergänzt: „Durch diese Luxussanierungen, wie sie immer wieder vorkommen, wird preiswerter Wohnraum in der Neckarstadt-West vernichtet. Die Thor-Gruppe bzw. Hildebrandt & Hees tragen maßgeblich zu den steigenden Mieten in der Neckarstadt-West bei und werden die Mietpreise noch stärker beeinflussen, wenn sie weiterhin in großem Stil Häuser im Stadtteil aufkaufen. Eine Gentrifizierung sollte nicht Ziel des Sanierungsgebiets Neckarstadt-West sein.“
Dennis Ulas, Fraktionsvorsitzender LI.PAR.Tie. im Mannheimer Gemeinderat: „Ziel des Sanierungsgebietes Neckarstadt-West soll es u.a. sein, Wohnungen in zeitgemäßen Zustand zu versetzen. Luxussanierungen gehen jedoch zu weit und dürfen weder Ziel der Stadt noch von LOS bzw. MWSP sein. Es ist daher fraglich, ob die Abwendungsvereinbarungen zwischen Stadt und Privatinvestoren überhaupt etwas bewirken und inwiefern diese kontrolliert und geahndet werden. Wir erwarten jedenfalls, dass die städtische Baubehörde diesen Bauantrag nicht genehmigt. Wir brauchen preiswerten Wohnraum in der Neckarstadt-West und keine Luxuswohnungen!“