LINKE Wohnungspolitik in Mannheim – Welche weiteren Schritte sind notwendig?
Stadtrat Dennis Ulas: Sicherung und Schaffung von preiswertem Wohnraum!
Dennis Ulas, Vorsitzender der Fraktion Li.Par.Tie im Mannheimer Gemeinderat, hielt diesen Beitrag am 3. September auf einer wohnungspolitischen Kundgebung der LINKEN auf dem Alten Messplatz in Mannheim. Die Hauptrede hielt Caren Lay, wohnungspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktiion der LINKEN. Ebenso sprachen die Mannheimer Bundetagabgeordnete Gökay Akbulut und Ursula Jochim vom Offenen Stadtteiltreffen Neckarstadt. Wir dokumentieren hier die Rede von Dennis Ulas, der auf wichtige Aspekte Mannheimer Wohnungspolitik eingeht. (Red.)
Das Thema Wohnen betrifft uns alle – denn wir alle wollen in bezahlbaren schönen und ordentlichen 4 Wänden leben. Das gestaltet sich allerdings als immer schwieriger: Die Mietpreise steigen immer weiter an und schneller als die Löhne es tun. Ein immer größerer Anteil des Gehaltes muss für die Miete aufgewendet werden. Eine Entwicklung, die immer mehr Menschen belastet – nicht nur mit geringen, sondern mittlerweile auch mit mittleren Einkommen – und so nicht hinnehmbar ist. Es ist eine Entwicklung, die dem neoliberalen Mantra des freien Wohnungsmarktes der vergangenen 30 Jahre geschuldet ist. Und dass Bauen alleine nicht für günstigere Mieten sorgt, haben die letzten Jahre deutlich bewiesen – das Gegenteil ist der Fall. Doch damit muss endlich Schluss sein – Wohnen ist Menschenrecht und darf kein Spekulationsobjekt mehr sein!
Ich möchte mich auf einige Aspekte beschränken, die uns hier in Mannheim auf kommunaler Ebene beschäftigen.
Wenn von den teuersten deutschen Städten hinsichtlich der Mietpreise gesprochen wird, werden in der Regel die Metropolen München und Hamburg, aber auch andere Groß- und Unistädte wie Stuttgart und Heidelberg genannt. Doch setzt man das durchschnittliche Haushaltseinkommen in das Verhältnis zu den jeweils aktuellen Mietpreisen, landet auch Mannheim unter den zehn teuersten Städten in Deutschland. Jeder zweite Haushalt in Mannheim leidet unter zu hohen Mieten. Laut aktuellem Mietspiegel ist allein in den zwei Jahren 2018 bis 2020 die durchschnittliche Miete um 8,6 % gestiegen. Betrachtet man den Zeitraum der letzten zehn Jahre, so ist ein Anstieg von durchschnittlich etwa 40 % festzustellen. Da es sich aber um die reine Durchschnittsmieten handelt, die im Mietspiegel dargestellt werden, können die jeweiligen Erhöhungen je nach Lage und Ausstattung natürlich deutlich höher ausfallen. Ich frage mich jedoch, bei wem von uns die Einkommen in diesen Zeiträumen so stark angestiegen sind – vermutlich bei niemandem!
Die Mietpreise werden vor allem durch Privatinvestoren in die Höhe getrieben. Wenn in den zentralen Stadtteilen neu gebaut wird, dann Luxuswohnungen zur Miete oder zum Eigentum. Wenn Altbauten saniert werden, dann werden die Mieten auch saftig erhöht. Nicht selten werden Wohnungen auch gezielt als Kapitalanlage beworben, womit die Absicht der Investoren und Eigentümer klar wird: Nämlich Profit durch hohe und weiter steigende Mieten.
Vor allem in der Neckarstadt kam es in den vergangenen Jahren schon oft zur Verdrängung alteingesessener Mieter*innen. Die Gentrifizierung ist hier nicht mehr zu leugnen. In der Neckarstadt-West und im Jungbusch besitzt ein Privatinvestor über eine beachtliche Zahl an Häusern und beeinflusst dadurch die Mietpreisentwicklung in diesen beiden Stadtteilen. Auch wenn die offizielle Mietpreissteigerung in der Neckarstadt-West leicht unter dem gesamtstädtischen Durchschnitt liegt, ist das kein Anzeichen zur Beruhigung: Die Mannheimer Wohnungsbaugesellschaft GBG wirkt mietpreisdämpfend, da sie dort einen überdurchschnittlich großen Anteil des Gesamtwohnungsbestands besitzt. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass die Mieten für private Wohnungen deutlich stärker gestiegen sein dürften als in anderen Stadtteilen. Auf dem freien Wohnungsmarkt steigen die Mieten also drastisch an. Menschen, die sich diese Mieten nicht mehr leisten können, werden unfreiwillig aus dem Stadtteil gedrängt.
Aber nicht nur in der Neckarstadt sind Privatinvestoren zugange, die Häuser als Kapitalanlage nutzen: Auch im Stadtteil Schönau wurden vor zwei Monaten 17 Mehrfamilienhäuser mit insgesamt über 130 Wohnungen an einen Immobilienfonds verkauft. Dieser wirbt damit, „Wohnimmobilien mit hohem Wertsteigerungspotenzial“ zu erwerben und „relevante Wertsteigerungshebel“ ansetzt. Dass es hier also bald zu Mieterhöhungen kommen wird, liegt auf der Hand.
Seit nun gut einem Jahr gilt in Mannheim auch die Mietpreisbremse. Dadurch dürfen Mieten nicht mehr in dem Maße erhöht werden, was üblicherweise rechtmäßig wäre. Doch die Mietpreisbremse hat viele Schlupflöcher und viele Mieter*innen werden ihre Rechte gar nicht kennen oder haben Angst davor, ihr Recht gegenüber dem Vermieter durchzusetzen. Eine öffentliche Werbekampagne hierfür ist leider ausgeblieben. Somit ist zu befürchten, dass die Mietpreisbremse keinen spürbaren Effekt auf die Mietpreisentwicklung haben wird. Was wir benötigen, wäre also eine wirklich wirksame Mietpreisbremse oder – besser noch – einen Mietendeckel.
In Mannheim hat der Gemeinderat 2017 das 12-Punkte-Programm für bezahlbares Wohnen beschlossen, 2018 dann die Sozialquote von 30 % bei neuen Bebauungsplänen. Beides nur gegen den erbitterten Widerstand von CDU, FDP, ML und AfD. Dieses 12-Punkte-Programm wird in den kommenden Monaten überprüft und ausgewertet. Wir als LINKE bzw. LI.PAR.Tie.-Fraktion werden uns dafür einsetzen, dass beim 12-Punkte-Programm nachgebessert wird: Weiterer Vorrang für gemeinwohlorientierte Bauträger und Wohnprojekte, eine höhere und umfassendere Sozialquote als derzeit und eine stärkeres Eingreifen seitens der Stadt in den Wohnungs- und Bodenmarkt.
Passend hierzu hat der Gemeinderat – auch auf Initiative der LINKEN und ebenfalls gegen den Widerstand der bürgerlichen Parteien – eine neue Grundstücksstrategie beschlossen: Mit dem Mannheimer Bodenfonds sollen für Wohnungsbau und Wohnnutzung geeignete bzw. genutzte Flächen aufgekauft werden, um dadurch mehr Gestaltungsmöglichkeiten auf dem Wohnungsmarkt zu erhalten und Grundstücke dem spekulativen Markt zu entziehen. Die Grundstücke sollen dann grundsätzlich in städtischem Eigentum verbleiben und nur über Erbpacht zur Verfügung gestellt werden: In erster Linie an gemeinwohlorientierte Bauträger und Wohnprojekte oder auch an die städtische GBG. Erst danach kommen Privatinvestoren zum Zug, die das Grundstück allerdings auch nur in Erbpacht erhalten sollen. Klar ist allerdings, dass dieser Bodenfonds auch mit Geld gefüllt werden muss – derzeit speist sich der Bodenfonds noch aus dem Verkauf anderer städtischer Grundstücke. Dies ist aber nicht in unserem Sinne und darf nicht dauerhaft so bleiben. Wir benötigen also kommunale Haushaltsmittel für den Bodenfonds. Denn Wohnungs- und Bodenpolitik ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Eine weiterer Baustein für die Sicherung und Schaffung von preiswertem Wohnraum ist das Ausüben des kommunalen Vorkaufsrechts. Hier ist die Stadt Anfang dieses Jahres erstmals tätig geworden, was wir ausdrücklich unterstützt haben. Es muss aber noch mehr passieren: Das städtische Vorkaufsrecht ist an strikte rechtliche Bedingungen geknüpft. Hier braucht eine Kommune aber mehr Spielraum, um von diesem wichtigen Instrument öfter Gebrauch machen zu können. Eine Anpassung des BauGB auf Bundesebene ist also dringend notwendig. Zudem muss gesichert werden, dass die Stadt die Grundstücke zum Verkehrswert erwerben kann – und nicht den Marktpreis zahlen muss, der gerne dreimal so hoch sein kann.
Ebenfalls auf Bundesebene angepackt werden muss die neue Wohnungsgemeinnützigkeit: Die städtische GBG muss wie jede andere private Wohnungsbaugesellschaft auf dem freien Markt agieren. Sie hat keinerlei Vergünstigungen oder Steuervorteile, obwohl ihr Zweck die Bereitstellung von preiswertem Wohnraum ist. Die Wohnungsgemeinnützigkeit wurde 1989 von der damals schwarz-gelben Bundesregierung abgeschafft und seitdem nicht wieder eingeführt. Wir brauchen aber angesichts der gravierenden Fehlentwicklungen auf dem Wohnungsmarkt wieder eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit und eine Stärkung des sozialen und genossenschaftlichen Wohnungsbaus. Nur so kann den Privatinvestoren etwas entgegengesetzt werden und Wohnraum für breite Schichten gesichert werden.
Es wird also deutlich, dass wir auf kommunaler Ebene einiges angestoßen haben und noch viel mehr tun müssen, um preiswerten Wohnraum zu erhalten und neu zu schaffen. Hierfür wird sich DIE LINKE im Gemeinderat weiterhin einsetzen. Es braucht aber auch ein Umdenken und die entsprechende Weichenstellungen auf Bundesebene: Denn dort werden die Grundlagen festgelegt, die uns als Kommune die entsprechenden Maßnahmen vor Ort ermöglichen. Das wird aber nur mit einer starken LINKEN im nächsten Bundestag gehen.