Soli-Aktion an der UMM: Pflege und Krankenhausbeschäftigte noch immer am Limit
Die Unikliniken in Mainz und Saarbrücken haben es vorgemacht, andere zogen und ziehen nach. Unter dem Motto: Wir retten euch, wer rettet uns? demonstrieren am 9. Oktober in Berlin über 2.000 Beschäftigte insbesondere aus der Pflege. Die Organisatoren der Demo fordern das Einschreiten der Berliner Landespolitik im Tarifstreit auch mit den Tochterfirmen des Klinik Konzerns Vivantes.
Die Forderung: Ein Tarifvertrag für die Entlastung des Personals. Zudem die Reintegration der zu Billigtarifen ausgelagerten Tochtergesellschaften.
Nun haben die Verhandlungspartner ein Eckpunkte Papier unterzeichnet.
Pflegekräfte kündigen
Am 8.10. sendet die Hessenschau unter der Überschrift „Viele Pflegekräfte schmeißen hin“ einen Radiobeitrag. Grund für die fast vollständige arbeitnehmerseitige Kündigung einer chirurgischen Station sind die Arbeitsbedingungen.
Im Landkreis Sigmaringen haben die Pflegekräfte die Faxen dicke und verhandeln einen Tarifvertrag zur Entlastung und für mehr Personal. Gleichzeitig gründet sich dort am 5.10. durch die drohende Schließung von 2 Standorten ein Krankenhaus Bündnis.
Am 3. Oktober berichtet RTL von einer Hamburger Intensivstation unter dem Titel: „Patienten liegen in eigenen Fäkalien“. Pflegekräfte sind es, die auf die dortigen Zustände hinweisen.
Insgesamt mehren sich Presseberichte, wonach den deutschen Krankenhäusern eine Kündigungswelle von Pflegepersonal, ausgelöst insbesondere durch die Belastung durch Corona, droht.
Die Liste der Negativschlagzeilen sein ließe sich lange fortsetzen. Wenn die Politik nicht schnell reagiert, verbindliche Personalvorgaben einführt und mit dazu beiträgt, die Krankenhausberufe auch finanziell attraktiver zu machen, ist nur schwer abzusehen, wohin der Weg führt.
Auch in Mannheim klemmt es gewaltig
Auch in der Universitätsklinik Mannheim ist die Belastung nach wie vor hoch. In einem gerade veröffentlichen Vergleich des INEK Institutes schneidet die Universitätsklinik Mannheim in Bezug auf das Verhältnis von Pflegekraft zu einem durchschnittlich schwer erkrankten Patientenfall nicht besonders gut ab. In der Auflistung landet die Uniklinik Mannheim im schlechteren Drittel. Auch im Vergleich mit den anderen Unikliniken liegt Mannheim bei den etwa 60 aufgeführten Kliniken nur auf Platz 50. und das, obwohl die engagierte Pflegedirektorin alles versucht, um Personal gerade im pflegerischen Bereich aufzustocken. Auch wenn die Zahlen nicht zuletzt durch Corona vielleicht einen Teil ihrer Aussagekraft verlieren, so ist die Tendenz eindeutig zu erkennen.
Auch in Mannheim arbeiten über 800 Beschäftigte in einer ausgelagerten Servicegesellschaft. In Heidelberg über 2.000. Ziel solcher Auslagerungen ist es, am Personal noch mehr zu sparen. Die Beschäftigten dort verdienen bis zu 40 % weniger als dies im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes der Fall wäre. Die Krankenhauslandschaft ist über weite Teile zu einem Niedriglohnsektor verkommen.
Weder die Politik, noch die Einrichtung von Pflegekammern, auch nicht noch so engagierte Betriebs- oder Personalräte oder einzelne Gewerkschafter werden die Probleme der Krankenhäuser lösen können. Dies wird, wie in Berlin nur durch den Druck der Beschäftigten gehen.
In Berlin Eckpunktepapier erkämpft
Die Berliner Kolleginnen und Kollegen waren für ihre Streiks immer wieder auch in die Kritik geraten. Der eigentliche Skandal ist aber nicht, dass im Gesundheitswesen gestreikt wird, sondern dass Beschäftigte für bessere Arbeitsbedingungen, die sie nicht krank machen, auf die Straße gehen müssen. Das gibt es in keiner anderen Branche. Vielleicht auch bald in Mannheim?
Am 4.10. rief die Gewerkschaft ver.di zu einer kleinen Solidaritätsaktion für die Streikenden in Berlin auf. Mannheim reihte sich damit in eine Vielzahl kleinerer Aktionen ein. Sicherlich hat auch unsere Aktion und der so entstandene öffentliche Druck dazu beigetragen, dass nun ein Eckpunkte Papier in Berlin zur Entlastung der Beschäftigten unterzeichnet ist.
Bernd Gräf, 12.10.2021