Bürgergeld – Bewertung durch einen Betroffenen
Eine Bewertung zum gerade verabschiedeten Bürgergeld, das zum 1. Januar 2023 in Kraft treten soll, von einer Person, die in etwa zwei Jahren einen Rentenantrag stellen wird
Um das zukünftige Bürgergeld einordnen zu können, ist der Blick in die Vergangenheit sehr von Vorteil. Das Bürgergeld soll, falls man aus welchen Gründen auch immer erwerbslos geworden ist, nach dem Arbeitslosengeldbezug die weitere Grundsicherung für erwerbslose Menschen darstellen, insofern kein Arbeitsplatz gefunden werden konnte.
Nach Grundüberzeugung der gegenwärtigen Bundesregierung tut es das. Dabei wurde der Regelsatz an sich nicht erhöht. Die Erhöhung um 53 Euro im Monat ist alleine der Teuerungsrate des jetzigen und vergangenen Jahres geschuldet. Sonst nichts. Und auch diese Erhöhung erfolgt nur, weil das Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung dazu gezwungen hat. Ansonsten wäre da auch nichts passiert.
Der Regelsatz an sich von bisher 449 Euro/Monat und zukünftig 502 Euro pro Einzelperson müsste schon längst angepasst worden sein. Auch das Bundesverfassungsgericht mahnt das an; allein die Bundesregierungen rechnen die zur Existenz notwendigen Gelder richtig klein. Unter Sozialpolitik versteht man eigentlich, dass jedem Menschen ein Leben in Würde zugestanden wird. Nicht so unter den Regierungen seit Dr. Helmut Kohl.
Die Arbeitslosenversicherung war mal eine gute Absicherung. Sowohl 1967 bei der ersten größeren Erwerbslosigkeit in der Bundesrepublik wie auch 1974 bei der Ölkrise und dem daraufhin erfolgten wirtschaftlichen Einbruch stellte sie ein gutes Auffangbecken dar, da Arbeitskräfte im Anschluss, nach dem Abschwung, wieder gesucht waren. Das Problem änderte sich erst mit der ersten Million an Erwerbslosen im Jahre 1980, diese Millionengrenze wurde nie mehr unterschritten. Auch fanden immer mehr Menschen, trotz guter Ausbildung, innerhalb eines Jahres keinen neuen Arbeitsplatz. Es musste dann die Arbeitslosenhilfe in Anspruch genommen werden. Das war insofern nicht ganz so schlimm, da sich der errechnete Satz, (das waren mal 68 Prozent vom letzten Nettoeinkommen, zuletzt aber nur noch 53 Prozent,) eben am Erwerbseinkommen orientierte. Je mehr Einkommen ein/e Erwerbstätige/r hatte, desto mehr hatte er/sie an Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe.
Mal von der Absenkung der Prozentsätze abgesehen, galt dies bis zum Ende der Regierungszeit von Dr. Helmut Kohl. Dass zwischenzeitlich der Einstieg in die Zeitarbeit und damit vermehrte Zeiten der Arbeitslosigkeit mit Hilfe des DGB erfolgt ist, sei hier nur am Rande erwähnt.
Was sich neben der Langzeiterwerbslosigkeit von zuvor Beschäftigten verfestigte, war die Nichtbeschäftigung und komplett unzureichende Förderung von Menschen ohne Schulabschluss oder mit anderen „Hemmnissen“, die dann in der Sozialhilfe landeten und von Arbeitgeberseite aus komplett abgeschrieben wurden.
Mit der Einführung der Hartz-Gesetze, und insbesondere Hartz IV, waren folgende Grundgedanken verbunden:
Man wollte einerseits die Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe auf eine gemeinsame Stufe stellen. Das tat man dann auch. Der Arbeitslosenhilfe-Bezug war fortan nicht mehr nach dem vorherigen Einkommen als Richtgröße bemessen. Zudem wurden ehemalige ArbeitslosenhilfebezieherInnen auf das niedrigere Niveau der Sozialhilfe zurückgestuft. Gemeinsam mit der Sozialhilfe wurde nun der neue Begriff „Arbeitslosengeld 2“ daraus. Also eine Mindestsicherung auf niederem Niveau.
Es war aber noch nicht einmal die Angleichung auf Sozialhilfeniveau, denn im Gegensatz zur ehemaligen Sozialhilfe gab es ab sofort keine einmaligen Beihilfen mehr. Ein Beispiel: War nach einigen Jahren ein Bett kaputt gegangen, eine Matratze durchgelegen oder ein Herd oder Kühlschrank nicht mehr funktionsfähig, so konnte man Ersatz beantragen, der in aller Regel auch bewilligt wurde. All das wurde mit der Einführung von Hartz IV im Jahre 2005 abgeschafft. Der damalige Regelsatz von 350 Euro/Monat war schon ein schlechter Witz. Die 502 Euro ab 1. Januar 2023 sind es immer noch.
Andererseits wollte man einen Niedriglohnsektor einführen, was auch sichtbar erfolgte. Dass die Bundesregierung dies als Erfolg verkauft, liegt ja wohl auch daran, dass die Protagonisten der Einführung von Hartz IV und jetzt beim Bürgergeld immer noch politisch an der Spitze stehen, sei es der heutige Bundeskanzler Scholz oder auch der heutige Bundespräsident Steinmeier, die damals eine tragende Rolle spielten. Die Grünen und die FDP haben mit finanziell armen Menschen eh nichts am Hut. Die CDU hätte ja liebend gern schon unter der Ägide von Dr. Helmut Kohl die Hartz-Gesetze eingeführt, da zierte sich aber noch die SPD. Bis Schröder.
Andreas Ullrich (BBR Schwetzingerstadt / Oststadt DIE LINKE)