Das Thema Frieden auf der BUGA
Heiß, heißer, Krieg?!
Nützt die BUGA dem Frieden und der Nachhaltigkeit?
Ständig berichten Medien über steigende Temperaturen und neue Hitzerekorde. Auch bei uns beeinträchtigen die Wetterextreme die Gesundheit (mehr Hitzetote) und Geduld vieler Menschen. Waldbrände gibt es nicht nur in Mittelmeerländern sondern auch in Brandenburg, wo unlängst das Feuer durch die Munitionsreste auf dem Areal des ehemaligen Truppenübungsplatz angefacht wurde. Auf einem Truppenübungsplatz in Niedersachsen schwelte ein Moorbrand wochenlang und vernichtete ökologisch wertvolle Moorflächen.
Was hat das bitte schön mit der Buga und dem Frieden zu tun?
Dem Förderverein für Frieden, Abrüstung und internationale Zusammenarbeit war es wichtig, als Partner der Buga die „Ausstellung FRIEDENSKLIMA! 17 Ziele für Gerechtigkeit und Frieden“ auf der Buga vielen tausend von Besucher:innen präsentieren zu können. Sie erklärt die UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) der Agenda 2030 und macht deutlich, dass neben dem persönlichen Konsum- und der Lebensstil auch strukturelle Faktoren wie Steuersystem und Wirtschaftssystem eine Rolle spielen. Man denke nur an die Höhe des Spitzensteuersatzes bei der Einkommensteuer und an andere Steuern, beispielsweise die Vermögenssteuer, die zu weniger oder mehr Steuereinnahmen führen. Sind sie gering, steht weniger Geld zur Verfügung um die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich anzugehen und etwa die Kinderarmut zu reduzieren. Eine Regierung, die nicht gegensteuert, nimmt das SDG-Ziel „Keine Armut“ nicht ernst, und auch nicht die SDG-Ziele „Gesundheit und Wohlergehen“ oder „Kein Hunger“ sowie „Hochwertige Bildung“.
Umwelt- und Naturschutzverbände halten der Buga vor, dass sie zu wenig nachhaltig ist. Auch wenn diese Kritik nachvollziehbar ist, beteiligen wir uns an der Buga, weil wir sehr vielen Menschen verdeutlichen können, dass Waffenproduktion und Waffeneinsatz das Klima in jeder Hinsicht aufheizt und Nachhaltigkeit untergräbt.
Wir nicht spekulieren, ob wir vor oder mitten im kalten Krieg sind und wie wahrscheinlich ein Welt- oder Atomkrieg ist. Für wichtig halten wir es, viele Menschen darin bestärken, die vielfältigen Möglichkeiten politischen Engagements gemäß ihrer Lebensumstände. Gelebte Demokratie bedeutet, von der Politik zivile und nichtmilitärische Formen der Krisenbewältigung zu fordern und heiße Krieg, ob in der Ukraine oder anderen Ländern durch Diplomatie, Waffenstillstand, und Friedensverhandlungen und -abkommen zu stoppen. Das rettet Menschenleben direkt weil sie nicht wegen Hunger sterben. Ohne Rüstung lässt sich das SDG-Ziel „Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen“ besser realisieren und die Kindersterblichkeit sinkt. Indirekt werden Menschen gerettet, weil das SDG-Ziel „Maßnahmen zum Klimaschutz“ umgesetzt werden kann.
Bäume statt Lagerhallen für die Kriegslogistik
Die Friedensbewegung in Mannheim hat sich viele Jahre für Alternativen zu einer militärischen Sicherheitspolitik eingesetzt und gegen Kriege, die für die ungebremste Einfuhr von fossilen Energieträgern geführt wurden. Und natürlich wurde die Konversion von Bundeswehr- und US-Kasernen gefordert und ihr Nutzen hervorgehoben. In den Spinelli Barracks wurden Panzer gewartet und Lagerhallen dienten der Logistik für die Kriege auf dem Balkan und im Irak und Afghanistan. Wenn auf dem Gelände heute viele Bäume stehen, können die Stadtbewohner:innen darüber erfreut sein, insbesondere jene in der Innenstadt. Die Zufuhr von frischer Luft durch die Schließung der Grünzug Nordost ist nun verbessert.
Auf der 210 Hektar großen Coleman-Kaserne nehmen Panzer und Militär-Lkws viel Platz ein und verschärfen die Erwärmung auch dadurch, weil sie immer wieder zu Manövern nach Polen oder die baltischen Nato-Länder transportiert und genutzt werden. Wir haben die eigentliche Ausstellung um eine Säule (Stele) ergänzt, die darstellt wir sehr das Militär die Stadt belastet hat und welche Vorteile die Konversion den Bürger:innen gebracht hat.
Frieden, Gerechtigkeit, starke Institutionen
So lautet der Titel des (noch?) zu wenig bekannten SDG-Ziel Nummer 16. Auf dessen Bedeutung weisen wir die vielen Besucher:innen immer wieder hin und es ergeben sich interessante und motivierende Gespräche. Anders als in der Fußgängerzone ist die Gesprächsbereitschaft und Aufgeschlossenheit der Leute größer. Viele lehnen die mit der militärischen Sicherheitspolitik verbundene Aufrüstung und Militarisierung ab, wehren sich aber nicht dagegen. Sie lassen sich von der einseitigen Darstellung lähmen, dass nur Aufrüstung und Waffenlieferungen Putin stoppen könne und die Ukraine den Krieg gewinnen müsse.
Als Alternative zur Kriegslogik weisen dann auf die konkreten Ausarbeitungen der Initiative „Sicherheit neu denken“ hin. Sie fordert eine zivile Sicherheitspolitik, d. h. eine Friedens- und Außenpolitik ohne Militär die durch konkrete Maßnahmen in fünf Politikfeldern (Säulen) Schritt für Schritt umgesetzt wird. Dazu gehört u. a. die Konversion von Rüstungsunternehmen und Kasernen, mehr demokratische Beteiligungsmöglichkeiten (resiliente Demokratie), nachhaltige Entwicklung und gerechte Wirtschaftsbeziehung mit dem Globalen Süden durch faire Abkommen. Es geht also um das SDG-Ziel „weniger Ungleichheit“, das darauf zielt, die Ressourcen und (Über)Lebenschancen in vielen Industrieländern zu verbessern, und die extreme Ungleichheit zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden zu überwinden.
Über diese Zusammenhänge informiert Stephan Brües am 21. Juli in seinem Vortrag „Jetzt erst recht: Zivile Sicherheitspolitik!“ um 19 Uhr im Friedensbüro Mannheim in der Speyerer Str. 14 und auch um 15 Uhr im Buga Campuspavillon. Er ist Ko-Vorsitzender vom Bund für Soziale Verteidigung, einer Friedensorganisation mit viel Expertise und guten Analysen bezüglich gewaltfreier Konfliktbearbeitung.
Engagement für (betriebliche) Demokratie und gegen nationalistische und rechte Ideologie
Waffenlieferungen und der Aus- und Aufbau von Anlagen zur Produktion von Waffen und Munition wird auch damit gerechtfertigt, dass es beim Ukraine-Krieg um die Verteidigung unsere westlichen Werte gehe. Doch die Geschichte lehrt, dass Abschreckung nicht nachhaltig ist und dass mehr Waffen und Soldaten Krieg verlängern, siehe Afghanistan, Mali, Jemen oder Libyen. Es geht auch darum, den Einfluss von nationalistischen und rechtsradikalen Einstellungen und deren Organisationen zurückzudrängen., weil sie die Gesellschaft spalten und gerechte Lösungen verhindern.
Zu den vielbeschworenen und zu schützenden Werten darf es nicht darum gehen, die Privilegien der (extrem) Reich zu unangetastet zu lassen. Gegen deren Interessen müssen Steuergerechtigkeit und die Verhinderung von Steuerflucht erreicht werden. Demokratie ist ein wichtiger Wert. Konkret bedeutet das, dass mehr Bürger:innen Grundrechte wie Meinungsfreiheit, Demonstrations- und Streikrecht nutzten müssen. Dazu gehört auch die Demokratie im Betrieb durch die Nutzung von Mitbestimmung wahrzunehmen und auszubauen und Betriebs- und Personalräte zu wählen.
Politische Bildung – ein wichtiges Ziel
Zum SDG-Ziel „hochwertige Bildung“ gehört die politische Bildung, weswegen der Förderverein Frieden Vorträge in und außerhalb der Buga anbietet zusammen mit DFG-VK und dem Friedensbündnis Mannheim. Zusätzlich wird an der Ausstellung FRIEDENSKLIMA auch Informationsmaterialien ausgelegt etwa der Flyer „Werde Friedensmentor*in bei Peace for Future.“
Das ist ein Kursangebot für 16-28-Jährige (in Mannheim vom 21.-24. September) bei dem vermittelt wird, wie Frieden und Konflikte entstehen, welche Auswirkungen sie haben und was auf gesellschaftlicher und politischer Ebene getan werden kann. Und es geht darum, mit Krisen, Stress und Unsicherheiten umzugehen und wie man zum gemeinschaftlichen Wandel beizutragen kann.
Am 27. Juli 2023 ist die Bildungskoordinatorin und Friedens- und Konfliktforscherin Theresa Hirn um 19 Uhr im Ökumenischen Bildungszentrum Sanctclara um 14 Uhr im Buga Campuspavillon. Sie engagiert sich bei Peace for Future, einem Netzwerk junger Menschen, die sich für eine zukunftsfähige Welt mit einer gemeinschaftlichen Friedenskultur einsetzt und die Friedensmentor*innen-Kurse durchführt. Sie stellt die Frage Frieden für die Zukunft – ent- oder gerüstet? und bringt gemäß dem Motto „Peace for Future – Putting Peace into Action“ Menschen verschiedener Generationen (spielerisch) in Kontakt.
Das ForumZFD – eine Errungenschaft der Friedensbewegung
Das Forum Ziviler Friedensdienst (forumZFD) ist eine Errungenschaft der Friedensbewegung, denn sie bildet Friedensfachkräfte aus, die weltweit in Konfliktregionen ohne Waffen Methoden der gewaltfreien Konfliktbearbeitung einsetzen. Darüber berichtet Hannah Sanders vom forumZFD am jetzt am 23 Juli um 19 Uhr im Haus der Jugend in C2. Unterstützt wird sie von Jochen Winter, der als Friedensfachkraft in palästinensischen Beit Jala gearbeitet hat und heute in der Flüchtlingsbetreuung in Heidelberg tätig ist.
Das forumZFD weist darauf hin, dass die Klimakrise eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist. Die Auswirkungen auf Mensch und Natur, auf Gesellschaft, Wirtschaft und Politik werden vielerorts gravierend sein, so dass Konflikte programmiert sind. Dort, wo es ohnehin schon brennt, kann der Klimawandel zum Brandbeschleuniger werden. Doch nicht die Konflikte sind das Problem, sondern die Art, damit umzugehen. Auf dem Weg durch die Klimakrise hilft Zivile Konfliktbearbeitung dabei, die Weichen frühzeitig auf Kooperation zu stellen. Sie legt somit einen Grundstein für die gemeinsame, gerechte und friedliche Bewältigung der Klimakrise.
Otto Reger, DFG-VK-Gruppe MA-LU