Mannheimer Komitee „Solidarität gegen Betriebsrats-Mobbing!“ übergibt in Berlin Unterschriften an den Arbeitsminister
Berlin: Protest gegen Betriebsrats-Mobbing vor der BDA-Zentrale im Haus der Deutschen Wirtschaft. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil nimmt Unterschriften zum Betriebsrats-Mobbing bei ProMinent, dem Betrieb des Arbeitgeberpräsidenten, entgegen.
„Bei ProMinent wird offensichtlich BR-Mobbing nach Drehbuch betrieben: mit Gerüchten, Abmahnungen, Klagen und der Unterstützung von arbeitgebernahen Gegenkandidaten bei den letzten Betriebsratswahlen werden die meisten Angehörigen einer Betriebsratsliste aus dem Betrieb gedrängt, die sich jahrelang für die Interessen der Kolleginnen und Kollegen in ihrem Betrieb eingesetzt haben. Einige von ihnen sind während des langjährigen Konflikts psychisch schwer erkrankt und müssen sich stationär behandeln lassen. Dass möglicherweise sogar der Repräsentant einer Arbeitgebervereinigung nicht davor zurückschreckt, mit rechtlich fragwürdigen Mitteln systematisch gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorzugehen und deren geistige und körperliche Gesundheit aufs Spiel zu setzen, ist ein Alarmzeichen.“ (Günter Wallraff, 15.03.2023.)
Wohin mit den Unterschriften des Offenen Briefs von Günter Wallraff zum Betriebsrats-Mobbing beim Heidelberger Dosieranlagenhersteller ProMinent, dessen Miteigentümer der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Rainer Dulger, ist?
Das fragten sich lange Zeit die Unterstützer des Offenen Briefes, der auch die Umsetzung des Koalitionsvertrages einfordert: Dort ist angekündigt, den § 119 Betriebsverfassungsgesetz von einem Antrags- zu einem Offizialdelikt aufzuwerten. Dieser Paragraph stellt die Be- und Verhinderung von Betriebsratsarbeit unter Strafe. Bei einer Aufwertung müssten die Staatsanwaltschaften von sich aus gegen Arbeitgeber ermitteln, sobald ihnen ein Fall bekannt wird. Bisher müssen Betriebsräte oder Gewerkschaften Anzeige erstatten, was viel zu selten erfolgt, weil viele Betriebsräte diesen Schritt nicht wagen. Das Bundesarbeitsministerium ist für die Regelung solcher Fragen federführend zuständig, deshalb sollten die Unterschriften an den zuständigen Minister Hubertus Heil (SPD) übergeben werden.
Knapp 3.000 Unterschriften waren zusammengekommen. Dabei handelt es sich nicht um zufällig eingesammelte Unterschriften. Ganze Betriebsratsgremien haben den Brief gemeinsam diskutiert und unterzeichnet, außerdem zahlreiche bekannte Gewerkschafter wie Jürgen Peters, der ehemalige 1. Vorsitzende der IG Metall, Jürgen Kerner, heute 2. Vorsitzender derselben Gewerkschaft, und der renommierte Arbeitsrechtler Wolfgang Däubler.
Mehrere Anläufe der Initiatoren des Briefes, das Mannheimer Komitee „Solidarität gegen Betriebsrats-Mobbing!“, Work Watch e.V. und die Anlaufstelle Union Busting beim IG Metall-Vorstand, scheiterten zunächst am Unwillen von Mitarbeiter:innen des Arbeitsministeriums. Dank der Unterstützung durch den Vorstand der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeit (AfA) ergab sich dann doch noch die Gelegenheit, auf dem Bundeskongress der AfA am 4. Mai in Berlin die Unterschriften an den Arbeitsminister zu übergeben.
Nach seinem Redebeitrag stand Hubertus Heil Vertretern des Mannheimer Komitees und von Work Watch zum Austausch zur Verfügung, die die durch das Mobbing erkrankten Betriebsräte von ProMinent vertraten. Der Bundesarbeitsminister sagte zu, wegen des Betriebsrats-Mobbings das Gespräch mit Rainer Dulger zu suchen und die davon Betroffenen sowie die Unterstützer des Offenen Briefes über das Ergebnis des Gesprächs zu informieren. Außerdem kündigte er an, noch vor Ende der Legislaturperiode die Initiative zur Aufwertung des § 119 BetrVG in Angriff zu nehmen.
Zuvor hatten mehrere Betriebsräte und Gewerkschafter:innen vor dem Haus der Deutschen Wirtschaft in der Hauptstadt eine Protestaktion durchgeführt. Sie wiesen darauf hin, dass dort mit der BDA, dem BDI und der DIHK die Organisationen sitzen, die kein Interesse an einem aufgewerteten § 119 haben. Denn dann würden sich unter anderem auch die Verantwortlichen für das Betriebsrats-Mobbing bei ProMinent der realen Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung aussetzen.
Pressemitteilung – Wolfgang Alles, Komitee „Solidarität gegen Betriebsrats-Mobbing!“