Landesregierung: Mannheim bis auf Weiteres ohne Mietpreisbremse. Jetzt hilft nur noch eine Klage der Stadt Mannheim

Die Schleusen für einen deutlichen Schub an Mieterhöhungen sind in Mannheim geöffnet. Das Kabinett in Stuttgart hat in seiner jüngsten Kabinettssitzung beschlossen, die Landesverordnung zur Mietpreisbremse und die neue Gebietskulisse ihres Geltungsbereichs unverändert zu lassen. Lediglich die Gültigkeitsdauer wurde von vier Jahren auf ein Jahr reduziert. Diesen Kompromiss hätten die Grünen gegen die Fachministerin Razavi (CDU) erstritten. Der neue im März 2026 zu wählende Landtag könne dann ja für die restlichen drei Jahre eine neue Landesverordnung verabschieden und die Gebietskulisse ändern. Aber auch folgende Möglichkeit ist dadurch gegeben: Je nach Wahlausgang könnte eine noch rechtere Landesregierung für Baden-Württemberg auf das Instrument der Mietpreisbremse ganz verzichten. Die CDU, von Ministerin Razavi bis zum Mannheimer CDU-Oberbürgermeister Specht, hält dies Instrument ohnehin für einen nach Möglichkeit zu vermeidenden und nur temporär anwendbaren „Grundrechtseingriff“. Gemeint ist wohl Art. 14 Absatz 1 GG: „Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet“. Wie immer in diesen Kreisen entfällt das Gebot in Absatz 2: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“.

Am 4. November fand auf Drängen der Grünen eine erweiterte „Expertenanhörung“ der Bürgermeister der betroffenen Kommunen statt, auf der auch der Gutachter präsent war. OB Christian Specht vertrat dort die Stadt Mannheim. Gegenüber dem Kommunalinfo erklärte Stadtsprecher Dirk Schumann: „Oberbürgermeister Specht (hat sich) mit Nachdruck dafür eingesetzt, dass Mannheim auch weiterhin als Stadt mit angespanntem Wohnungsmarkt eingestuft wird und dass die Wohnraumförderung des Landes weiter fortgesetzt und ausgeweitet wird.“ Auf die Frage, ob der OB juristische Schritte gegen die Feststellungen des Gutachtens zur Gebietskulisse befürworte, teilte Schumann am 1.12. mit: „Die Entscheidung über das weitere Vorgehen liegt nun bei der Landesregierung. Die Stadt Mannheim wird das weitere, ggf. auch juristische, Vorgehen dann abwägen. Die Stadt Mannheim hofft, auf Basis einer verbesserten Datenqualität im Gutachten doch noch in die Gebietskulisse aufgenommen zu werden, so dass die Mietpreisbremse in Mannheim auch weiterhin gilt.“ Jetzt liegt die Kabinettsentscheidung auf dem Tisch ohne jede inhaltliche Korrektur.

Was nun, Herr Specht?

Die Stadt Mannheim sandte nach der Anhörung vom 4.11. am 10.11. eine „Stellungnahme der Stadt Mannheim zur „Anhörung zur Mietpreisbegrenzungsverordnung und Kappungsgrenzen- und Kündigungssperrfristverordnung BW“ nach Stuttgart. In dieser hat der zuständige Fachbereich akribisch die sachlichen Fehler im Gutachten der Landesregierung dargelegt:

Der Tenor lautet „Nicht nachvollziehbare Zahlen, inkonsistentes Vorgehen“. Sowohl die Datengrundlage für die vier Indikatoren der Landesverordnung wie deren Operationalisierung und Interpretation werden auch im Vergleich zu den beiden vorausgehenden Gutachten aus 2015 und 2020 als stark fehlerhaft eingestuft. Die verwendeten grundlegenden Zahlen von Wohnungen und Haushalten werden mit guten Begründungen in Frage gestellt, und somit auch die Ergebnisse.

Nun ist es höchste Zeit, dass die Stadt Mannheim die notwendige Konsequenz zieht und juristische Maßnahmen ergreift, damit die neue Gebietskulisse der am 1.1.26 in Kraft tretenden Verlängerung der Gültigkeit der Mietbremsen-Verordnung korrigiert wird. Dieser Schritt, der gemeinsam mit Konstanz gegangen werden kann, tangiert in keiner Weise die Rechte und Interessen der anderen Kommunen in Baden-Württemberg. Er muss deshalb getan werden. Der Städtetag Baden-Württemberg und die SPD-Landtagsfraktion haben sich ebenfalls sehr kritisch zu dem jetzt vorliegenden „Kompromiss“ geäußert. Der Oberbürgermeister muss sich entscheiden zwischen parteilicher Loyalität gegenüber der CDU-Ministerin und den grundlegenden Interessen der großen Mehrheit der Mannheimer Bevölkerung.

Es geht um sehr viel!

So, wie die jetzige Situation ist, passiert ab 1.1.26 Folgendes:

  • Bestehende Mieten können insgesamt um bis zu 20% innerhalb drei Jahren erhöht werden, soweit sie nicht über den Mietspiegelwert kommen. Bisher lag die Grenze bei 15% in drei Jahren. Ein 5%-Sprung ist also jederzeit möglich.
  • Neue Mietverträge können „frei vereinbart“ werden. Die 10%-Grenze über dem Mietspiegel gilt nicht mehr.
  • Mieter*innen einer in eine Eigentumswohnung umgewandelten Wohnung können bereits nach drei statt nach fünf Jahren vom Eigentümer gekündigt werden.
  • Auch die Zweckentfremdungssatzung wird ein stumpfes Schwert, wenn die Angespanntheit des Mietwohnungsmarktes geleugnet wird.

Eine Konsequenz jeder zeitlichen Lücke in der Gültigkeit der Mietpreisbremse in Mannheim sind die Rückwirkungen der Mieterhöhungen auf den Mietspiegel, die sich bereits beim Mietspiegel 2027/28 auswirken können. Bekanntlich ist die Mietspiegelmiete auch der Basiswert für die Sozialmieten und für die Feststellung von „überhöhten“ und von „Wuchermieten“ (20 bzw. 50% über Mietspiegel).

Dringendes Thema für den Landtagswahlkampf

Der SWR kommentiert am 11.12. den jetzigen „Kompromiss“: „Drei Monate vor der Landtagswahl wollen Grüne als auch CDU vermeiden, dass die Mieten zum Wahlkampfthema werden.“ Dieser Traum wird – dafür sorgt auf jeden Fall Die Linke – nicht in Erfüllung gehen. So lange kein Mietendeckel bundesweit durchgesetzt ist, wird um die Mietpreisbremse in Baden-Württemberg zu kämpfen sein. Auch dort, wo sie jetzt noch gilt, denn sie gilt nur noch ein Jahr.

Die Mietspiegel- und Mietwucher-App der Linken, die nun auch für Mannheim freigeschaltet ist, kommt da gerade rechtzeitig!

Thomas Trüper

 

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