Das kann wohl nicht wahr sein: Wohnungsversorgungsgrad in Mannheim um 0,36% zu hoch für Mietpreisdeckelung?
ttr – Die Linke hatte im Juli einen Gemeinderats-Antrag gestellt, die Stadt möge darlegen, warum Mannheim nicht zu den 44 Städten und Gemeinden gehört, für die ein „angespannter Wohnungsmarkt“ festgestellt wurde. Dadurch kommen die Mieterinnen und Mieter in Mannheim nicht in den Genuss der spärlichen Schutzmaßnahmen gegen Mietpreissteigerungen des zweiten wohnungspolitischen Maßnahmenpakets der Landesregierung, als da wären: Eine Rechtsverordnung zur Absenkung der allgemeinen Kappungsgrenze für Mieterhöhungen in bestehenden Mietverhältnissen (§ 558 Abs. 3 BGB) als auch eine Rechtsverordnung zur Verlängerung der allgemeinen Kündigungssperrfrist bei Wohnungsumwandlungen (§ 577a Abs. 2 BGB). ln Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten werden Mieterhöhungen in bestehenden Mietverhältnissen dadurch auf 15 Prozent innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren begrenzt, gleichzeitig wird die allgemeine Kündigungssperrfrist bei nachträglichen Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen von drei auf fünf Jahre verlängert.
Inzwischen lüftete die Verwaltung das „Geheimnis“. Wir zitieren auszugsweise aus der Antwort:
ln 44 Städten und Gemeinden werden die vom Land angelegten Voraussetzungen für einen angespannten Wohnungsmarkt erfüllt. Dazu gehören:
- ein Wohnungsversorgungsgrad (Wohnungsbestand gegenüber Zahl der Haushalte) von unter 100 % (Mannheim: 100,35 %) und
- eine Warmmietenbelastungsquote von über 18 % (Mannheim: 23,8 %).
Da nicht beide Voraussetzungen in Mannheim vorliegen, erfüllt die Stadt nicht die vom Land definierte Anforderungen zur Aufnahme in die Gebietskulisse des zweiten wohnungspolitischen Maßnahmenpakets.
Man höre und staune: 0,36% zu hoch soll der Wohnungsversorgungsgrad sein? Wie genau misst das statistische Landesamt eigentlich? Gibt es nicht gerade Zoff zwischen der Mehrheit der baden-württembergischen Kommunen und dem Land wegen des letzten Mikrozensus, der z.B. Mannheim plötzlich über 20.000 Einwohner weniger zumaß?
Der Oberbürgermeister machte nach dieser Mitteilung dann im April geltend, dass das Gesetz auch ermöglicht, nur Teile einer Gemeinde als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt auszuweisen. Er schlug konkret beispielsweise die Neckarstadt-Ost zur Prüfung vor. Das zuständige Ministerium für Finanzen und Wirtschaft (Minister Nils Schmid, SPD) antwortete: „Eine Untergliederung der Daten des Statistischen Landesamtes zum Wohnungsbestand sowie zu der Anzahl der Haushalte bis auf den Stadtteil Neckarstadt-Ost ist nicht möglich, so dass ein stadtteilbezogener Wohnungsversorgungsgrad nicht berechnet werden kann. […]“. Das statistische Landesamt kann also nicht liefern, was das Gesetz vorsieht – basta.
lm Ergebnis bedeutet dies“, so die Verwaltung, „dass sowohl die Rechtsverordnung zur Kappungsgrenze als auch zur Verlängerung der Kündigungssperrfrist in Mannheim keine Anwendung finden können. Ähnlich verhält es sich auch im laufenden Anhörungsverfahren zur Umsetzung der Mietpreisbremse bei der Neuvermietung. Auch hier wurden Wohnungsversorgungsgrad und Warmmietenbelastungsquote zur Identifikation von Städten und Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt herangezogen, wodurch Mannheim erneut nicht Teil der Gebietskulisse ist.“ Immerhin ließ der OB nicht locker: „lm laufenden Anhörungsverfahren hat die Stadt Mannheim ihre Einwände gegenüber dem Land mit Schreiben vom 06.08.2015 geäußert. Eine Antwort dazu steht aus. Die Verwaltung informiert den Gemeinderat sobald eine Antwort des Landes vorliegt. (V374/2015)
Das Ganze schreit nach rechtlicher Überprüfung.