BASF gibt sich immer noch ahnungslos über die Ursachen des Explosionsunglücks vom 17. Oktober
Erst sechs Wochen nach dem Unglück kam am 29.11. eine fünfköpfige Delegation der BASF Ludwigshafen nach Mannheim, um dem für Sicherheit und Ordnung einschließlich Feuerwehrwesen zuständigen Gemeinderatsausschuss Rede und Antwort zu stehen. Man trug minutiös die Geschehnisse nach Ausbruch des ersten Feuers vor und schilderte ausführlich die Rettungsmaßnahmen, an denen ja auch die Mannheimer Feuerwehr beteiligt gewesen war. Es gab nur wenige neue Erkenntnisse.
Die für Kommunikation zuständige Frau Dr. von der Busche-Hünefeld erklärte, es sei schon seit dem 13.10 an der entleerten, gesicherten Polypropylenleitung gearbeitet worden. Aus diese Leitung sei schon ein längeres Teil herausgetrennt gewesen. Die eingesetzte Fremdfirma sei seit 17 Jahren bei der BASF im Einsatz und der Arbeiter, der zum Unfallzeitpunkt an der Stelle tätig gewesen sei, sei auch schon jahrelang mit diesen Arbeiten vertraut. Man habe festgestellt, dass die neben der fraglichen Leitung verlaufende Leitung für Buten-Raffinat angeschnitten wurde und dass dann das brennbare Medium ausgetreten sei und sich durch Funkenflug entzündete habe. Erst beim Eintreffen der Werkfeuerwehr sei es zu einer Explosion gekommen. Hierbei habe sich etwas ereignet, was bei vergleichbaren Vorkommnissen, nämlich Bränden an Rohrbündeln, bundesweit noch niemals festgestellt worden sei: Eine der Rohleitungen habe sich aus den Verankerungen gelöst und sei wie eine Peitsche herumgeschlagen. Die ordnungsgemäß aus 50 m Abstand löschenden und kühlenden drei tödlich verunglückten Feuerwehrleute seien von dieser Leitung erfasst worden.
Die Folgen der Explosion seien für die BASF massiv gewesen und hielten immer noch an: 20 von den über 200 Anlagen mussten abgestellt und 50 gedrosselt werden, weil der Hauptversorgungsstrang für flüssige Rohstoffe unterbrochen ist. Beim Abstellen sei es teilweise zu zusätzlichen Emissionen gekommen.
Man gab sich demütig: „Wir müssen lernen. Wir haben den Anspruch, das sicherste Chemiewerk zu sein.“ Auf gezielte Fragen der Linken, ob und wie die gesetzlichen Bestimmungen der Betriebssicherheitsverordnung eingehalten wurden, kamen Beteuerungen, man überprüfe die Prozesse permanent. Es habe Gefährdungsbeurteilungen gegeben. Auch werde man „fast täglich“ von der Aufsichtsbehörde besucht. Welche Maßnahmen jedoch konkret ergriffen wurden, um Verwechslungen auszuschließen, wie die Kontrolle und Koordination vor Ort erfolgte, warum die Nachbarleitung nicht leer war – darauf gab es keine Antworten. Damit hat die BASF nicht viel dazu beigetragen, das Vertrauen der Bevölkerung wieder aufzubauen.
Eine Woche Später fand in Ludwigshafen eine Bürgerinformation durch Stadt und BASF statt. Den Presseberichten zufolge waren die Fragen zu den Ursachen wohl zahlreich und die Antworten ein klein wenig ausführlicher. Es habe Brandwachen gegeben, es sei ein Koordinator eingesetzt gewesen. Man fragt sich, wie es dann so weit kommen konnte. In Mannheim waren nicht einmal diese Aussagen von der BASF zu hören.
Explosion in Oppau 2014: Grenzenlose Schlamperei
Dass die BASF es mit gesetzlichen Bestimmungen nicht besonders genau nimmt, geht auch aus einer Tatsache hervor, die im Schatten der Explosion vom 17.10.16 vollkommen untergegangen ist: Am 23.10.2014 war es an der gemeinsamen Gaspipeline von Gazprom und BASF in Oppau zu einer verheerenden Explosion gekommen, bei der zwei Bauarbeiter starben und 22 Menschen z.T. schwer verletzt wurden. Am 20.10.16 meldete der Mannheimer Morgen: „Bei den Ermittlungen zur tödlichen Gasexplosion in Ludwigshafen vor fast genau zwei Jahren gibt es neue Erkenntnisse. So sei die Wand der explodierten Gaspipeline an dem geschädigten Rohrabschnitt stellenweise weniger als einen Millimeter dick gewesen, teilte die Staatsanwaltschaft Frankenthal am Donnerstag mit. Ursprünglich habe die Dicke 8,8 Millimeter betragen.“ Und weiter: „Nach Angaben des Leitenden Oberstaatsanwalts Hubert Ströber war die Pipeline 1963/64 ursprünglich für Rohöl errichtet und zwischen 1993 und 1995 zu einer Gashochdruckleitung umgebaut worden. Die Gutachterin gehe davon aus, dass die dünnen Stellen durch Korrosion entstanden seien. Diese sei vermutlich darauf zurückzuführen, dass früher Öl durch die Leitung geflossen sei.“ Die gesetzlichen Bestimmungen sehen bei Gashochdruckleitungen regelmäßige Materialprüfungen vor, wie sie jetzt nach der Explosion mit einem „Radar-Molch“ durchgeführt wurden. Zwischen 1995 und 2014 ist die bedenkliche Erosion der Wanddicke offensichtlich nicht festgestellt oder – ebenso schlimm – einfach ignoriert worden. Bei Bauarbeiten gab es 2014 Druck von außen auf die Röhre und es kam zu der tödlichen Leckage. Die BASF nahm hierzu nicht Stellung. In der Presse herrschte zunächst sogar Verwirrung, weil man die Meldung der Explosion von 2016 zugeordnet hatte. Die BASF braucht noch viel Druck von außen!
Thomas Trüper