Die Kinder-Abschiebungen aus Kitas und Schulen sind in Mannheim kein Einzelfall
Im Artikel „Schockierende Abschiebung in der Neckarstadt-West – Wer ist verantwortlich?“ wird die Frage gestellt, ob die am 10.12. in Mannheim erfolgte Abschiebung von Kindern aus einer Kita und einer Schule (k)ein Einzelfall sei. Der Staatssekretär des baden-württembergischen Innenministeriums Martin Jäger hatte nämlich 2017 behauptet, dass solche Abschiebungen „grundsätzlich auch zukünftig nicht geplant“ seien.
Inzwischen wissen wir, dass die Abschiebung am 10. Dezember kein Einzelfall war. Vielmehr gehören solche Abschiebungen in Baden-Württemberg offensichtlich zur Normalität und stehen damit in Widerspruch zur Aussage des Staatssekretärs.
Auch in Mannheim hat es mindestens in einem zusätzlichen Fall am 28. August 2018 (KIM berichtete) eine solche Abschiebung gegeben.
Auch hier sind die Umstände schockierend und skandalös.
Eine Mutter, gebürtig aus Gambia, wird mit ihren drei Kindern abgeschoben. Der Vater, aus Libyen stammend, wird nicht abgeschoben, da er ein anderes Asylverfahren hat. Mit der Abschiebung wird die Familie auseinandergerissen. Die Familie lebt seit über einem Jahrzehnt in Mannheim. Alle drei Kinder sind in Deutschland geboren und haben die deutsche Staatsbürgerschaft. Sowohl der Elternbeirat als auch die Leitung der Kita Neckarstadt-West bestätigen, dass die Kinder und ihre Eltern bestens integriert gewesen seien. Trotzdem wurden die Kinder von der Polizei aus dem Kindergarten abgeholt.
In einer Pressemitteilung vom 28.08.2018 schreiben die Eltern des Kinderhauses Neckarstadt-West: „Das System muss verändert werden. Wozu sich sonst integrieren, wozu die Sprache lernen, Freundschaften entwickeln, wenn alles umsonst ist. Welchen Anreiz bietet man den Menschen, die aus Not zu uns kommen, wenn sie auch nach Jahren bester Integration, wieder rausgerissen werden?“
Die Eltern haben weiterhin Kontakt zur Mutter der abgeschobenen Familie in Gambia. Eine Geldspende machte es möglich, dass die Familie von einer Baracke in eine 1-Zimmer-Wohnung ziehen konnte. Die Probleme aber bleiben groß. Die Umgebung und die dort gesprochene Sprache Englisch ist den Kindern zum Teil fremd. Es ist kaum zu verstehen, dass diese Abschiebung rechtens gewesen sein soll.
Auch zur Mutter der am 10.12. nach Albanien abgeschobenen Familie gibt es Kontakt. Die Mutter hat sich inzwischen an den baden-württembergischen Flüchtlingsrat gewandt. In einem beeindruckenden Brief schildert sie die Umstände der Abschiebung und die traumatisierende Wirkung auf die Kinder.
In beiden Fällen hätte die Abschiebung von den Behörden nicht durchgeführt werden dürfen. Eltern, Lehrer*innen und Erziehr*innen sind deshalb zu unterstützen, wenn sie die Rückabwicklung der Abschiebungen fordern.
(Roland Schuster)