Nach massiver Kritik: Polizei Mannheim richtet Ermittlungsgruppe ein (Kommentar)
Was war geschehen? Am 15.04.2020 versammelten sich 100 – 250 Personen (je nach Quelle), vornehmlich aus dem rechten Lager und mit dem Reichsbürger-/Verschwörungstheorektiker-Millieu verbandelt vor dem Polizeipräsidium in Heidelberg ein, um trotz und weil, ihre Solidarität mit der abgestürzten Rechtsanwältin Beate Bahner zu zeigen.
Schwacher Staat
So lautet der Titel einer ARD-Dokumentation, die am 06.04.2020 erstmals gesendet wurde.
Genauso schwach wie in der Doku beschrieben, zeigten sich die polizeilichen Nicht-Maßnahmen am 15.04.2020 in Heidelberg. Man lies die „Wir sind das Volk“ skandierende Menschenmenge, in Corona-Zeiten, gewähren. Begründet wurde die Freizügigkeit durch „Deeskalation“ gegenüber einer emotional aufgeheizten Gruppierung. Ich nenne dies „Kapitulation“ vor den vor Ort anwesenden AfD`lern und dem geistig wirren Anhängsel einer noch zugelassenen Rechtsanwältin Beate Bahner. Viele Menschen fanden das Nicht-Handeln der Behörden in diesem Fall für skandalös. Andere jubelten der aus der Psychatrie entlassenen Rechtsanwältin frenetisch zu am vergangenen Mittwoch. In sozialen Netzwerken wird B. Bahner derzeit als Volksverräterin oder gar als VS-Agentin in Grund und Boden geschrieben.
Zurück- oder Vorrudern?
Wenn es nicht schon traurig genug gewesen wäre, biegt die Polizei Mannheim am 18.04.2020 mit einer Pressemitteilung um die Ecke. Zitat:
„Solidaritätsbekundungen vor Polizeigebäude hat
für Teilnehmer Konsequenzen; Polizeipräsidium Mannheim richtet
12-köpfige Ermittlungsgruppe ein
Heidelberg (ots) – Unmittelbar im Nachgang zur Ansammlung auf dem Vorplatz des
Polizeigebäudes in der Römerstraße, bei der rund 150 Personen am Mittwoch, den
15. April 2020 ihre Solidarität mit einer Heidelberger Rechtsanwältin zeigten,
hat das Polizeipräsidium Mannheim reagiert und auf Weisung des
Polizeipräsidenten Andreas Stenger noch am selben Tag unter Leitung des
Dezernats Staatsschutz eine 12-köpfige Ermittlungsgruppe eingerichtet.
Ziel ist es, die Vorgänge aufzuklären und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu
identifizierten, die gegen die Corona-Verordnung verstoßen haben.
In die Ermittlungen sind auch Spezialistinnen und Spezialisten im Bereich der
forensischen Videoauswertung und Kriminaltechniker eingebunden.
Von der Solidaritätsbekundung wurden viele Videoaufzeichnungen in den Medien
öffentlich zugänglich gemacht, die sich bereits in der Auswertung befinden.
Mehrere Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind bereits identifiziert. Konkrete
Ermittlungen gegen sie wurden aufgenommen. …
…Aus Gründen des Deeskalationsprinzips, insbesondere auch um erhöhte
Infektionsrisiken bei Zwangsmaßnahmen mit direkten Körperkontakten zu vermeiden,
sowie mit Blick auf die besonderen Umstände dieser aufgeheizten Situation, wurde
zunächst auf unmittelbare Personalienfeststellungen verzichtet.“
Da lacht sich doch jede/r Aktivist*In verschämt, heftig in die Corona-freie Armbeuge. Geht`s noch?
Das 12-köpfige Team „Soko Bahner“ scheint produktiv und ergiebig zu sein, wie ich bei eigenen Nachforschungen herausfinden konnte.
Der „starke“ Staat
Dieser zeigt sich, vor und nach Halle, Hanau, Seebrücke-Demos usw. immer dann durchsetzungsstark und resolut oder auch total ignorant, wenn er etwas zu verlieren oder zu gewinnen hat. Es kommt meist auf die gefühlte Gemengelage in der Bevölkerung an. So meine Einschätzung, wenn ich auf die letzten Jahre meiner bundesweiten Arbeit zurückblicke. Ich bin fest davon überzeugt, wenn am 15.04.2020 die „Antifa“ in Heidelberg mit 100 – 250 Leuten „spontan“ aufgelaufen wäre, dann wären dort ohne Probleme Hundertschaften der Polizei sofort zur Verfügung gestanden und hätten den Platz vor dem Polizeipräsidium geräumt. Im Zweifelsfall auch mit Wasserwerfer und Pferdestaffel.
In Berlin, so berichtet Spiegel-online, ging es robuster zur Sache am 18.04.2020.
Konsequenzen – welche?
Es sollte als Lehrstück für den vergleichsweise noch neuen Polizeipräsidenten, Andreas Stenger, dienen wie man mit solchen Situationen medial und auch praktisch auf der Straße umgeht – ab sofort und künftig.
Eine Konsequenz gab es schon, wie ich heute im Laufe des Tages erfuhr. DIE LINKE in Mannheim war gar nicht traurig darüber, zu erfahren, dass P. E., ein Beate Bahner-Unterstützer, nicht mehr Mitglied des Kreisvorstands ist. Seinen bei Facebook angekündigten Parteiaustritt hat er bis dato nicht formell vollzogen.
Wird es auch Konsequenzen für den Aufrufer der nicht genehmigten Versammlung in Heidelberg geben? Dies hoffe ich doch Mal. Der notorische Impfgegner Hans Tolzin hatte bundesweit dazu aufgerufen am 15.04.2020 in Heidelberg zu erscheinen.
Ergänzende Links:
https://diekolumnisten.de/2020/04/18/absturz-einer-anwaeltin/
(Kommentar: Christian Ratz / Fotos: John Brambach und Berti Weichert, und wie angegeben)