Tausende auf der Straße vor der großen Klimawahl [mit Bildergalerie und Video]
„Bundestagswahl = Klimawahl“ stand auf dem Schild einer Teilnehmerin der Demo zum globalen Klimastreik. Am 24. September, zwei Tage vor der Bundestagswahl gingen auch in Mannheim mehrere tausend Menschen unter dem Motto „Alle fürs Klima“ auf die Straße. Sie forderten eine Klimapolitik auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse, einen Ausstieg aus der Kohle und eine neue Verkehrspolitik.
Trotz oder gerade wegen der Bundestagswahl blieb das Verhältnis den Parteien gegenüber skeptisch. „Keine Partei hat einen Plan, wie wir das 1,5 Grad Ziel erreichen können“, sagte ein Sprecher von Fridays for Future Mannheim bei der Abschlusskundgebung.
So fand auf der Demo selbst auch kaum Wahlkampf statt. Im hinteren Teil fuhr ein Melis-Sekmen-Lastenrad der Grünen. Vereinzelt gab es Sympathiebekundungen für Linke und Grüne, insgesamt hielten sich Politiker*innen aber im Hintergrund.
Videobeitrag bei Youtube: https://youtu.be/xu5PU0YU2v0
GKM abschalten und umdenken in der Verkehrspolitik
Stattdessen ging es um konkreten Forderungen und Fakten. „Unser Restbudget an CO2-Austoß sind nur noch 16 Millionen Tonnen“ erläuterte der Redner von Fridays for Future. Das Mannheimer Kohlegroßkraftwerk (GKM) stoße bereits soviel aus, dass die Hälfte des Volumens erreicht sei. Man könne sich leicht ausrechnen, ob es mit der Einsparung klappen wird, wenn das GKM noch Jahre lang weiter am Netz bleibt.
Die schnelle Abschaltung des GKM war eine wichtige Forderung. Eine weitere war ein Umdenken in der Verkehrspolitik. „Bisher wird der Fahrradverkehr nur in den Autoverkehr integriert“, so der Redner. Das müsse sich ändern. Fahrradschnellverbindungen durch die Stadt seien ein Beispiel dafür, wo es kaum voran gehe. Auch das Thema autofreie Innenstadt erfährt Rückschläge. Doch der Klimwandel lasse der Menschheit keine Zeit. „Die beste Zeit zu handeln war gestern“, drückte es eine Teilnehmerin der Demo aus.
Starkes Bündnis und Klimacamp am Alten Messplatz
Die Veranstalter*innen von Fridays for Future Mannheim freuten sich über die gute Beteiligung der zahlreichen gesellschaftlichen Initiativen in der Stadt. „Wir sind ein starkes Bündnis“ betonte ein Sprecher und berichtete, dass 4.500 Menschen auf der Demo gezählt wurden. Auch die Kooperation mit weiteren klimapolitischen Initiativen, Wissenschaftler*innen und Organisationen, wie Mannheim Kohlefrei, dem Fahrradbündnis, aber auch kurdischen und feministischen Gruppen wurde positiv hervorgehoben.
In den Tagen vor dem großen Klimastreik fand am Alten Messplatz ein Klimacamp statt. Zur Vernetzung und zur ausführlichen Beschäftigung mit Inhalten hatte die Klimabewegung das Camp initiiert und durfte dafür das Gelände des ALTER nutzen. Täglich gab es Vorträge, Diskussionen und praktische Workshops.
Klimacamp am Alten Messplatz
Die Klimawahl
Mehr als 600.000 Menschen, davon alleine 100.000 in Berlin, sollen sich in Deutschland in rund 400 Städten am globalen Klimastreiktag 24. September beteiligt haben. Welche Auswirkungen die Proteste auf die Bundestagswahl haben, ist schwer zu sagen. Während die CDU vielerorts scharf kritisiert wird, kommt die SPD teils glimpflich davon, obwohl sie doch für die herrschenden Zustände aufgrund jahrelanger Regierungsbeteiligung maßgeblich mitverantwortlich ist. FFF-Aktivistin Luisa Neubauer sagt aber in Berlin in Richtung Olaf Scholz: „Wir streiken auch gegen die Politik der SPD“.
Kritik an den Grünen gibt es von den Aktivist*innen immer wieder, gerade was die Betrachtung der Regierungspolitik in Baden-Württemberg angeht. DIE LINKE kommt in den Analysen besser weg, doch bei der Basis der Klimabewegung, vor allem bei der älteren Generation, dürfte sich ein grüner Mainstream verbreitet haben. Meist siegt der Pragmatismus. Während DIE LINKE gefährlich nah an der 5%-Hürde entlang schrammt, dürfen sich die Grünen konkrete Hoffnungen auf eine Regierungsbeteiligung machen. Taktische Überlegungen und die „Wahl des kleineren Übels“ werden sich bei vielen klimapolitisch aktiven Menschen durchsetzen, denn Parteiideologie ist der Bewegung fremd. Dennoch war auf vielen Schildern zu lesen: „Geht wählen!“
(Text: cki / Bilder: cki/scr)
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