Solidarischer Herbst: Solidarischere Bündnisse sind nötig [mit Bildergalerie]
Am 22. Oktober hatte ein von der Gewerkschaft ver.di voran getriebenes Bündnis in sechs Städten zu Demonstrationen mit dem Motto „Solidarischer Herbst: Soziale Sicherheit schaffen – Energiewende beschleunigen“ aufgerufen. Zentrale Forderung war eine soziale Abfederung der Krise und eine zukunftsorientierte Politik zur Gestaltung einer solidarischen, klimafreundlichen und gerechten Gesellschaft.
24.000 Menschen beteiligten sich an den Demos. 4000 waren es in Stuttgart, der zentralen Demo für den Südwesten. Aus Mannheim und Heidelberg fuhren von ver.di und DGB organisierte Busse, die allerdings etwas geringer ausgelastet waren, als erhofft. Weitere Demos gab es in Berlin, Düsseldorf, Dresden, Frankfurt am Main und Hannover.
Kundgebung am Schlossplatz
Angekommen ist Stuttgart, bei bestem Demowetter, versammelten sich die Menschen auf einem Straßenabschnitt am Rande des Schlossplatzes zur Kundgebung. Gewerkschafter*innen mit ver.di- und GEW-Fahnen, Aktivist*innen aus der Klimabewegung und Antikapitalist*innen mit roten Fahnen prägten das Bild der Demo. Auf der von Maike Schollenberger (ver.di) und Joe Bauer moderierten Kundgebung sprachen unter anderem Sylvia Pilarsky-Grosch vom BUND, die forderte, bei Umwelt- und Klimaschutz müsse soziale Gerechtigkeit immer mitgedacht werden. Kai Burmeister (DGB) wies auf die Situation älterer Menschen hin, die sich die hohen Energie- und Lebenshaltungskosten nicht mehr leisten können.
Ein Interview mit einer alleinerziehenden Mutter wies auf die immer drastischer steigenden Mieten hin, gerade auch in Stuttgart. Viele Redner*innen grenzten sich klar gegen die von rechten initiierten oder mitverantworteten Sozialproteste ab, die gerade im Osten Deutschlands viele tausend Menschen auf die Straßen ziehen. So auch Nathalie Wollmann, Sprecherin vom Wohlfarhtsverband Der Paritätische. Dabei wurde auch der Krieg in die Ukraine thematisiert und die Notwendigkeit von Sanktionen gegen die Kriegstreiberregierung Putin verteidigt. Statt zurück zum Gas müsse der Ausbau erneuerbarer Energien schnell und sozial gerecht erfolgen. Beiträge gab es auch von Fridays for Future, von der BUND-Jugend und von einem Daimler-Vertrauensmann.
Musikalisch umrahmt wurde die Kundgebung von der Band No Sports. Am Anschluss setzte sich der Demonstrationszug mit den rund 4000 Teilnehmer*innen in Gang und zog durch die Stuttgarter Innenstadt.
Die Demoforderungen im Überblick
● Zielgerichtete Entlastungen für jene, die Unterstützung dringend brauchen: einen Mietenstopp, ein höheres Bürgergeld, eine 500-Euro-Brutto-Soforthilfe, eine bezahlbare Nachfolge für das 9-Euro-Ticket und einen Schutzschirm für die Daseinsvorsorge – von Stadtwerken und Schulen bis zu Krankenhäusern und sozialen Einrichtungen.
● Eine Gesamtstrategie für eine nachhaltige, bezahlbare Grundversorgung: Energie, Mobilität, Ernährung und Wohnen sowie soziale und kulturelle Teilhabe muss für alle bezahlbar sein.
● Massive Investitionen, um uns für die Zukunft krisenfest zu machen: einen Schub für den naturverträglichen Ausbau Erneuerbarer Energien, dauerhafte Energieeinsparungen und Gebäudesanierung, groß angelegter Ausbau klimafreundlicher Infrastruktur wie dem öffentlichen Nahverkehr und die Förderung der Ökologisierung der Landwirtschaft.
Bündnis war nicht breit genug
Obwohl der Demonstrationszug in Stuttgart lang war und sich eine bundesweite Teilnehmerzahl von 24 000 Menschen zunächst hoch anhört, blieb die Mobilisierung hinter den Erwartungen zurück.
Das Bündnis war nicht breit genug. Bei den Parteien mobilisierte neben den Kleinstparteien nur Die Linke zur Demo. Grüne und SPD hielten sich fern – logischerweise – um nicht gegen ihre eigene Politik demonstrieren zu müssen. Weniger verständlich war die schwache Beteiligung der Gewerkschaften. So motiviert, wie ver.di die Kampagne voran trieb, unterstützt von der GEW, so teilnahmslos blieben die anderen großen Gewerkschaften, wie IG Metall und IG BCE. Aus deren Reihen gab es keine Mobilisierung und keine öffentlichen Stellungnahmen. Hier kann nur vermutet werden, dass Sozialdemokrat*innen in den Gewerkschaften aus parteitaktischen Gründen gebremst haben. Die Umweltverbände hingegen waren insgesamt gut vertreten. Hier scheinen die Grünen keine großen Bremser gewesen zu sein. Dennoch: Wenn es mit dem Druck von der Straße etwas werden soll, dann müssen die Proteste größer werden.
Wie es vor Ort weiter geht
In Mannheim demonstriert das lokale Bündnis „Solidarität statt Preistreiberei!“ immer am Dienstag Nachmittag. Die nächste Aktion findet am 25. Oktober um 18:00 Uhr auf dem Marktplatz statt. Die Forderungen lauten hier:
- Runter mit den Preisen – demokratische Preiskontrollen
- Statt Einmalzahlungen dauerhafte Entlastungen
- Verbot von Strom- und Gassperren sowie Zwangsräumungen
- Fortführung des 9-Euro-Tickets
- Abschaffung der Steuerbegünstigungen für Reiche und Konzern
- Abschöpfung der Profite und Erhebung der Vermögenssteuer
- Automatische Anpassung der Löhne, Ausbildungsvergütungen, BAföG-Zahlungen,Renten, Arbeitslosengelder, Asylbewerberleistungen und sonstigen Sozialeinkommen an die Inflation!
(cki)
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