Trotz Kretschmanns Basta-Ablehnung kämpfen die Berufsverbot-Betroffenen weiter für Rehabilitierung und Entschädigung
„Wir geben erst auf, wenn wir in die Kiste gehen“
Dem Heidelberger Gemeinderat liegt für die kommende Sitzung am 23. März ein zur Annahme empfohlener Beschlussantrag zum Radikalenerlass und Berufsverboten vor: „Der Gemeinderat (…) fordert die Landesregierung und den Landtag auf, den Forderungen der Betroffenen nach Rehabilitierung und Entschädigung (…) nachzukommen. (…) Auch für über 100 Betroffene, die in Heidelberg studiert, gelebt und gearbeitet haben, hatte der Erlass schwerwiegende Folgen. (…) Ihre materiellen Nachteile müssen ausgeglichen werden.“
Die Empfehlung zur Annahme hat der Gemeinderats-“Ausschuss für Soziales und Chancengleichheit“ in der Vorberatung am 14.2. mit großer Mehrheit, bei zwei Enthaltungen und zwei Gegenstimmen beschlossen. Eingereicht wurde der Antrag bereits im Juli 2022 von den Fraktionen der Linken und Grünen sowie den im Gemeinderat vertretenen Gruppierungen Bunte Linke, Grün-Alternative-Liste (GAL) und „Heidelberg in Bewegung“ (HiB). Im November wurde er von der Verwaltung kurz vor Sitzungstermin auf Februar/März verschoben. Inzwischen ist die Bedeutung des Antrags nochmals gestiegen, da der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei einem Gespräch mit 19 Betroffenen, darunter fünf aus Heidelberg und Mannheim, am 8.2. in seinem Stuttgarter Amtssitz erklärt hat, bei der Ablehnung der Forderungen bleiben zu wollen.
Kretschmanns „Offener Brief“ vom 19. Januar an sich selbst und die Welt
Im Januar 2022 hatte Kretschmann in einem ARD-Dokumentationsfilm eine Stellungnahme angekündigt, sobald die Universität Heidelberg eine von ihm selbst geforderte Studie zum Radikalenerlass (in Baden-Württemberg Schiess-Erlass) vorgelegt habe. Im Mai wurde sie in Buchform veröffentlicht. (Medien und Politik waren die 684 Seiten vom Verlag schon vorab im Februar zur Verfügung gestellt worden.) Da die Berechtigung der Forderungen der Betroffenen durch die wissenschaftliche Forschungsarbeit vollumfänglich bestätigt wird, versuchte der Regierungschef sich anschließend in Schweigen zu hüllen: er habe „Wichtigeres zu tun“.
Druck durch Presse und Medien, eine vierte Kundgebung mit Unterstützung der Gewerkschaften in Sichtweite des Landtags Ende Oktober mit 60 Teilnehmenden, davon rund die Hälfte Betroffene, zwei Anträge der SPD-Fraktion im Landtag im November und Dezember sowie ein erneutes Schreiben der „Initiativgruppe Baden-Württemberg gegen Radikalenerlass und Berufsverbote“ an Kretschmann Anfang des Jahres zeigten allerdings doch Wirkung: Am 19. Januar, ein Jahr nach seiner Ankündigung, sah sich Kretschmann schließlich gezwungen, in einem fünfseitigen „Offenen Brief zum Radikalenerlass“ Stellung zu nehmen. Parallel wurde die „Initiativgruppe“ mit gesondertem Schreiben zu einem Gespräch in der zweiten Februar-Woche ins Staatsministerium eingeladen.
Im dem an die „lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger“ gerichteten „Offenen Brief“ rechtfertigt der Ministerpräsident seine Verteidigung des Erlasses und der Berufsverbote. Zwar sei „in Baden-Württemberg der Radikalenerlass besonders lange und mit einer besonderen Härte angewandt“ worden, „die „Anwendung unverhältnismäßig“ gewesen und eine „ganze Generation unter Generalverdacht gestellt“ worden. Durch die Studie würden jedoch „der Linksradikalismus meiner Studienzeit“, der „Tunnelblick“ und „die größte Verirrung meines eigenen Lebens aufschlussreich gespiegelt“; so der Regierungschef. Entsprechend verwendet er allein ein Fünftel des Briefs für die Bewältigung der eigenen Vergangenheit als Betroffener und ehemaliges KBW-Mitglied.
Die „wehrhafte Demokratie“ müsse sich „gegen ihre Feinde verteidigen und Zweifeln an der Verfassungstreue nachgehen“. „Aber dass damals nur 3 Prozent der Überprüfungsfälle Rechtsextremisten galten, fällt doch auf“, räumt der Ministerpräsident noch ein, um danach getreu dem Motto der „Hufeisentheorie“ und alten Leier „links gleich rechts“, weiter die „Schlussfolgerung (zu) ziehen: Der Staat braucht einen breiten Blick auf den Extremismus – auf Linksextremisten, auf Rechtsextremisten und auf religiös motivierten Extremismus gleichermaßen.“
Während dpa bundesweit fälschlicherweise verbreitete, Kretschmann habe die Betroffenen „um Entschuldigung gebeten“, hat er tatsächlich bloß „Bedauern“ zu Papier gebracht und dies auch nur individuell, bezogen auf einen Teil der Betroffenen: „Einzelne mögen … zu Recht sanktioniert worden sein, manche aber eben auch nicht … Das bedauere ich … sehr.“ Von kollektivem Unrecht, Entschuldigung, Rehabilitierung und Entschädigung kein Wort. Der baden-württembergische DGB-Vorsitzende Kai Burmeister sah in dem Brief laut Presseerklärung „gerade mal … flaues Bedauern über das zigfach von … Behörden begangene Unrecht – angesichts der eindeutigen Faktenlage ein Armutszeugnis“.
Veranstaltung am 2.2. in Heidelberg – Betroffene bestehen weiter auf Forderungen
Berufsverbote-“Hochburg“ im „Ländle“ der 1970er/1980er Jahre war nach eigenen Recherchen Betroffener die Stadt Heidelberg mit allein mindestens 121 Fällen. In Mannheim waren ebenfalls 33 betroffen, im Umland 26. In Heidelberg führten Bunte Linke und Die Linke mit Unterstützung von DGB und IG Metall zur Vorbereitung der Sitzung des Gemeinderatsausschusses am 2. Februar in der Volkshochschule eine zweistündige Veranstaltung durch. Mehr als 70 Interessierte, darunter 20 Betroffene nahmen daran teil. In Lesungen aus der Studie der Universität und persönlichen Schilderungen wurde beispielhaft über die Schicksale Betroffener in der Region berichtet. Zehn meldeten sich für die gemeinsame Zugfahrt nach Stuttgart zum bevorstehenden Gespräch bei Kretschmann an.
Brezeln, Kaffee und „The Länd“-Armbinden am 8.2. in der „Villa Reitzenstein“ – Zugeständnisse keine
Am 8.2. versammelten sich über 30 Betroffene aus ganz Baden-Württemberg vor dem Stuttgarter Staatsministerium, passend zum Gespräch bei Kretschmann in eisiger Kälte trotz Sonnenschein. Der Regierungschef samt siebenköpfigem Stab von Juristinnen, Juristen, Ministerialdirigenten und Pressesprecherin empfing 19 der Anwesenden im edlen „Gobelin-Saal“. Ursprünglich hatten 32 Angemeldete die Zusage erhalten, über ein Drittel musste jedoch draußen auf der Straße bleiben.
Nachdem Kretschmann zu Beginn nochmals seinen „Offenen Brief“ bekräftigt hatte, begründeten sechs zuvor als Sprecherinnen und Sprecher gemeldete Betroffene, warum der Erlass und die Berufsverbote kollektives Unrecht gewesen und die Forderungen nach Entschuldigung, Rehabilitierung und Entschädigung berechtigt seien. Behauptungen des Ministerpräsident in seinem „Offenen Brief“, einzelne seien zu Recht mit Berufsverbot sanktioniert worden, würden nicht den Tatsachen entsprechen und seien auch durch die Studie widerlegt.
Einen von Betroffenen der Rhein-Neckar-Region mitgebrachten beispielhaften Altersarmut-Rentenbescheid von 680 Euro im Monat und Berechnungen, die im Vergleich zur sogenannten „Standardrente“ (45 Versicherungsjahre bei Durchschnittsverdienst) bis zum durchschnittlichen Lebenserwartungsalter einen Rentenverlust von insgesamt 139.000 Euro belegen, nahm der Leiter der Grundsatzabteilung im Staatsministerium zu den Akten. Nach Hochrechnungen der „Initiativgruppe“ würde für das Land an Entschädigungs-Kosten in Summe einmalig nur ein niedriger siebenstelliger Eurobetrag anfallen (weniger als 0,1 Promille eines Landeshaushalts).
Belege der Betroffenen, dass der Ministerpräsident hinter die Forschungserkenntnisse der Uni Heidelberg, insbesondere auch die darin ausführlich zitierten Richtlinien und Feststellungen der Internationalen Arbeitsorganisation von 1987 zurückfalle („Berufsverbote waren von Anfang an rechtswidrig“), versuchte dieser mit der Bemerkung abzutun: Bundes- und Länderregierungen hätten sich bereits damals darauf verständigt, den ILO-Bestimmungen und -Urteilen keine Bedeutung beizumessen. Der Staat müsse „sich wehren, heute eher gegen rechts“.
Kretschmann weiter: Parteien könnten auch „verfassungsfeindliche Ziele verfolgen, selbst wenn sie nicht verboten“ seien. Ein „vordemokratisches Gnadenrecht“ oder „Entscheidungen auf Grund moralischer Urteile“ mache er nicht. Mit dem „Offenen Brief“ habe er „von dem Stigma für die Betroffenen etwas wegnehmen“ wollen. Mehr sei „nicht zu machen“. Er könne „nach so langer Zeit nicht pauschal entschädigen“. Das sei „sehr, sehr schwierig“ und könnte „ja wieder neue Ungerechtigkeiten nach sich ziehen“. Ihr Anliegen müssten die Betroffenen in jedem Einzelfall selbst gerichtlich durchsetzen. Dafür gebe es den Rechtsstaat. Die Aktenlage des Staatsministeriums gebe dies jedoch nicht her. In vielen Fällen würden hier auch die Beweismittel fehlen, nicht alle Akten seien noch da.
Hintergrund laut SWR-Radio: Eine „formelle und ausdrückliche Entschuldigung“ hätte „rechtliche Konsequenzen“ und würde im konkreten Fall „auch Geld kosten (Entschädigungszahlungen)“.
Gegen Ende verstieg sich Kretschmann zu der Aussage: „Das ist ein Dilemma. Im Rechtsstaat wird nur Recht, nicht Gerechtigkeit gesprochen.“ Eine vollständige politische Rehabilitierung müsse ohnehin abgelehnt werden, weil damit automatisch Entschädigungen verbunden seien: „Daher treten wir einem Entschädigungsfonds erst mal nicht näher“, so Kretschmann. Spätestens nach der Hälfte des Gesprächs war klar, dass er sich keinen Millimeter über seinem „Offenen Brief“ hinaus bewegen wollte.
Dass Berufsverbote von ehemaligen Nazis verhängt wurden – auch darauf keine Antwort
Nicht umsonst, so der Regierungschef, habe das Bundesverfassungsgericht den Radikalenerlass 1975 in einem Grundsatzbeschluss für rechtens erklärt – was ein Betroffener zum Anlass nahm aufzuzeigen, wer den Erlass und die zu 97 Prozent gegen Linke erfolgten Maßnahmen zu verantworten hatte. Dazu hielt er ein Plakat hoch, auf dem gut sichtbar zu lesen war: „Berufsverbote – Täter, Vollstrecker, Verfasser: Hans Filbinger, Karl Schiess, Willi Geiger.“
„Verfasser“ Geiger war von 1951 bis 1977 als Richter am Bundesverfassungsgericht und Schriftführer beim „Radikalenbeschluss“ von 1975 tätig. Unter den Nazis war er „SA-Rottenführer“, begründete bereits in seiner Dissertation von 1933 Berufsverbote für jüdische und linke Lehrkräfte und erwirkte als Staatsanwalt am Sondergericht Bamberg von 1941 bis 1943 fünf Todesurteile. Auch „Täter“ Filbinger, von 1966 bis 1978 während des Radikalenerlasses baden-württembergischer Ministerpräsident, war zuvor in der NSDAP und als Marinerichter 1943 und 1945 für vier Todesurteile verantwortlich. Karl Schiess, von 1972 bis 1978 Innenminister im „Ländle“ und „Vollstrecker“ der Berufsverbote, war bis 1945 ebenfalls NSDAP-Mitglied und noch lange danach unter dem Beinamen „Hakenkreuz-Karle“ bekannt.
Wenigstens das von solchen Politikern in den 1970er Jahren durch die Berufsverbote begangene Unrecht im Wege heute möglicher politischer Entscheidungen wieder gut zu machen – auch nach dieser Aufforderung sahen sich der Ministerpräsident und sein Stab zu nicht mehr als eisernem Schweigen in der Lage.
Nachdem Kretschmann zur Verteidigung des Erlasses noch verlauten ließ, er habe zum Beispiel „ein ungutes Gefühl, hätte er heute ein Kind in der Schule, und es würde von einem AfD-Mitglied unterrichtet“, nahmen sich auch weitere, nicht als Sprecherinnen und Sprecher vorgesehene Betroffene das Wort, ohne dass der Gesprächsleiter einzuschreiten versuchte. Empörte Äußerungen, dies sei „unverschämt“, die Betroffenen wollten „nicht mit Rechtsradikalen in einen Topf geworfen“ werden, der Verlauf des ganzen Gesprächs sei eine „Schande“ und ähnliche Zwischenrufe und Wortmeldungen ließ die Gegenseite ebenso relativ wortlos an sich abprallen. Erst nach knapp eineinhalb statt geplant einer Stunde konnte der Moderator das Gespräch beenden.
Presseorgane wie die „Stuttgarter“ und die „Süddeutsche Zeitung“ schreiben seit längerem, Kretschmann setze auf eine „biologische Lösung“. Entsprechend formulierte ein Betroffener, der nach dem Berufsverbot von Baden-Württemberg ins südlichste Bayern, an eine Rosenheimer Privatschule „ins Exil auswandern musste“, nach dem Gespräch als erster in die laufenden Fernsehkameras: „Wir geben erst auf, wenn wir in die Kiste gehen.“
Andere machten ihrer Empörung ebenfalls lautstark Luft: „Er hat das abgehockt und gesagt, wir hätten im Gegensatz zu ihm halt Pech gehabt“, oder „was sind für den 680 Euro Rente im Monat, der lebt hier in Saus und Braus“. Das Staatsministeriums-Personal hatte sichtlich Mühe, die Betroffenen einigermaßen einzufangen. Die heute 70 bis 80 Jahre alten Betroffenen seien „tief enttäuscht“, der Ministerpräsident „etwas zerknirscht“, verbreitete dpa im Anschluss bundesweit.
Heidelberger Gemeinderats-Ausschuss unterstützt am 14.2. die Betroffenen-Forderungen
Bei der Sitzung des Ausschusses für Soziales und Chancengleichheit (ASC) des Gemeinderats Heidelberg am 14.2. war Tagesordnungspunkt 8 „Radikalenerlass“ nach eineinhalb Stunden als letzter angesetzt. Anwesend waren auch sechs Betroffene. Nach einer Viertel Stunde Behandlung des Antrags (Aufforderung des Gemeinderats an Landesregierung und Landtag, den Forderungen der Betroffenen nach Rehabilitierung und Entschädigung nachzukommen) wurde beschlossen: Der Ausschuss empfiehlt dem Gemeinderat, in seiner Sitzung am 23. März dem Entschließungsantrag zuzustimmen und den Beschluss Stuttgart zuzuleiten.
Zu Beginn hat die Ausschuss-Vorsitzende (SPD) den zweiseitigen Wortlaut verlesen. Es wurde kurz beraten, wie damit verfahren werden soll. Im Präsidium bestand offenbar die Vorstellung, den Antrag ohne Debatte in den Gemeinderat zu verweisen. Dem wurde widersprochen, als erstem vom Grünen-Fraktionssprecher, der auf Diskussion und anschließender Abstimmung bestand.
Die Vertreterinnen von Bunte Linke und Die Linke schlossen sich ihm an und unterstützten den Antrag nochmals inhaltlich. Sie verwiesen auch auf die Uni-Studie und darauf, dass Ministerpräsident Kretschmann erst die Woche davor gegenüber den Betroffenen deren Forderungen erneut abgelehnt habe, was eingangs auch vom Präsidium kurz erwähnt worden war. Der Vertreter der SPD erklärte, seine Fraktion unterstütze den Antrag ebenfalls. Beim Einreichen sei infolge einer Panne leider versäumt worden, dass auch die SPD auf der Liste der Unterzeichneten stehe.
Ein FDP-Gemeinderat meinte dagegen, das Ganze ginge ihm „viel zu schnell“. Es habe ja auch „berechtigte Fälle“ gegeben. Was die Forderung nach Entschädigung angehe, seien die Auswirkungen vom finanziellen Volumen her „völlig unklar“. Der AfD-ler im Ausschuss versuchte etwas über „Demokratie“ zu fabulieren und sprach sich gegen den Antrag aus. Ein CDU-Gemeinderat schloss sich in ähnlicher Weise an.
Von Seiten der Bunten Linken wurde darauf eine Pause vorgeschlagen. Es seien auch Betroffene zugegen, die zu dem Thema etwas sagen könnten. Das Präsidium hielt dies jedoch nicht für erforderlich und kam nach etwa 15 Minuten zur Abstimmung. Gegen zwei Nein-Stimmen (AfD und CDU) sowie zwei Enthaltungen (FDP und CDU) votierten alle anderen anwesenden Stimmberechtigten mit Ja (ausgezählt wurde nicht). Nach Schätzungen waren es etwa acht bis zehn Ja-Stimmen (von Bunte Linke, Die Linke und SPD jeweils eine, von den Grünen fünf bis sieben, letztere eventuell zum Teil auch von der GAL).
Am 23. März geht die Empfehlung in den Gemeinderat (48 Sitze plus stimmberechtigter Oberbürgermeister). Da die prozentualen Verhältnisse im Plenum mit denen im Ausschuss vergleichbar sind, ist zu hoffen, dass der Antrag auch dort eine Mehrheit erhält. In der „Initiativgruppe“ gibt es Überlegungen, Beschlüsse in dieser Richtung nicht nur in Heidelberg, sondern auch in anderen größeren Städten anzustreben, in denen es Betroffene und ähnliche Mehrheitsverhältnisse mit Unterstützung auch von Grünen-Mitgliedern im Gemeinderat gibt. Dies könnte den Druck auf Landesregierung und Landtag wieder spürbar erhöhen.
Auseinandersetzungen auch in Hessen, Niedersachsen, Brandenburg und im Bund
In Hessen haben Berufsverbot-Betroffene vor einem Jahr Petitionen für Rehabilitierung und Entschädigung eingereicht. Für den 7. März ist dazu im Landtag nun ein erster „Runder Tisch“ terminiert. In Niedersachsen soll eine Entscheidung über Ende Januar ebenfalls eingereichte 17 individuelle Petitionen im Sommer fallen.
Bundesinnenministerin Faeser (SPD) hat unter der Behauptung, gegen Rechtsextreme im Staatsdienst vorzugehen, kürzlich einen Gesetzentwurf zur „Beschleunigung des Disziplinarrechts“ ins Kabinett eingebracht (mit Umkehr der Beweislast). In Brandenburg ist Innenminister Stübgen (CDU) seit langem daran, einen dem baden-württembergischen Schiess-Erlass weitgehend wortgleichen Radikalengesetz-Entwurf (genannt „Verfassungstreue-Check“, mit Regelanfrage beim Inlandsgeheimdienst) durch das Parlament zu bringen. Auf Grund Protesten bundesweiter Initiativen gegen Berufsverbote und der Gewerkschaften steckt er derzeit aber in einer bereits zweieinhalb Jahre dauernden Hängepartie. Für April oder Mai soll ein neuer Anlauf zur zweiten Lesung und endgültigen Verabschiedung im Landtag drohen.
Die AG Berufsverbote in der GEW Berlin führte dazu mit Unterstützung der Linken Brandenburg und der Roten Hilfe Strausberg am 15.2. in der Potsdamer Buchhandlung „Sputnik“ eine Veranstaltung mit 30 Teilnehmenden und dem ehemaligen brandenburgischen Justizminister Helmuth Markov als Redner durch. Für Frühjahr plant die Linke-Fraktion, in ihren Räumen im Landtag eine Ausstellung gegen Berufsverbote zu zeigen.
Die baden-württembergische „Initiativgruppe“ hat nach dem Gespräch bei Kretschmann am 8.2. in ihrer Presseerklärung festgestellt: „Sie sieht ihre Aufgabe darin, ihren Forderungen weiter größtmöglichen Druck zu verleihen – auch deshalb, weil ein Wiederaufleben einer ähnlichen Politik der Gesinnungsprüfung durch die Pläne der brandenburgischen Regierung droht. … Wir sehen uns als Demokratinnen und Demokraten auch in der Verantwortung gegenüber der nachkommenden Generation.“
Martin Hornung