CDU Ludwigshafen: Dünne Distanzierungen von Merz-Attacke auf die Brandmauer
Ludwigshafener CDU-Führung laviert
Manchmal kann man erst nach dem Dementi sicher sein, dass das, was dementiert wird, tatsächlich so gemeint ist, wie es gesagt wurde. Falls Friedrich Merz jetzt eine “Die-(Brand)-Mauer-muss-weg”-Perspektive installieren möchte, weiß er: Der heuchlerische Wechsel zwischen provozierendem Vorstoß und sich unmittelbar anschließendem taktischen Rückzug ist hierfür die effizienteste Kriegstechnik. Genau so können Grenzpfosten verschoben und kann Gelände gewonnen werden. Dass dabei Erde – sprich demokratischer Konsens – verbrannt wird, muss in Kauf genommen werden. Diese Doppeltaktik kennt nicht nur der Große Vorsitzende, sondern auch die Ludwigshafener CDU-Lokalmatadoren. Zweckmäßigerweise verfolgen sie dieselbe Taktik spiegelbildlich: Zuerst distanzieren sie sich von Merz, um anschließend diese Distanzierung mehr oder weniger plump zu relativieren.
“Merz irritiert auch die CDU-Basis” titelt die RHEINPFALZ am 25.7. auf der Lokalseite, beruhigt dann aber die Leserinnen und Leser im Vorspann: “Verantwortliche der Ludwigshafener Union bleiben hingegen bei ihrer Linie: keine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten.”
Zur Erinnerung: Im Sommerinterview des ZDF hatte Merz gesagt:
“Es ist jetzt in Thüringen ein Landrat gewählt worden, und natürlich ist das eine demokratische Wahl. Es ist in Sachsen-Anhalt in einer kleinen Gemeinde ein Bürgermeister gewählt worden, der der AfD angehört, das ist eine demokratische Wahl. Und natürlich haben wir das zu akzeptieren.” Dann kam der Satz, der einen auch in die CDU hinein reichenden Sturm der Entrüstung auslöste: “Und natürlich muss in den Kommunalparlamenten dann auch nach Wegen gesucht werden, wie man gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestaltet.”
Nach dem wohl unerwartet heftigen Proteststurm lautete seine “Klarstellung” auf Twitter:
“Um es noch einmal klarzustellen, und ich habe es nie anders gesagt: Die Beschlusslage der CDU gilt: Es wird auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD geben.”
Das Dementi ist – höflich formuliert – kontrafaktisch. Merz sprach nicht nur von Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene, sondern davon, dass man “gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestaltet”. Peter Uebel, CDU-Stadtratsfraktionsvorsitzender und vermutlich kommender OB-Kandidat greift zur beschriebenen Doppeltaktik: “Eine etwas (!) stärkere Distanz und klarere Abgrenzung hätte ich mir von Merz schon gewünscht.” Die verharmlosende und kontrafaktische Relativierung von der eigenen Distanzierung lautet sodann, Merz habe doch nur gesagt, dass wenn ein Landrat oder Bürgermeister der AfD gewählt worden sei, dies nach demokratischen Spielregeln anerkannt werden müsse.
Christoph Heller, CDU-Stadtrat und Ortsvorsteher in Süd, macht die Tür nach rechts außen noch ein Stück weiter auf: “In der Kommunalpolitik geht es vor allem um Sachfragen. Eine Zusammenarbeit mit Rechtsextremen und Antidemokraten ist absolut ausgeschlossen. Es wird in Ludwigshafen keine Koalition mit der AfD geben.” Mit anderen Worten: Wir koalieren zwar nicht mit der AfD, aber wer von denen nicht rechtsextrem und antidemokratisch ist, mit dem werden wir in Sachfragen zusammenarbeiten. Der Rheinpfalz-Redakteur Steffen Gierescher, der anscheinend den mühsam verborgenen Inhalt deutlich heraushörte, fügte dem eine Äußerung des AfD-Kreis- und Fraktionsvorsitzenden Johannes Thiedig an: “Björn Höcke ist für mich ein Parteifreund.”
Von der Schauspielerin Isabelle Adjani stammt der zu diesem abstoßenden Geschehen passende Ausspruch: “Halbherzige Distanzierung ist wie halbherziges Vertrauen. Es ist nutzlos.”
Michael Kohler