Spinelli-Gebäudebestand: BI kritisiert „Äußerst dubioser Weg der Entscheidungsfindung“
GBG überrumpelt Gemeinderat mit nicht überprüfbarem Gutachten
Aus der Konversionsausschuss-Sitzung des Gemeinderats am 7.11.23 war zu erfahren, dass die GBG an ihren Plänen zum Abriss zweier Kasernengebäude auf Spinelli festhalten möchte. Nicht nur diese Nachricht, sondern auch der dubiose Weg der Entscheidungsfindung hat bei der Bürgerinitiative „Erhalt statt Abriss“ Unverständnis und Entsetzen ausgelöst. Auf einem kurzfristig einberufenen Treffen der BI wurde zwar die Ankündigung von Oberbürgermeister Specht begrüßt, die Argumente in einer Veranstaltung öffentlich zu diskutieren. Als völlig inakzeptabel wurde allerdings der Versuch der GBG gewertet, Politik und Öffentlichkeit mit dem Verweis auf ein Gutachten zu überrumpeln, welches außer der GBG niemand kennt und das deshalb auch nicht überprüfbar ist.
Die BI kann nur hoffen, dass ihr für die kommende Diskussion und Stellungnahme mehr und verifizierbare Informationen geboten werden. Mit Blick auf bisherige Verlautbarungen sind im Moment folgende Ungereimtheiten festzustellen:
1. Gutachten ohne schriftlichen Nachweis vorgestellt
Vollkommen unverständlich ist, dass die Mitglieder des Gemeinderats und der GBG-Aufsichtsräte allein auf Basis einer mündlichen Präsentation und ohne schriftliche Vorlage über einen komplexen Sachverhalt entscheiden sollen. Diese Erschwernis wurde in der Sitzung noch dadurch maximiert, indem die in kleiner Schrift gehaltenen Präsentationsfolien nur für kurze Zeit eingeblendet und die Berechnungsgrundlagen mit keinem Wort erläutert wurden.
2. Unabhängigkeit der Gutachter nicht geklärt
Bevor über die Ergebnisse des Gutachtens diskutiert wird, wäre grundsätzlich zu klären, ob die Auftragnehmer die Kriterien eines unabhängigen Gutachterbüros erfüllen. Um der Transparenzpflicht nachzukommen, müsste öffentlich dargestellt werden, ob und in welchem Umfang das Büro Drees&Sommer bislang bereits von Aufträgen städtischer Gesellschaften (auch MWSP) profitieren konnte und ob auf dieser Basis zu erwarten ist, dass die Ergebnisse des Gutachtens nicht durch wirtschaftliche Abhängigkeit beeinflusst werden.
Bürgerinitiative „Erhalt statt Abriss“ der Kasernengebäude auf Spinelli 2 In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Gutachter erst zu einem Zeitpunkt mit der Abwägung zwischen Neubau und Bestandssanierung beauftragt wurden als die GBG bereits den Abriss beschlossen und 250.000 € Planungshonorare ausgegeben hatte. Ist vor dem Hintergrund eines solchen Kostendrucks überhaupt noch ein neutrales Gutachten zu erwarten?
3. Politik und Zivilgesellschaft entmündigt
Gemäß der Gemeindeordnung sind die Gemeinderatsmitglieder in ihren Entscheidungen dem öffentlichen Wohl der gesamten Stadtgesellschaft und nicht den Geschäftsinteressen einer Baugesellschaft verpflichtet (selbst wenn es sich um eine städtische Tochter handelt). Nicht einem Aufsichtsrat, sondern der Politik obliegt die übergeordnete und grundsätzliche Entscheidung über die Art und Weise der Nutzung der Kasernengebäude, die nach der Übergabe an BImA bzw. Stadt im öffentlichen Eigentum standen. Dies betrifft auch die Frage, für welche Zielgruppen und mit welchem Angebot Wohnungspolitik betrieben wird.
In der Ausschuss-Debatte stand jedoch nicht dieses Primat, sondern ein gänzlich von der GBG favorisiertes Modell im Vordergrund, welches logischerweise sämtliche Berechnungen präjudiziert und damit verfälscht. D.h. wenn bspw. kleinere Wohneinheiten für Studierende, Singles oder Geflüchtete von vorneherein ausgeschlossen und stattdessen hochpreisige Wohnungen präferiert werden muss dies zu anderen Grundrissen und Berechnungen führen. Genauso kommt man zu anderen Ergebnissen, wenn ein Sanierungsmodell erst gar nicht ernsthaft entwickelt und nur behauptet wird, auch bei einer Bestandssanierung müssten die Gebäude zu jeweils zwei Drittel abgerissen werden.
4. Städtebauliche Aspekte ausgeblendet
In der Präsentation komplett ausgeblendet wurden städtebauliche, baugeschichtliche und ästhetische Aspekte, die untrennbar mit dem Erhalt der Kasernengebäude verbunden sind. Dazu zählt etwa die Zugehörigkeit zu einem markanten Gebäude-Ensemble. Dessen Wert wird durch den Abriss der von Weitem sichtbaren Bestandteile stark geschmälert. Ohnehin stellt sich die Frage, ob denn ohne diesen bereits bestehenden Gebäuderiegel entlang der Völklinger Achse überhaupt zu rechtfertigen gewesen wäre, dass an dieser sensiblen Stelle im Grünzug Nord-Ost ein Wohngebiet entsteht. Werden nun die Gebäude abgerissen, wird den neuen Häusern die Legitimation entzogen.
Zu den inhaltlichen Details des von der GBG beauftragten Gutachtens kann sich die BI und die darin engagierte Architektenschaft natürlich erst äußern, wenn ihnen dieses vorliegt.
Stellungnahme der Bürgerinitiative „Erhalt statt Abriss“; beschlossen am 11.11.2023