Monnem Pride „Zusammen eins. Intersektional. Antifaschistisch. Queer.“
Am 13.07. wurde in Mannheim der Christopher Street Day (CSD) unter dem Namen „Monnem Pride“ veranstaltet. Das Motto „Zusammen eins. Intersektional. Antifaschistisch. Queer.“ deutete darauf hin, dass die Veranstalter*innen den diesjährigen CSD auch in Bezug zu gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen hin zu rechter Politik stellen wollten. Der zunehmende Einfluss rechter Kräfte in Deutschland und Europa birgt Gefahren auch für queere Menschen, denen eine Parade allein nicht gerecht werden würde. Ca. 8.000 Menschen zogen aus diesem Anlass von der Augustaanlage durch die Planken und die Breite Straße zum Alten Messplatz. Etwa genauso viele haben sich in der Innenstadt versammelt, um den Zug zu feiern. Auf dem Alten Messplatz gab es schließlich ein Platzfest mit Bühnenprogramm und Ständen verschiedener Organisationen.
Auf der Homepage betonen die Organisator*innen des Monnem Pride ihre „klare Haltung gegen rechtsextreme Parteien und Gruppen, gegen die Aneignung von rechtsextremen Parolen und gegen Ausgrenzungen in unserer Gesellschaft, die mit Hass, Hetze und Gewalt, mit allen Mitteln spalten und demokratische Grundwerte abschaffen wollen.“
„Stonewall was a riot“
Nachdem der Mannheimer CSD jahrelang eher den Charakter einer Parade hatte und der politische Ausdruck darüber hinaus zunehmend in den Hintergrund gerückt wurde, sollte dieses Jahr wieder ein stärkerer Bezug zur zunehmenden Gefahr durch rechte Politik und Akteure hergestellt werden.
Schließlich verweist der Name Christopher Street Day auf die Proteste beziehungsweise den Aufstand queerer und migrantisierter Menschen 1969 in New York, die gegen zunehmende Misshandlungen und Diskriminierung auf die Straße gingen, was zu tagelangen Straßenschlachten mit der Polizei führte. Vor diesem Hintergrund wird heute in vielen Ländern der Welt an Gedenktagen für die Rechte von Schwulen, Lesben und Queeren demonstriert. Während mancherorts das Feiern im Vordergrund steht, geht es in vielen Orten auch um Sichtbarkeit, Anerkennung und den Schutz vor Gewalt oder politische Fragen über die eigene Community hinaus.
Unter dem Begriff „Pinkwashing“ wird eine Kritik formuliert, dass bestimmte Organisationen z.B. Unternehmen oder Parteien, Gedenktage wie den CSD oder gar Monate (#Pridemonth) für sich beanspruchen und sich mit Symbolen wie der Regenbogenfahne und Begriffen wie Diversität und Vielfalt schmücken. Eine Geste die scheinbar harmlos daherkommt, aber äußerst fragwürdig wird, wenn sie dazu dient, den Umsatz zu steigern oder reaktionäre Elemente der eigenen Politik zu verdecken. So haben sich auch CSD-Paraden oftmals zu vermeintlichen Festen der Vielfalt entwickelt bei denen das bloße Bekenntnis im Vordergrund steht und die ohne politische Provokationen und Ambitionen auskommen wollen, um ja niemanden zu verschrecken.
Neues Organisationsteam – neue Ausrichtung
In Anbetracht der erstarkenden Rechten und einer breiten politischen Diskursverschiebung hin zur Dominanz rechter Themensetzungen bis weit in „die Mitte“ hinein, sollten beim Monnem Pride progressive politische Forderungen wieder mehr Raum erhalten und klare Abgrenzungen ermöglichen. Eine Leistung der Organisator*innen ist es auf jeden Fall, dass sich vereinzelt auch Politiker*innen jenseits des linken Spektrums hinter einem Banner positionieren auf dem der Begriff „Antifaschistisch“ steht. Die Aktiven aus dem Umfeld des Queeren Zentrums Mannheim (QZM) haben die Auseinandersetzungen mit etablierten Gruppen nicht gescheut.
Früh hat sich das Organisationsteam des Monnem Pride auch um den Einbezug anderer politischer Akteure, wie das Offene Antifaschistische Treffen Mannheim (OAT) bemüht, was darin mündete, dass der Block um DGB- Jugend und OAT zu den größten und lautstärksten des Monnem Pride gehörten. Nach den Vorfällen des vergangenen Jahres, als Antifaschist*innen, die am CSD teilnehmen wollten im Auftrag der Versammlungsleitung von der Polizei kontrolliert und ausgeschlossen wurden, weil sie schwarz-rote und regenbogenfarbene Fahnen mit Bezug zur Antifaschistischen Aktion dabei hatten, sollte das diesjährige Bekenntnis zum Antifaschismus auch deutlich machen, dass der Kampf gegen rechte und reaktionäre Kräfte ein gemeinsamer sein müsse. Für manche Zuschauer*innen waren bestimmte Parolen aus der Demonstration heraus mutmaßlich irritierend, aber der kämpferische Aspekt wurde von vielen auch begrüßt. Sprüche gegen rechte Politik und ihre Akteure sind auch bei den Zuschauer*innen immer wieder aufgegriffen worden.
Vielfältige Widersprüche
Dass sich viele Menschen mobilisieren lassen, ohne in den Begriffen allzu beliebig zu werden, haben die Organisator*innen dieses Jahr bewiesen. Inhärente Widersprüche lassen sich jedoch nicht von heute auf morgen aufheben. Zum Beispiel zeigen sich Konflikte und Widersprüche im Umgang mit Schwulen, Lesben und Queeren Menschen innerhalb der Sicherheitsbehörden, deren persönliches Interesse durchaus Berechtigung im Rahmen des CSD findet, die jedoch Angehörige und Repräsentant*innen von Institutionen sind – vor allem, wenn sie im Namen der Institution auftreten – von denen für queere/linke Menschen immer wieder eine Gefahr ausgeht. Gleiches gilt für konservative Parteien, die mit ihrem essenziellen Bezug zum „traditionellen“ Familienbild dazu beitragen Diskriminierung anderer Lebens- und Liebensentwürfe praktisch umzusetzen und ideologisch zu festigen. Wie die Organisator:innen des Monnem Pride den Spagat meistern, das politische Profil des Mannheimer CSD zu schärfen und trotzdem möglichst vielen ein Angebot machen, ihre Interessen als queere Menschen vertreten zu können, wird sich wohl in den kommenden Jahren zeigen.
Am Ende doch nicht alles gut
Nach etwa anderthalb Stunden kamen die vordersten Wagen des Zuges am alten Messplatz an, an dem die Demo offiziell beendet wurde. Noch etwa 30 Minuten später zogen die letzten Teilnehmenden über die Kurpfalzbrücke, um am Platzfest oder dem Programm auf der Neckarwiese teilzunehmen. Trotz der Ankündigung Rechter, die Demo stören zu wollen, gab es während der Veranstaltung keine nennenswerten Vorfälle. Am späten Abend jedoch wurde ein schwules Paar mutmaßlich von einer Gruppe auf der Kurpfalzbrücke angegriffen und einer der beiden Männer schwer verletzt. Zum Berichtszeitpunkt war jedoch noch nichts Näheres über die Angreifer bekannt. Dass der Hass und die Gewalt gegen queere, schwule, lesbische oder migrantische Gruppen und alle Menschen, die von Rechten und Reaktionären als anders oder irgendwie links angesehen werden, angesichts des politischen Rechtsdralls weiter zuzunehmen droht, gibt einer politischen Wiederaufwertung des CSD und des Kampfes marginalisierter Gruppen eine deutliche Grundlage. (Text: DeBe | Bilder: cki)
Bildergalerie: Monnem Pride 2024