Lesermeinung und Erwiderung – Die vielschichtigen Probleme des Klinikums Mannheim
Ich gestatte mir einige Ergänzungen und Berichtigungen zu dem
Kommentar von Herrn Trüper über die Situation des Uniklinikums.
- Im Jahre 2012 erhielt der Geschäftsführer des Klinikums von unserem OB für das außergewöhnlich gute Geschäftsergebnis des Klinikums im Jahre 2011 eine Sonderprämie von 214.000 Euro. Der Gesamtverdienst des Geschäftsführers betrug 2012 mit der Prämie 404.000 Euro.
- Wie sich inzwischen herausgestellt hat, entstanden die guten Geschäftsergebnisse in den vergangenen Jahren zwar auch durch die rigiden Sparmaßnahmen des Geschäftsführers, aber hauptsächlich durch eine undurchsichtige und falsche Quersubventionierung des Klinikums durch das Land Baden-Württemberg, d.h. mit größter Wahrscheinlichkeit war das Klinikum auch schon 2012 in den roten Zahlen.
- Ob auch für die Jahre 2012, 2013, 2014, 2015 Sonderprämien bezahlt wurden weiß nur der OB bzw. der Aufsichtsrat. Auf jeden Fall hat die SPD Fraktion im Jahre 2016 den Geschäftsführer noch einmal
ausdrücklich für seine großen Verdienste für das Klinikum gelobt.
- Das Klinikum fühlte sich auf Grund der falschen Zahlen für so potent und wirtschaftlich stark, auch eigentlich bankrotte Kliniken in Südhessen aufzukaufen.
- Zusammenfassend kann man feststellen. Das Klinikum ist schon viele Jahre in der Krise und war noch nie auf einem wirklich erfolgversprechenden Weg. Dem Geschäftsführer wurde für eine Reihe von Fehlentscheidungen noch eine Prämie gewährt. Die Krise des Klinikums hat folgende Ursachen:
– Hauptursache ist die Abschaffung der Quersubventionierung durch das Land
– Hygieneskandal – wahrscheinlich das Ergebnis des rigiden Sparkurses des Geschäftsführers
– Aufkauf bankrotter Kliniken in Südhessen - Dem Geschäftsführer des Klinikums wurde inzwischen gekündigt. Er hatte nicht wie viele in der Politik und vor allem im Aufsichtsrat irrtümlicherweise geglaubt haben, eine Wunderwaffe, um das Klinikum auf Erfolgskurs zu bringen Die Stadt will ihn auf Schadensersatz verklagen. Ein wenig erfolgversprechendes Unterfangen, denn der Geschäftsführer war der verlängerte Arm des Aufsichtsrates.
- Auch wenn es Herrn Trüper und mit ihm der Linken nicht gefällt, für ein solches Verhalten sollte es nur eine Konsequenz geben Rücktritt des gesamten Aufsichtsrates. Und dafür sollte vor allem auch die Linke kämpfen.
- Abschließend muss man feststellen, das Klinikum ist in einer extrem kritischen Situation. Die Krise wird noch dadurch verstärkt, dass das Klinikum vor einem riesigen Investitionsstau steht und mit großen Personalproblemen zu kämpfen hat. Natürlich kann Mannheim nicht auf das Klinikum verzichten. Privatisierung ist keine sinnvolle Alternative. Die Kommune Mannheim scheint aber mit dem Klinikum überfordert. Bleibt nur das Laden Baden-Württemberg, das auch das Klinikum Mannheim wie alle anderen Unikliniken in Baden-Württemberg übernehmen sollte.
K. Brückner, Mannheim
Erwiderung von Stadtrat Thomas Trüper
Herr Brückner äußert sich zu vielen Themen der Kommunalpolitik. Er tut dies immer sehr verwaltungskritisch. Er steht als solcher sicherlich für viele Bewohner*innen der Stadt Mannheim, um man sollte seinen Anmerkungen und Lösungsvorschlägen zuhören, allerdings wiederum nicht kritiklos. Es geht bei solchen Diskursen immer auch um das Thema: Wie simpel oder komplex sind Sachverhalte wirklich, welche Interessenlagen treten zu Tage, welche Wirkungszusammenhänge gibt es, welche Rolle spielen einzelne Personen, wie sollte demokratische Kommunalpolitik aussehen. Ich will mich auf ein paar wenige Aspekte konzentrieren.
Geschäftsführer-Entgelt / Einkommen Klinikpersonal
In der ersten Anmerkung weist Herr Brückner auf das Geschäftsführer-Entgelt in 2012 hin: 404 TEUR. Zu hoch, gerade richtig, zu niedrig? Das ist sicherlich zu bemessen am „Marktwert“ eines Geschäftsführers in einer Gesellschaft mit ca. 5.000 Beschäftigten und einer Bilanzsumme von einer knappen halben Milliarde EUR. 2012 gab es einen Einzelgeschäftsführer, 2016 weist die Klinikum Mannheim GmbH für zwei Geschäftsführer unmittelbare Bezüge von 460 TEUR aus. Zum Vergleich: Das Universitätsklinikum Marburg und Gießen GmbH (zur Röhn-Klinikum-AG gehörig [!]) weist 2014 für eine fünfköpfige Geschäftsführung Bezüge von 1.134 TEUR aus. Was sagt das über die Qualität der Geschäftsführungen aus? Sicherlich kann man über die Relation zwischen solchen Bezügen und denen einer Reinigungskraft oder einer Krankenpflegekraft oder einer ärztlichen Kraft im Schichtdienst diskutieren. Das tut Herr Brückner jedoch nicht. Er spricht nur einmal von „großen Personalproblemen“. Tatsächlich gibt es ein massives Überlastungsproblem, und es gibt keinen verbindlichen Personalschlüssel. Diese Themen sind wesentlich wichtiger als Geschäftsführer-Entgelte oder welche Partei angeblich 2016 den Geschäftsführer gelobt habe.
Krise des Klinikums – Rote Zahlen – Krankenhausfinanzierung
Das Klinikum war – noch als städtisches „Amt“ – und auch in der Anfangsphase als gGmbH defizitär und wurde aus dem städtischen Haushalt subventioniert. In den 90er und 2000er Jahren wurde es – wie Herr Brückner richtig feststellt durch eine rigide Sparpolitik – zu einer wirtschaftlichen Scheinblüte geführt – ohne Schulden. Es wurden ein- und zweistellige Millionenbeträge „erwirtschaftet“, die allerdings beim Klinikum zur Verstärkung des Eigenkapitals und für Investitionen verblieben.
Die eigentliche Frage muss doch lauten: Darf das Gesundheitswesen und hier insbesondere das Krankenhauswesen überhaupt primär betriebswirtschaftlich und mit dem Ziel der Gewinnerzielung geführt werden? Natürlich nicht! Mittelverschwendung darf es natürlich auch nicht geben. Aber es geht doch um die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung der breiten Bevölkerung ohne Zwei-Klassen-Medizin. Und es geht um die Frage, wer für die Kosten aufzukommen hat. Überproportional die Kassenpatienten? Oder eine Bürger-Krankenversicherung? Und / oder der Staat im Rahmen der Daseinsvorsorge, zumindest im investiven Bereich? Für letztere Varianten kämpft die LINKE. DIE LINKE spricht sich ferner gegen die Finanzierungsmethode über Fall-Pauschalen aus, zudem, wenn sie gegenüber anderen Bundesländern deutlich unterbewertet sind.
„Quersubventionierung des Landes“
Woher Herr Brückner so genau wissen möchte, dass das Land zu viel an die Stadt Mannheim gezahlt habe für die Möglichkeit, im Klinikum Mannheim Forschung und Lehre betreiben zu können, bleibt ein Rätsel. Er gibt die Meinung des Landesrechnungshofes wieder, und damit die Interessen der Landesregierung. Hat er sich schon mal kundig gemacht, wie die Finanzbeziehungen zwischen den baden-württembergischen Unikliniken und dem Landeshaushalt aussehen? Das Uniklinikum Freiburg beispielsweise schloss 2016 mit einem Minus von 5,5 Mio. EUR ab, nach einem winzigen Plus in 2015. Die Bilanz weist etwa 880 Mio. EUR aus, davon lautet die Hälfte der Passiva auf „Sonderposten aus Zuwendungen zur Finanzierung des Anlagevermögens“ – was immer das ist. In Mannheim beträgt die Relation in 2016: 186 Mio EUR auf eine Bilanzsumme von 426 Mio. EUR. Die Verbindlichkeiten der Uniklinik Heidelberg betragen ca. 200 Mio. EUR. Dagegen ist das Klinikum Mannheim nach dem „Hygiene-Skandal“ ein Waisenknabe. Herr Brückner müsste erklären, welchen Vorteil ein dem Land übertragenes Klinikum Mannheim gegenüber einem kommunalen Haus hätte.
Rücktritt des gesamten Aufsichtsrats?
Um eines vorwegzuschicken: Die LINKE ist im Aufsichtsrat der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) nicht vertreten. In der Tat: Wenn die UMM dem Land übergeben würde, bräuchte es auch keinen Aufsichtsrat mehr, sondern nur der Weisheit der Landesverwaltung. Die Kontrolle eines Kolosses wie der UMM durch einen v.a. aus Mitgliedern des Gemeinderats und einigen Mitgliedern des Betriebsrates sowie zwei Vertreter*innen der Fakultät (Land) gebildeten Aufsichtsrates ist – daran gibt es keinen Zweifel – schwierig. Klar ist aber, dass auf diese Weise in den teils widersprüchlichen Interessen von Krankenkassen, Landesfinanzen, Kommune, Personal und Patient*innen eine demokratisch legitimierte Kontrolle aus dem Nahbereich der Einwohner*innen Mannheims gesetzt ist. Mal eben den gesamten Aufsichtsrat auszutauschen klingt zwar unheimlich radikal, würde aber die oben genannten eigentlichen Probleme nicht lösen, im Gegenteil.
Die Gedankengänge von Herrn Brückner haben den Nachteil, dass sie durch kurzschlüssige Personalisierung zur Entpolitisierung eines höchst politischen Themas beitragen.