Wird Kandel zum Laufsteg für Rechtsextremisten und Verschwörungstheoretiker?
Für den 03.03.18 sind, stand heute, drei Demonstrationen/Kundgebungen angemeldet. Zwei Veranstaltungen werden, vor allem in AfD-Kreisen, aber auch in rechten Milieus, bundesweit beworben. Für die bürgerlich-antifaschistische, antirassistische Demo wird ebenfalls breit und überregional mobilisiert. Nazi-Bands, u.a. Kategorie C, werben für ein Konzert am 03.03. im Raum Karlsruhe. Dies dürfte kein Zufall sein. Nach bislang noch unbestätigten Informationen könnten über 3000 Demonstranten am ersten Samstag im März in der südpfälzischen Kleinstadt auf die Straßen gehen.
Die AfD-Initiative „Kandel ist überall“ mit dem Versuch einen bundesweiten Widerstand zu etablieren
Vertreter und Anhänger dieser Initiative nahmen am 17.02.18 an einem „Frauenmarsch“ in Berlin teil, dem wenig Erfolg beschert war. Leyla Bilge, AfD-Mitglied, hatte die Berliner Demo angemeldet, die aufgrund des starken antifaschistischen und bunten Gegenprotests zum Fiasko für die Organisatoren und Teilnehmer, überwiegend allerdings dort wie auch schon zuvor in Kandel am 28.1. (wir berichteten) mit männlichen Teilnehmern, wurde. Wenig zimperlich, geradezu aufgeschlossen zu sein scheinen die AfD-Organisatoren, sowohl in Berlin, als auch in Kandel, mit der Wahl ihrer Unterstützer. Leyla Bilge und andere Redner, wie z.B. der in Mannheim lebende Islamhasser und auch schon für die blaue Partei als Filmproduzent tätige Imad Karim, hielten ihre Reden in Berlin vor dem Banner der als rechtsextrem eingestuften Vereinigung „Bürgerbündnis Havelland“, welches in seinem Logo die aus der NSDAP-Zeit stammende sogenannten „Lebens- und Todesrune“ trägt. In der öffentlich auf Facebook einsehbaren Gästeliste für den 03.03. von „Kandel ist überall“ finden sich nicht nur die Namen bekannter AfD-Politiker, u.a. auch aus Mannheim und Heidelberg, sondern auch von Personen aus dem rechtsextremen (z.B. NPD und Berserker Pforzheim) Umfeld, die auch schon am 28.01. an der Demo in Kandel teilgenommen hatten. Versammlungsleiter am 03.03. könnte ein AfD-Mitglied aus dem Westerwald sein, gegen den in 2017 in Rheinland-Pfalz ein Parteiausschluss-Verfahren eingeleitet worden war. Diese Person war ebenfalls Teilnehmer der Demo am 28.01. und vertrat zusammen mit anderen Aktivisten die ausländer- und asylfeindliche Initiative „Bekenntnis zu Deutschland – Stegskopf, wir sagen NEIN“. In einer E-Mail, die dieser Redaktion vorliegt, ruft der AfD-Kreisverband Heilbronn zu einer gemeinsamen Busfahrt bzw. zu Fahrgemeinschaften nach Kandel auf.
Der Marsch 2017 firmiert nun online als „Frauenbündnis Kandel“
Seit dem 06.02.18 existiert auf Facebook besagtes Frauenbündnis, welches real unseren Recherchen zufolge nicht zu existieren scheint. Deutlich wird jedoch, dass Marco Kurz (Der Marsch 2017) bemüht ist, nachdem er offenbar von Seiten der AfD ausgegrenzt wurde, indem er seine Schuldigkeit als Versammlungsleiter am 28.01. getan hatte, seiner Geltungssucht neuen Raum zu verschaffen. Er hat eine weitere Demo für den 03.03.18 in Kandel angemeldet. Seine Demo will er im weiteren Verlauf mit der von „Kandel ist überall“ verschmelzen lassen.
Faktisch gescheitert ist Kurz mit den Versuchen per strafbewährter Unterlassungserklärungen die Pressefreiheit behindern zu wollen. In dieser Woche kündigte er auf seinem Facebook-Profil an, nun den gerichtlichen Klageweg beschreiten zu wollen. Kurz will nach eigenen Darstellungen auf Facebook diese Woche Strafanzeige gegen Unbekannt und gegen Politiker wegen der Gegendemo am 28.1. gestellt haben.
Solidarität wächst – neues Bündnis am 21.02. gegründet
Nicht nur auf lokal- und landespolitischer Ebene wächst die Solidarität um den Protest gegen die Einverleibung der Kleinstadt Kandel und den Missbrauch eines Gewaltverbrechens durch ortsfremde, rechtspopulistische und -extreme Elemente in die Öffentlichkeit und auf die Straße zu tragen. Am gestrigen Abend gründete sich in Kandel das Bündnis „Wir sind Kandel“. Dort vertreten sind Vereine, Kirchen, Gewerkschaften und Parteien, sowie Einzelpersonen, die dem blau-braunen Spuk ein Ende bereiten wollen.
Gemeinsam mit Aufstehen gegen Rassismus Südpfalz wird das neue Bündnis einen Infostand mit Aufklärungsmaterialien und mit Aktionen über den Tag verteilt am 03.03. durchführen. Unterstützt werden diese Aktionen durch Aufstehen gegen Rassismus Rhein-Neckar, Weinheim, Heidelberg gegen Rassismus u.v.m..
Ebenfalls eine Demo angemeldet hat die Kurfürstlich Kurpfälzische Antifa mit Kundgebung, welche überregionale Unterstützung erfährt.
(Bericht und Bilder Christian Ratz)