Massive Proteste gegen Veranstaltungen der AfD in Bruchsal und Mannheim (mit Kommentar und Bildergalerien)
Am 02.06.18 veranstaltete die AfD in Bruchsal und Mannheim zwei Großveranstaltungen mit Björn Höcke und Alice Weidel. Die Rechtsaußenpartei, im Vorwahlkampfmodus, konnte in beiden Städten zusammen nur knapp 600 Unterstützer auf die Straßen bzw. den Saal bringen. Die Gegenproteste in Bruchsal waren stärker, als die in Mannheim. In der badischen Stadt zeigten über 1.200 Menschen klare Kante gegen die Rechtspopulisten. In der Quadrate-Stadt protestierten etwa 100 AntifaschistInnen gegen das 5-jährige Bestehen der AfD.
Björn Höcke und sein „Volk“ in Bruchsal:
Authentisch rassistisch, Sabotageversuch und die Mobiltoiletten vom Friedrichsplatz
Über 1.200 Menschen demonstrieren in Bruchsal gegen Björn Höcke und seine menschenverachtende Propaganda. Höcke war authentisch rassistisch und wurde von seinen Gleichgesinnten mit “Höcke, Höcke” Rufen gefeiert. Der wegen rechter Äußerungen umstrittene thüringische AfD-Fraktionsvorsitzende hat am Samstag bei einer Kundgebung in Bruchsal kaum mehr als 350 ZuhörerInnen auf den Friedrichsplatz locken können.
Darunter auch einschlägige Neonazis und ein NPD-Funktionär. Ein Ewiggestriger trug ein T-Shirt des Rechtsrockers „Lunikoff“. Der Mannheimer NPD-Funktionär Christian Hehl war ebenfalls dabei.
Die Propaganda der AfD selbst sprach von „mehr als tausend Patrioten.“ Das ist nicht der einzige wahnhafte Widerspruch, der an diesem Samstagnachmittag in der Bruchsaler Innenstadt sicht- und hörbar war. Unsere Schätzungen der Teilnehmerzahl wurden auf Nachfrage von der Polizei gegenüber der Kommunal-Info Mannheim bestätigt.
Gegen Björn Höcke und den AfD Aufmarsch war der Gegenprotest deutlich in der Überzahl, es protestierten mehr als 1.200 Aktivisten*innen mit einer Menschenkette und lautstarken Protesten in Sicht- und Hörweite. Bunt und mit Trommeln, Trillerpfeifen und Sprechchören zeigten sie ihren Widerstand deutlich. Immer wieder riefen sie: “Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda.”
Von einem primitiv zusammengebauten Rednerpult, geschmückt mit zerflederten Deutschlandfähnchen, kam das übliche reißerisch, hetzerische, hasserfüllte BlaBla der AfD.
Rainer Balzer (AfD MdL BaWü) machte den Anfang und bereitete das „Volk“ auf die Rede von Höcke vor. Der Landtagsabgeordnete zeichnete ein düsteres Bild unserer Gesellschaft. Er sprach von einer „Erosion der öffentlichen Ordnung“. Als Beispiele dienten Schmierereien und unsaubere Parkanlagen bis zur erwartenden Hetze gegen einen Asylsuchenden aus Togo in Ellwangen, dessen Abschiebung zunächst von anderen Asylbewerbern verhindert wurde. „Merkt denn keiner, was hier passiert?“, fragte Balzer und legt mit Überfremdung nach.
Nur er und seine Partei können natürlich eine Lösung herbeiführen. Die AfD sei die „Partei gegen Denkverbote“: „Dieses Land hat eine bessere Regierung verdient. Wir können das besser.“ In eine „Zuwanderergesellschaft“ wird man sich nicht integrieren lassen, da wird dann auch schon mal der Gegenprotest als linke kriminelle Vereinigung beschimpft und Menschen aus Afrika als Schmarotzer, die man hier nicht braucht, diffamiert.
Höcke sprach sich ebenfalls gegen Zuwanderung von Flüchtlingen aus und forderte, “dass die Asylindustrie stillgelegt wird”. Deutschland befinde sich angesichts der Flüchtlingspolitik in einem absurden Zustand. In Bruchsal war in den Reden auch eine deutlich antifeministische und menschenfeindliche Richtung gezielt auf Ausgrenzung und Angstmache zu spüren. Auch der Islam wurde von Höcke bedient, „Die Heimat des Islam ist der Orient, sie ist nicht in Baden, nicht in Deutschland“. „Meinetwegen in Schwarzafrika oder meinetwegen in Pakistan – aber nicht hier“.
„Jetzt ist Widerstand und ziviler Ungehorsam Bürgerpflicht, liebe Menschen die Deutschland lieben“. Das kommt an der Bushaltestelle auf dem Friedrichsplatz gut an. „Wir sind das Volk“ ruft die Menge.
Wer an der Bushaltestelle „Friedrichsplatz“ in den Reden auf neue Erkenntnisse oder gar politische Lösungen für Deutschland gehofft hatte, wurde natürlich enttäuscht, im Nachgang nichts anderes als die übliche Hetze, Panikmache und Schüren von Ängsten, ganz im Stile von Rechtspopulisten.
Die AfD wurde an diesem Samstag auch noch Opfer eines Sabotageversuchs, so raunzt ein AfD-Redner ins Mikrofon und beklagte sich, dass für die heutige Kundgebung der Partei keine Mobiltoiletten zur Verfügung gestellt worden sind. Die anwesenden Journalisten forderte er auf, „Das könnten Sie als Systempresse ruhig mal schreiben“.
Selbstverständlich schreiben wir das: “Sabotage – AfD ohne Mobiltoiletten an der Bushaltestelle.”
Die Polizei war mit dem „Bruchsaler Tag“ zufrieden. Mit einem Aufgebot von ca. 600 BeamtInnen gab es keine größeren nennenswerten Probleme. Die zwei bereit gestellten Wasserwerfer wärmten ihren Inhalt in der Sonne auf und kamen nicht zum Einsatz. Für Ina Rau, die Pressesprecherin der Stadt Bruchsal, war die Menschenkette am Vormittag durch die Stadt ein großartiges Signal. Mehrere hundert Menschen versammelten sich unter dem Motto „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Die AfD wurde mit dem richtigen Signal empfangen: Bruchsal ist bunt und vielfältig und jeder ist dort willkommen. Außer eben der AfD.
Weitere Bilder des Tages:
5 Jahre AfD in Mannheim – Nach Meinung zahlreicher Menschen sind das 5 Jahre zu viel
Das Offene Antifaschistische Treffen Mannheim hatte den Gegenprotest zum 5-jährigen Bestehen der AfD in Mannheim angemeldet. Rund 100 Antifaschist- Innen schlossen sich dem Straßenprotest an, welcher auch von der Bündnisregionalgruppe Aufstehen gegen Rassismus Rhein-Neckar (AgR) u.v.m. unterstützt wurde. Der KV der AfD hatte u.a. die Co-Fraktions-vorsitzende der Rechtsausleger-Partei im Bundestag, Alice Weidel, ins Schützenhaus nach Mannheim-Feudenheim eingeladen, um das 5-jährige Bestehen der Partei zu zelebrieren. Etwa 200-250 Menschen folgten der Einladung. Ein Großaufgebot der Polizei, darunter auch eine Reiterstaffel, war im Einsatz. Zu nennenswerten Vorfällen war es nicht gekommen.
Ansprachen beim Gegenprotest hielten Vertreter des OAT und von AgR.
Der Wortbeitrag des OAT (es gilt das gesprochene Wort):
Der Redner von AgR Rhein-Neckar kritisierte das Zitat von AfD-Gauland beim Bundeskongress der Jungen Alternativen am vergangenen Wochenende „Hitler und die NSDAP (mit 50 Mio. Toten) seien nur ein Vogelschiss in 1.000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“ mit den Worten „die AfD solle zeitnah ein Vogelschiss deutscher Geschichte werden, gleich ihren Vorgängerparteien in Parlamenten wie die Republikaner und die NPD.“ Er mahnte vor allem die jungen ZuhörerInnen um mehr Aufmerksamkeit was rechte Umtriebe angeht, die ihm Sorgen bereiten, und warb um Unterstützung was das Engagement von Aufstehen gegen Rassismus in der Rhein-Neckar Region angeht.
Die Demonstranten riefen in Richtung der AfD-Gäste: „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda“ und „Siamo tutti antifascisti“.
Weitere Bilder des Tages:
Kommentar zur AfD-Veranstaltung in Mannheim (Christian Ratz):
AfD, Polizei und Staatsschutz versuchen Pressearbeit zu behindern
Um 19:05 Uhr haben ich und ein Kollege der Beobachter News (BN) um Einlass auf das Gelände (Schützenhaus Mannheim-Feudenheim) gebeten, um unsere Arbeit machen zu können. Der AfD-Ordner (Beisitzer im KV Mannheim und Bezirksbeirat im Stadtteil Schönau) fragte uns, ob wir eingeladen wären. Wir verneinten dies, da es sich ja um eine öffentliche Veranstaltung handeln würde. Er sagte, “ihre” Presse wäre schon da und meinte damit den Mannheimer Morgen, den Rheinneckarblog und die Junge Freiheit. Er könne da „nichts machen“. Wir beschwerten uns auch bei den umstehenden Polizeibeamten wegen dieser presserechtlich nicht statthaften Exklusion. Diese zuckten nur mit den Schultern oder schauten desinteressiert aus ihren Uniformen. Ca. 10 Minuten darauf kam ein Staatsschutz-Beamter und hörte uns und drei weitere frei-arbeitende Journalisten, die ebenso von der Berichterstattung ausgeschlossen wurden, an. Er sagte, dass die AfD Hausrecht habe, es sich aber andererseits um eine öffentliche Veranstaltung handeln würde. „Es wäre ganz schwierig“, meinte er. „Wir könnten uns ja im Nachgang bei der AfD beschweren“ oder sinngemäss Protest beim Presserat einlegen. Wir erteilten dem Beamten einen Crash-Kurs in Sachen Presserecht und -freiheit. Daraufhin wurde er aktiv. 40 Minuten nach Beginn der AfD-Veranstaltung durfte der Kollege der BN für 10 Minuten in den Saal um 3-5 Bilder zu machen. 90 Minuten nach Veranstaltungsbeginn, um 20:30 Uhr, bekam dann auch ich die Gelegenheit dazu max. 5 Fotos zu machen. Der AfD-Mann, der mich auf Schritt und Tritt begleitete, schien mich zu kennen, da er sagte: “Ich solle bitte nicht wieder so einen Scheiß über die AfD schreiben.” “Fotografieren wäre ein echtes Problem, da schon AfD-Sympathisanten ihren Job verloren hätten, nachdem Fotos von ihnen in Berichten erschienen sind.” “Das ich keine Angst haben müsse, das Grillen für die AfD-Gäste wäre bereits beendet”.
Auf meine Frage vor wem oder was ich Angst haben sollte, erhielt ich von dem AfD-„Bewacher“ keine Antwort.
Angst haben kritische FotojournalistInnen – zu denen ich mich zähle -, die im rechts-populistischen/-extremistischen Spektrum recherchieren und darüber berichten ohnehin nicht. Ansonsten würden wir unseren Job nicht machen können.
AfD und Mut zu Wahrheit:
Zum einen muss diese Partei und ihre in der Öffentlichkeit auftretenden RepräsentantInnen, ob als Ordner oder sonst etwas, lernen, was Presse-Recht und -Freiheit angeht. Gleiches gilt für BeamtInnen der Polizei und des Staatsschutzes. Zum anderen müssen sich die AfD-Akteure kritisch hinterfragen, ob über ihre Partei wahrheitsgemäß berichtet werden soll, ob man sich weiter in die Opfer-Rolle versteifen möchte oder, ob die AfD die vermeintliche Lügenpresse weiter repressiv behandeln möchte? Den Vorzug den eigenen SchreiberInnen der AfD-Presse zu geben kann keine Alternative sein.
Als ich meine Foto-Aufnahmen bei der Rede von Alice Weidel machte, konnte ich hören was Weidel in diesem Moment (sinngemäss) sagte: „Wie schwer es der Partei (der AfD) gefallen sei sich von Frauke Petry zu trennen.“ „Ein Video-Film (nicht näher spezifiziert) hätte sie (Petry) entlarvt.“ „Wir (die AfD) stehen jetzt wieder auf einer soliden patriotisch-völkischen Basis“.
(Bericht/Kommentar: John Brambach und Christian Ratz – Fotos: John Brambach und Christian Ratz bzw. Andreas Scheffel)