42. Landeskonferenz der NaturFreunde Rheinland-Pfalz: Rechtsruck stoppen – Entwicklungen in der Gesellschaft mit Angeboten begegnen (mit Fotogalerie)
Unter diesem Credo stand die Konferenz, die am 14. und 15.09.19 in Hochstadt (Südpfalz) stattfand. Eines stand schon nach dem ersten Konferenztag fest: Die NaturFreunde (NF), in diesem Landesverband mit über 4.500 Mitgliedern, wollen politischer werden. Über 60 Delegierte, die knapp 40 Ortsgruppen in Rheinland-Pfalz vertraten, nahmen an der eineinhalbtägigen Tagung teil.
Grußworte, Grußworte und noch einmal Grußworte, aber auch klare Aussagen
Begrüßt wurden die TeilnehmerInnen durch die bisherige und auch künftige Landesvorsitzende der NaturFreunde Doris Barnett (MdB, SPD). Daran gliederten sich Grußworte und solidarische Ansprachen vieler RednerInnen. Zuviele und auch zu lange gehalten, was den Zeitplan zum Wanken brachte.
Gesprochen haben neben VertreterInnen der NF auch z.B. zwei Bürgermeister, eine Vertreterin des ADFC und Vertreter politischer Parteien.
An erster Stelle genannt, Kurt Beck (Ministerpräsident in RLP a.D.; SPD), der in seiner zeitlich diszipliniert gehaltenen Rede schwerpunktmäßig europapolitische Themen ansprach. Darunter das Verhältnis zu Russland und den Brexit. Sinngemäß sagte Beck: „Auf Rechtspopulisten, wie die in Großbritannien, welche das Demokratieverständnis in eine gefährliche Schieflage brachten, könne man verzichten.“ Was der MP a.D. sich von der Landestagung und deren TeilnehmerInnen wünschte: keine „Berg heil!“-Rufe mehr.
In der Wortwahl deutlicher wurden in ihren Grußworten Thomas Hitschler (MdB, SPD) und Alexander Schweitzer (MdL, SPD). Beide Politiker, Mitglieder der NF, berichteten u.a. von Erfahrungen aus den Parlamenten, in die sie gewählt wurden. „Die rechtsradikal bis rechtsextrem agierende AfD würdigt die Arbeit verfassungskonformer Parlamente, wie im Bundes- oder Landtag, massiv herab. Anfragen im Bundestag, bspw. die SPD verbieten wollen zu lassen, oder eine Anfrage im Stadtrat Berlin „Weshalb man keine Straßen oder Plätze nach Horst Wessel benennen kann“, liefern ein Zeugnis ab über die Ideologie dieser Partei. Beide Parlamentarier informierten in ihren Reden auch sehr individuell über den Widerstand in Kandel, Landau und Umgebung, was die seit Januar 2018 aus dem rechten Spektrum regelmäßig stattfindenden Aufzüge angeht.
Christian Baldauf (MdL, CDU) sprach am Nachmittag kurz zu den Delegierten. Was dieser Redner vorbrachte passte sogar nicht ins Programm. TeilnehmerInnen fragten: „Wer hat diesen Typen eingeladen?“. Krotesk erschien auch der Abgang des Redners: “Winkend in alle Richtungen, lief Baldauf, einer Mainzer-Karnevals-Veranstaltung gleich in Richtung Ausgang.” Er wurde nicht aufgehalten und zurückgewinkt wurde eher nicht.
Workshops mit Zukunfts bestimmenden Themen
Der Nachmittag war geprägt durch unterschiedliche Angebote: „Veganes Kochen“, „Betreuung des NF-Kalenders im Internet“, „Wandern mit einem politischen Thema“, „Taschenmesserkurs für die Jugendarbeit: Holzschnitzen“ oder mit einem Angebot sich argumentativ gegen rechte Hass- und Hetzparolen auseinander zu setzen. Diese u.a. Angebote mussten vom zeitlichen Ablauf her zum Teil einschränkend angepasst werden. Am Vormittag wurde zu viel Zeit auf wohlgemeinte, aber auch richtige und wichtige Reden, investiert.
NaturFreunde wollen politischer werden
In einer sehr emotional gehaltenen Rede wurde, an die über 1.000 NF-Mitglieder erinnert, die während der NSDAP-Zeit entweder in Konzentrationslagern oder in Gestapo-/SS-Gewahrsam um ihre Leben gebracht wurden. Michael Müller (Bundesvorstand der NF) sprach in seinem Impulsvortrag auch Themen wie Klima- (Solidarität mit der Fridays for Future-Bewegung) und Friedenspolitik kritisch an.
Zwei Anträge, die einstimmig beschlossen wurden, sollen an dieser Stelle exemplarisch genannt sein:
- Die NF sprechen sich gegen die von der Bundesregierung beschlossene militärische Aufrüstung aus. Ramstein, Spangdahlen und Büchel sollen keine Basen für einen Angriffskrieg sein. Deutschland (die Bundesregierung) soll Waffenexporte in Krisengebiete verbieten
- Als Ergänzungsantrag zur Vereinssatzung wurde beschlossen, dass explizit der AfD und anderen demokratiefeindlichen Parteien/Organisationen kein Zugang zu den NaturFreunde-Häusern gewährt wird. Zur Antragsbegründung wurde die Situation mit der AfD und der rechtslastigen Wählergruppe „Schneider“ in Speyer verwendet und wie man lokal mit der Problematik erfolgreich umgegangen ist.
Vorstandswahlen und Zusammenfassung
„Den Delegierten lag ein ausführlicher Rechenschaftsbericht des Landesvorstandes und der Fachgruppen über die Aktivitäten in den letzten drei Jahren vor. Wie berichtet wurde, hat es seit der letzten Landeskonferenz in Kettig eine Reihe von Veränderungen gegeben. Mit der Beteiligung an einem Programm der Bundeszentrale für politische Bildung haben die NaturFreunde Rheinland-Pfalz den Versuch gestartet, sowohl neue Themen und Zielgruppen anzusteuern als auch gezielt vor allem jüngere Interessierte fit zu machen für die Übernahme von Aufgaben und Verantwortung in den Ortsgruppen, die immerhin noch über 4.500 Mitglieder haben.
Eine weitere Veränderung auf Landesebene ist die Einstellung einer Umweltwissenschaftlerin im Landesbüro, die neben der Wahrnehmung der Aufgaben als anerkannter Naturschutzverband, die Ortsgruppen bei der Entwicklung und Durchführung von Umweltprojekten unterstützten wird. Hinzu kommt ein verstärktes Engagement für Vielfalt und Offenheit in der Gesellschaft (N.B. Stärkenberatung). Eine wirkungsvolle Politik gegen den Klimawandel und das Engagement dafür sind ein weiteres wichtiges Thema, an dem die NaturFreunde nicht nur in Rheinland-Pfalz arbeiten. Diese Entwicklungen fanden breite Zustimmung der Delegierten. Der Vorstand wurde einstimmig durch die Delegierten entlastet.
Im Anschluss wurden 15 Anträge aus dem Landesverband beraten und verabschiedet. Zehn der fünfzehn Anträge setzten sich mit der Weiterentwicklung der NaturFreunde und ihrer Aktivitäten auseinander. Die aktive Verbandsentwicklung gehörte ebenso dazu, wie die Werbung neuer Mitglieder, das Aufgreifen weiterer und neuer Themen in der Arbeit der NaturFreunde oder Beitragsfragen.
Zur langen Tagesordnung der Konferenz gehörten auch die Wahlen des Landesvorstandes und weiterer Landesgremien: Doris Barnett, die bisherige Landesvorsitzende wurde ebenso, wie die anderen Mitglieder des Landesvorstandes, ohne Gegenstimme wiedergewählt.“, so eine Pressemitteilung der NF am 17.09.19 .
Das der Landesvorstand in der bekannten Aufstellung erneut wiedergewählt wurde, muss oder müsste zahlreiche Delegierte und NF-Mitglieder im Nachgang in Rheinland-Pfalz schmerzen. TeilnehmerInnen der Tagung erhofften sich vor den Wahlen eine Verjüngung und Erneuerung im Vorstand.
Unterstützt wurde die Landestagung mit Infoständen von AWO, Pro Asyl und Aufstehen gegen Rassismus Rhein-Neckar.
(Bericht und Fotos: Christian Ratz)
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