Lebenshilfe Bad-Dürkheim e.V.: Neo-Nazi vom Dienst suspendiert
Nach Recherchen des Antifa Report Pfalz war, zumindest bis 16.06., dort ein Mitarbeiter beschäftigt, der seit einigen Jahren dokumentiert der rechtsextremistischen Kameradschaftsszene zugeordnet werden kann. Antifa Report Pfalz hatte heute auf deren Internetseite und in sozialen Medien über die gewonnenen Erkenntnisse informiert. Dem Mitarbeiter der Lebenshilfe Maik S. droht nun die Kündigung. Diese strengt zumindest sein bisheriger Arbeitgeber an. Gewerkschaftskreise sind schockiert darüber, dass ein Mensch mit augenscheinlich extrem rechter Gesinnung, bei einer Einrichtung wie der Lebenshilfe sogar noch als Betriebsrat aktiv sein konnte. Aufgrund der vorliegenden Tatsachen, sah sich die Lebenshilfe Bad Dürkheim e.V. heute zu einer Pressemitteilung gezwungen.
Der Antifa Report Pfalz berichtet wie folgt (Auszüge)
“Maik S. war als Mitglied des Betriebsrats auf der entsprechenden Internetseite der Lebenshilfe zu finden. Da wir uns nicht vorstellen können, dass ein Verein, der sich der Förderung von Menschen mit geistiger Behinderung widmet, einen gewaltbereiten Neonazi beschäftigt, informierten wir am 16.06.2020 die Geschäftsführung und forderten diese zum handeln auf. Man wollte uns bis zum 24.06.2020 eine Stellungnahme zuleiten. Dies ist leider nicht geschehen. Allerdings wurde Maik S. inzwischen aus dem Internetauftritt der Lebenshilfe entfernt.”
“Er soll während seiner Arbeit eine erkennbar rechte politische Einstellung zeigen, wird dabei jedoch als eher unauffällig bezeichnet. Uns bleibt dennoch völlig unverständlich, wie ein Neonazi, der außerhalb seiner Arbeitszeit offen die Hitler-Zeit verherrlicht und gewaltbereit auftritt, in einer Einrichtung für geistig behinderte Menschen arbeiten darf. Im dritten Reich galten behinderte Menschen als lebensunwert. Mehr als 70000 Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen fielen der Euthanasie zum Opfer und wurden systematisch durch das Nazi-Regime ermordet. Das rassistisch und nationalsozialistisch geprägte Menschenbild von Maik S. widerspricht zudem klar den Grundwerten der Lebenshilfe.”
“Am 20.04.2019 trug Maik S. in Ingelheim offen erkennbar ein Amulett mit der Tiwaz- oder Tyr-Rune. Diese Rune war Kennzeichen einer SS-Freiwilligendivision, Erkennungszeichen der Hitlerjugend und Abzeichen der SA-Reichsführerschulen. Das Symbol ist nach einer Publikation des Vereins für Demokratie und Vielfalt (DEVI) verboten und das offene Tragen als Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen auch bei abweichender Farbgebung strafbar (§ 86 StGB).”
“Oft sind Neonazis auch im Tierschutz aktiv. Ähnlich wie Adolf Hitler zeigen sich die Menschenfeinde gerne als Tierfreunde. Bei seinen Auftritten trägt Maik S. deshalb auch gerne mal ein T-Shirt mit dem rechtsextremen Label „LOVE ANIMALS – HATE ANTIFA“.”
Lebenshilfe Bad Dürkeim e.V. geht an die Öffentlichkeit
Mit den heute veröffentlichten Informationen durch den Antifa Report Pfalz (ARP) ging die Geschäftsführung mit einer Pressemitteilung in die Offensive. Kritiker sagen, das dies zu spät geschah. Die Pressemitteilung sagt:
“Uns wurde bekannt, dass ein Mitarbeiter unserer Lebenshilfe sich aktiv an Demonstrationen und Aufmärschen beteiligt, die von rechtsextremen Gruppierungen organisiert werden. Dieses Verhalten des Mitarbeiters in der Öffentlichkeit und seine Äußerungen zu Geschehnissen während der Zeit des Nationalsozialismus machen uns fassungslos und sind mit unserer Haltung, den Werten und dem Leitbild unserer Lebenshilfe Bad Dürkheim e. V. nicht vereinbar.
Diese Tatsache hat uns zutiefst schockiert, zumal dieser langjährige Mitarbeiter am Arbeitsplatz und insbesondere im Umgang mit Menschen mit Behinderung bislang bezüglich seiner rechtsextremen Haltung und auch sonst nicht negativ auffällig war. Nach Befragung seiner Kollegen wurde uns bestätigt, dass sein außerdienstliches Verhalten nicht in den Betrieb hineingewirkt hat.
In mehreren Gesprächen hat er uns seine politisch rechtsextreme Gesinnung bestätigt und mitgeteilt, diese auch weiterhin in der Öffentlichkeit ausleben zu wollen. Wir haben daraufhin diverse arbeitsrechtliche Maßnahmen ergriffen, ihn beispielsweise vom Dienst freigestellt und ihm unmissverständlich mitgeteilt, dass wir uns von ihm trennen möchten.
Obwohl der Mitarbeiter immer wieder betonte, der Lebenshilfe niemals schaden zu wollen, war er zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht bereit.
Somit sahen wir uns gezwungen, die Kündigung in die Wege zu leiten. Allerdings besitzt der Mitarbeiter aufgrund seiner langjährigen Zugehörigkeit und der Mitgliedschaft im Betriebsrat einen doppelten Kündigungsschutz. Er ist nur außerordentlich kündbar und die Kündigung bedarf zwingend der Zustimmung des Betriebsrats. Wir haben diese Zustimmung beim Betriebsrat beantragt.
Der Betriebsrat hat seine Zustimmung hierzu nicht erteilt. Derzeit prüfen wir intensiv mit verschiedenen Fachanwälten weitere arbeitsrechtliche Schritte.
Unabhängig davon finden auch weiterhin zahlreiche Klärungsversuche und Anstrengungen statt, um hier eine Lösung zu finden: Einberufung des Vorstands, intensive Gespräche mit dem Betriebsrat, unserem Anwalt, den Spitzenverbänden wie Landesverband und Bundesvereinigung der Lebenshilfe sowie dem PARITÄTISCHEN.
Festzuhalten bleibt, dass der Mitarbeiter ein außerdienstliches Verhalten an den Tag legt, welches mit dem Leitbild der Lebenshilfe in keinster Weise vereinbar ist.
Wir haben den Mitarbeiter deshalb ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir in unserer Lebenshilfe keine Äußerungen oder Handlungen dulden werden, die unserem Leitbild widersprechen. Weiter haben wir den Mitarbeiter darauf hingewiesen, dass sowohl der Vorstand und die Geschäftsführung als auch die Führungskräfte der Lebenshilfe das außerdienstliche Verhalten des Mitarbeiters aufs Schärfste verurteilen und wir hierfür keinerlei Verständnis haben.
Wir sind enttäuscht und bedauern außerordentlich hier vorerst offensichtlich an die Grenzen unseres Rechtssystems zu stoßen.
Bad Dürkheim, 29.06.2020,
Vorstand und Geschäftsführung der Lebenshilfe”
Unterstützung aus Gewerkschaftskreisen
Aus Gewerkschaftskreisen hat KIM die Bestätigung erhalten, dass die Lebenshilfe e.V. juristische Beratung in der Sache in Anspruch nimmt. In Aussicht zu stehen scheint, so die aktuellen Informationen des KIM, dass die für die Lebenshilfe zuständige Gewerkschaft ihren Einfluss geltend machen wird, damit ein möglicher Widerstand im Betriebsrat gegen die Kündigung keinen dauerhaften Zustand darstellt.
(Bericht: Christian Ratz / Titelbild und Screenshots: ARP und Lebenshilfe Bad Dürkheim)
Links:
Antifa Report Pfalz
https://antifareportpfalz.noblogs.org/
Lebenshilfe Bad Dürkheim e.V.
https://www.lebenshilfe-duew.de/