Querdenken in Speyer: Versammlungsauflagen wurden mannigfaltig missachtet – Polizei und Ordnungsbehörde liesen es quasi laufen
Die bislang eher unscheinbar agierende “Querdenken”-Gruppierung in Speyer bekam heute, nach der erneuten Absage seitens des lokalen Ablegers in Mannheim, unerwartet mehr Zuspruch. Dies freute die Organisatoren, die in Speyer in typischer Querfront-Formation auftraten. Polizei und Ordnungsbehörde in Speyer waren der Aufgabenstellung nicht gewachsen. Mannigfaltige Verstösse gegen die Versammlungsauflagen wurden vor Ort nicht geahndet. Rechtsextremisten unterwandern erneut eine Corona-Rebellen-Veranstaltung im Rhein-Neckar-Raum. Ein Gegenprotest zivilgesellschaflicher und antifaschister Gruppen fand aufrund der auch in Speyer hohen Covid19-Infektionsfälle nicht statt.
Querfront: Friede, Freude, esotherischer Pustekuchen
Angemeldet wurde der Aufzug der Querdenker in Speyer , nach Polizeiangaben vor Ort, für 250 TeilnehmerInnen. Gekommen waren am Ende rund 300 Menschen, die sich grundsätzlich gegen die Covid19-Pandemieschutzauflagen der Bundes- und Landesregierungen in Rheinland-Pfalz positionierten. Verschwörerisch verbunden mit den dubiosen Gruppierungen “Eltern stehen auf” in Rheinland-Pfalz und einer bislang nicht bekannten “Friedensinitiative Speyer”. Dies alles unter dem Motto: “Freiheit für ein Kinderlächeln”. Kinder nahmen an der Versanstaltung kaum teil. Die Agenda der Redner*Innen offenbarte jedoch deren Motive.
Verharmlosung der NSDAP-Diktatur – Geschichtsrevisionismus pur
Als RednerInnen traten u.a. nicht nur eine Ärztin und Gesundheitspflegerin auf, die in ihren Reden die Gefahr des neuen SARS-CoV 2-Virus versuchten zu verharmlosen. In einer der beiden Reden wurde auch klar dazu aufgerufen gegen die geltenden Bestimmungen zu verstossen. “Als Pflegekraft in einem Hospitz muss ich meinen Patienten Mimik zeigen können. Mit Maske geht das nicht. Masken müssen weg.” (sinngemäss)
Ein Anwalt im Unruhezustand, der scheinbar auch die sogennanten “Klagepaten” nach eigenen Worten unterstützt wollte sich “wieder die Garderobe” anziehen. Er korrigierte sich und meinte “die Robe” wolle er sich wieder anziehen, um für Demokratie, für Kinderrechte und um gegen eine “Corona-Diktatur” (Alexander Gauland, AfD, -Sprache im deutschen Bundestag in dieser Woche; Anm. der Redaktion) sein Wort zu ergreifen. Er führte weiter aus (sinngemäss):
“Es gab schon mal eine Zeit, in der Menschen sagten, ich fürchte mich nicht vor Hitler, Göbbels oder Himmler, aber ich fürchte mich vor meinen Nachbarn, dem Bäcker um die Ecke – ob mit oder ohne Uniform…”.
Es folgten großer Applaus und “Merkel muss weg”-Rufe, wie man sie von PEGIDA-Aufzügen und weiteren rechtsextremen Aufzügen, wie bspw. in Kandel, kennt.
Rechtsextremisten mit dabei
Wie inzwischen beinahe üblich bei “Corona”-kritischen Aufzügen in den letzten Monaten (KIM berichtete vielfach) waren heute in Speyer auch Vertreter der extremen Rechten mit dabei. Gesehen wurden Unterstützer des vom Verfassungschutz beobachteten “Widerstand Zweibrücken” und der Neo-Nazi Partei die Rechte in Rheinhessen.
Desweiteren beteiligten sich Mandatsträger der AfD und der Rechtsaußen “Wählergruppe Schneider” direkt am Protest.
Der Stadtrat der AfD Benjamim Haupt betätigte sich erneut als Möchtegern “Anti-Antifa-Fotograf”. Im Stadtparlament ist der Mandatsträger der in weiten Teilen rechtsextremen Partei bis dato nicht wesentlich und positiv im demokratischen Sinne durch Politikarbeit aufgefallen. Seine Chefin, Nicole Hoechst (MdB-AfD), durfte bei dieser fragwürdigen Veranstaltung nicht fehlen. War es doch die AfD, die zunächst Anfang des Jahres allzu vehemmt beklagte, dass die Bundesregierung zu lax mit der Bedrohung durch den neuartigen Covid19-Erreger umgehen würde. Heute stellt sich diese Partei, innerlich total zerstritten, komplett gegen ihre ursprünglichen, populisitschen Forderungen.
Es wäre verwunderlich gewesen, wären Vertreter der rechtspopulistischen Wählergruppe Schneider nicht anwesend gewesen. Der Stadtrat Schneider zeigte sich, wie auch ein weiterer Protagonist seiner Wählergruppe offensiv. Daniel Kemmerich fungierte als Filmer der Veranstaltung. Kemmerich und weitere Personen zeigten den KIM-Redakteur dieses Berichts 2019 mit falschen Angaben bei der Polizei an. Die Staatsanwaltschaft Frankenthal stellte das Ermittlungsverfahren im September 2019 “mangels öffentlichem Interesse” ein.
Totalversagen der Versammlungsleitung, der Polizei und der Ordnungsbehörde Speyer – Anzeigen könnten folgen
Wenn es aus guten Gründen Versammlungsauflagen gibt, dann sollten sich alle Verantwortlichen darum bemühen, diese durchzusetzen. Davon war heute in Speyer wenig bis gar nichts zu sehen. Die Versammlungsleitung hatte die umfangreichen Auflagen verlesen. Dieses alleine schon wurde durch Buh-Rufe und Pfiffe durch Anwesende quittiert. Gelangweilt agierte die Mehrzahl der OrdnerInnen, die selbst allesamt keine Schutzmasken trugen, und kamen ihrer Aufsichtsplicht in keinster Weise nach. Noch zu Anfang der Versammlung sagte ein Polizeisprecher dem KIM (sinngemäss): “Sämtliche Auflagen würden permanent überwacht werden. Verstösse dagegen könnten geahndet werden.” Auf diese Worte folgten im weiteren Verlauf keine wesentlichen Taten durch die Polizei und das Ordnungsamt Speyer. Eingesetzte Polizeieinheiten und Vertreter der Ordnungsbhörde Speyer agierten augenscheinlich genauso gelangweilt. Längerfristig und provokant wurde von den unverantwortlichen Querdenkern gegen Versammlungsauflagen verstossen. Erst nach mehrmaligen Interventionen von BürgerInnen wurde von der Polizei das Verteilen von Propagandamaterial außerhalb der zugelassenen Veranstaltungsfläche unterbunden. Die Person, die die Versammlungsauflagen verlas, sagte auch (sinngemäss): “Im Kooperationsgespräch mit Polizei und Ordnungsbehörde hätte man den Hinweis erhalten, dass der Kundgebung ein linksextremistischer-Antifa-Angriff drohen könnte.” Polizeifotografen-/filmer wurden heute nicht gesichtet, die so etwas hätten dokumetieren können.
Holger Heim (Sprecher der Kurfürstlich-Kurpfälzischen Antifa -KKA) erklärt hierzu gegenüber dem KIM:
(Bericht und Fotos: c.r. und wie angegeben)
KIM hat am 31.10 20 auch aus Mannheim zu diesem Thema berichtet:
„Querdenken“-Absage: Maskenpflicht bremst Verschwörungsideologen aus