LINKE Mannheim: Grundsätzliches zur Corona-Situation
Stellungnahme des KV DIE LINKE Mannheim zur aktuellen und zu erwartenden Corona-Situation
Ohnmacht ist ein Grundgefühl unserer Zeit. Dies gilt besonders gegenüber der Coronakrankheit. Der zunehmend unklare Kurs der Regierungen von Bund und Ländern verstärkt dieses Gefühl. Damit sinkt die Akzeptanz für verordnete Einschränkungen. Dies ist gefährlich und kontraproduktiv.
Die Krise regiert uns seit zehn Monaten. Die Regierungen reagieren zunehmend planlos. Entscheidungen werden nach wie vor im Verlauf von intransparenten Gesprächen zwischen Kanzlerin und MinisterpräsidentInnen geführt, die demokratische Legitimation ist dürftig, die Kontrolle der Wirksamkeit all der Einschränkungen ist inkonsequent oder fehlt völlig.
Es wird noch lange dauern, bis wir ein Leben führen können, das dem ähnelt, das wir in der Zeit davor gewohnt waren. Bis dahin gilt: Wollen wir weitere Infektionswellen vermeiden, müssen wir Kontakte einschränken, wo dies möglich und sinnvoll ist und den Infektionsschutz dort optimal gestalten, wo Kontakte nicht vermeidbar sind.
Es wird immer diskutiert werden müssen, wie weit die Einschränkungen gehen müssen, um dieses Ziel zu erreichen. Dershalb ist es wichtig zu überprüfen, welche Einschränkungen tatsächlich das Ziel erreichen helfen, und welche pure Symbolik sind. Zum Beispiel: Was bringt eine nächtliche Ausgangssperre? Sie ist ein massiver Eingriff in die persönliche Lebensgestaltung. Ist dies durch den Nutzen gerechtfertigt? Müssen die Parks geschlossen bleiben? Wir sollen leistungsfähig bleiben, sollen arbeiten gehen, sollen unsere Kinder betreuen, die nicht in Schule und Kita gehen können, aber wer interessiert sich dafür, dass es gegen den Alltagsstress auch die Möglichkeit geben muss, sich zu erholen? Sind es nicht gerade die Grünflächen, die diese Möglichkeit bieten, ohne dass dort ein hohes Infektionsrisiko besteht? Menschen suchen sich immer Wege, sich Einschränkungen erträglich machen. Es muss Wege geben, die möglichst wenig Risiko bedeuten.
Die Coronakrise ist keine Krise, sie ist eine Katastrophe. Bisher sind 50000 Menschen gestorben, allein in Deutschland, und es werden noch viele weitere dazukommen. Kein Ereignis seit Kriegsende hat so viele Tote verursacht. Wir empfinden es nicht als Katastrophe, weil der Alltag weiterläuft, weil wir uns daran gewöhnt haben, weil wir uns damit ablenken, dass es mit der Wirtschaft trotzdem irgendwie aufwärts geht.
Die Hauptaufgabe der Regierungen in einer solchen Kátastrophe wäre es, eine Perspektive zu bieten, einen Plan vor Augen zu haben, einen Weg aufzuzeigen. Dies geschieht nicht. Die Untätigkeit des Kultusministeriums ist nur das äußerste Beispiel für dieses Versagen. Dass diese Katastrophe auch eine Chance ist, wird weder so kommuniziert, noch so wahrgenommen, weil die Beharrungskräfte zu stark sind, jene, die mit der Situation vor der Krise gut klargekommen sind und wollen, dass es danach wieder so ist wie vorher.
Dies müssen wir verhindern. Die Katastrophe zeigt: Unsere Gesellschaft ist eine gespaltene Gesellschaft. Es gibt Menschen, für die die Einschränkungen schlimmstenfalls ärgerlich sind, die in großen Wohnungen oder Häusern mit Garten leben, die ihren Lohn, ihr Gehalt weiter beziehen, die nicht fürchten müssen, entlassen zu werden, denen es egal sein kann, ob sie ihre FFP2-Masken selbst bezahlen müssen oder nicht. Und es gibt jene, die ihre Lebensgrundlage verloren haben, die ihre Gesundheit riskieren müssen in schlecht bezahlten Arbeitsverhältnissen, die in engen Wohnungen leben, die ihren Kindern keine Privatnachhilfe geben können, die jetzt noch zusätzlich ausgegrenzt werden.
Wir haben die Möglichkeit, aus diesem Bewusstsein Konsequenzen zu ziehen. Stattdessen gibt es Hilfen ohne Gegenleistung für wenige Konzerne und keine Hilfe für viele und meistens noch nicht einmal für jene, die sie beanspruchen dürften, aber am Bürokratismus oder unrealistischen Voraussetzungen scheitern.
Welche Chancen stecken in der Krise? Nehmen wir vielleicht endlich wahr, wo unserer Lebensstil auch bisher schon Verzicht bedeutet hat? Was uns unser gewohnter Lebensstil kostet? Doch weder Land noch Bund bieten anderes, als sich für die mehr oder weniger sinnvollen oder gar notwendigen Einschränkungen zu entschuldigen und glauben zu machen, danach ist wieder Party wie vorher. Kann sein, es kommt so, aber wollen wir das?