Die kuriose Reise einiger Anti-AfD Plakate
„Von der NPD unterscheiden wir uns nicht durch Inhalte“ und „Wir sollten eine SA gründen und aufräumen“ steht auf blauen Plakaten, die an vielen Orten in Mannheim, besonders in den nördlichen Stadtteilen, aufgehängt wurden. Das blau erinnert nicht zufällig an die AfD. Rechts unten findet sich ein Logo der blauen Partei, allerdings nicht das Original. Der rote Pfeil zeigt nach unten.
Vor den Plakaten bleiben immer wieder Menschen stehen und grübeln, manchmal bildeten sich schon Menschentrauen, Diskussionen begannen. „Genau das wollen wir erreichen“ sagt Chris Rihm, Stadtrat der Grünen, der die Plakataktion unterstützt. Mit den Plakaten im AfD-Stil habe man besonders krasse Zitate von AfD Mitgliedern in den öffentlichen Raum gehängt, um aufzurütteln und darauf hinzuweisen, dass die AfD eben keine harmlose, bürgerliche Partei ist.
„Es ist die erste parteiübergreifende Aktion in einem Wahlkampf seit langem“ freut sich Gerhard Fontagnier, der aus eigener Erfahrung weiß, welche Gefahren von den rechten Populist*innen ausgehen. Seit Jahren wird er immer wieder bedroht und diffamiert. Bei der Landtagswahl 2016 verlor er knapp gegen den AfD Kandidaten Rüdiger Klos, der überraschend das Direktmandat in den nördlichen Stadtteilen holen konnte.
Der Mannheimer Norden ist eigentlich eine Arbeiterhochburg, in der die Sozialdemokraten lange Zeit eine klare Mehrheit auf ihrer Seite wussten. Doch auch SPD Kandidat Stefan Fulst-Blei verlor 2016 gegen den AfD Konkurrenten. Er konnte dennoch über ein Zweitmandat in den Landtag einziehen.
Die parteiübergreifende Plakataktion zum Landtagswahlkampf 2021 wird neben SPD und Grünen auch von Die Linke, Die Partei und den „Omas gegen Rechts“ unterstützt. Das Motto: „Wählt demokratisch – Keine Stimme den Antidemokraten“. So etwas wie 2016 soll in diesem Jahr auf keinen Fall wieder passieren.
„Rechtlich nicht zu beanstanden“
Verwirrung um die Plakate gab es auch bei der AfD selbst – so sollte es ja auch sein. Die Rechten werfen der Kampagne „AKP-Methoden“ vor und behaupten, es handle sich um „Fälschungen“. Es wurde offenbar auch Anzeige bei der Polizei erstattet.
Doch die Initiatoren von „Wählt demokratisch“ haben sich rechtlich beraten lassen und gehen davon aus, dass ihre Aktion vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt ist. Die Plakate provozieren zwar mit AfD-blauer Farbe, doch das Impressum ist korrekt und wer bis zum Ende liest, weiß um den tatsächlichen Urheber Bescheid. Auch die Zitate, die AfD Politikern zugeschrieben werden, lassen sich im Netz nachrecherchieren. Die Initiative verweist auf den Blog Volksverpetzer, eine Aufklärungswebseite über die AfD und andere rechte Organisationen.
Verwirrung gab es wohl auch bei der Polizei. Offenbar wurden einige der Plakate von Personen abgehängt, die sich darüber aufregten. Diese hatten sie dann zur Polizei gebracht. Nach Informationen des „Mannheimer Morgen“ hat auch AfD Bundestagskandidat Jörg Finkler, der selbst Polizist ist, solche Plakate abgehängt und seinen Kollegen auf der Polizeiwache in Sandhofen übergeben.
Nach Überprüfung der Plakate und der Feststellung, dass diese nicht rechtswidrig aufgehängt wurden, sollten sie ihren Besitzern zurück gegeben werden. Das berichtet Stadtrat Chris Rihm. Er ist nämlich zusammen mit Gerhard Fontagnier als Verantwortlicher auf den Plakaten genannt und wurde wohl deshalb von der Polizei kontaktiert.
Allerdings lieferte die Polizei die blauen Plakate nicht etwa zur grünen Wahlkampfzentrale, sondern zu einer Rheinauer Garage, die offenbar dem AfD Bundestagskandidaten gehört. Bei diesem ganzen blau und grün ist wohl auch der Polizei der Überblick verloren gegangen.
Dass die Plakate rechtlich nicht zu beanstanden sind, hat neben der Stadtverwaltung mittlerweile auch die Staatsanwaltschaft bestätigt. „Es bestand nach Prüfung von Amts wegen kein Grund für die Einleitung eines Strafverfahrens“, wird der Erste Staatsanwalt Marc Schreiner im „Mannheimer Morgen“ zitiert.
Chris Rihm sieht die Sache gelassen und will die Plakate wieder aufhängen. Zwar wird er als ehemaliger Christdemokrat, neu-grüner Stadtrat und Plakatveranwortlicher besonders heftig angefeindet – sogar bei der Landespressekonferenz der AfD soll gegen ihn geschimpft worden sein – doch davon will er sich nicht unterkriegen lassen. (cki)