Eindrücke von der FreePalestine-Demo
Ein Erlebnisbericht von Gertrud Rettenmaier.
Als ich am 17.05 im Mannheimer Morgen den Bericht über die Kundgebung der Palästinenser am vergangenen Samstag am Friedensplatz gelesen habe, war ich sprachlos und habe überlegt, ob ich bei einer anderen Veranstaltung war. Hier meine Eindrücke: Ich bin ca. eine Viertelstunde nach Beginn der Kundgebung eingetroffen und durfte nicht mehr auf den Platz, weil nach den Pandemie-Vorgaben schon genügend Personen anwesend waren. Daher hielt ich mich auf der erhöhten Grasböschung am Rand auf, wie viele andere Teilnehmer*innen auch. Ich schätze die Zahl der Anwesenden auf ca. 1000, und erfuhr auch, dass einige aus der Region angereist waren. Ich sah nur eine einzige grüne Fahne mit arabischen Schriftzeichen, jedoch sehr viele Palästinafahnen und einzelne türkische Fahnen.
Weder die Plakate von Teilnehmer*innen, noch die Kundgebungsreden waren antisemitisch ausgerichtet. Es wurde ausdrücklich betont: Wir sind nicht gegen Juden, wir sind gegen Gewalt und die Besatzung und das Unrecht, das dem palästinensischen Volk angetan wird. Auch die Raketen der Hamas wurden verurteilt. Wahrgenommen habe ich, dass es einige Unruhe in der Nähe der Bühne gab. Es gab Ansagen, bitte die Reden nicht zu stören und die Pandemie-Abstandsregeln einzuhalten. Ich habe die Kundgebung verlassen, als es eine für mich sehr langweilige muslimische Predigt von der Bühne gab, die sehr anders war, als das vorher Gesprochene. Diese Rede schien ein anderes Konzept zu verfolgen als die Veranstalter*innen der Kundgebung zuvor. Möglicherweise gab es eine Gruppierung, die versuchte, die Veranstaltung für ihre Zwecke zu missbrauchen.
Ich habe die Kundgebung besucht, weil ich vorher persönlich in Kontakt mit einer in Gaza lebenden Familie war. Das Elternpaar und ihre kleinen Kinder sind in höchster Panik, weil ringsum Bomben auf Hochhäuser abgeworfen werden. Die Bomben treffen auch ganz normale Menschen, die überwiegend mit der Hamas nichts zu tun haben. Es gibt kein aufbereitetes Trinkwasser mehr, kaum Strom, die Straßen sind kaputt, Verletzte können nicht mehr versorgt werden, weil das Gesundheitssystem zusammenbricht. Mein Empfinden bei der Kundgebung war, dass viele Menschen zusammenkamen, die aus Palästina stammen und Verwandte dort haben, weil sie ihre Angst und ihr Entsetzen mitteilen wollen.
Was geschieht in Deutschland, wenn trotz der seit 54 Jahren andauernden völkerrechtswidrigen Besatzung einseitig Partei für Israel ergriffen wird, während die Situation der Palästinenser ausgeblendet wird und sie nur als Terroristen diffamiert werden?
Ich befürchte eine zunehmende Spaltung unserer Gesellschaft. Denn alle, die sich mit der Not der Palästinenser*innen befassen oder solidarisieren, werden nicht mehr glauben, dass Deutschland sich international für Menschenrechte einsetzt.
Gertrud Rettenmaier
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