Zerschlagung des Rohbaus bei EvoBus in Mannheim geplant – Betriebsrat und IG Metall gehen in harte Auseinandersetzung mit dem Unternehmen
- Daimler Truck-Konzern gibt Pläne zur Verlagerung des kompletten Busrohbaus aus Mannheim ins Ausland bekannt
- Ca. 1000 Arbeitsplätze im Werk Mannheim betroffen
- IG Metall: Schwerer Schlag für Industriestandort Mannheim und die ganze Bundesrepublik
- Betriebsrat und IG Metall erwarten Zukunftskonzept und kündigen harte Auseinandersetzung mit der Unternehmensleitung um den Erhalt von Arbeitsplätzen und Know-how an
Schwarzer Tag für Mannheim
Am Nachmittag des 29. Juni wurden in einer kurzfristig anberaumten Informationsveranstaltung die Beschäftigten bei EvoBus in Mannheim von der Unternehmensleitung darüber informiert, dass Teile der Produktion ins Ausland verlagert werden sollen. Im Rahmen eines von der Daimler Truck-Konzernleitung geplanten massiven Sparprogramms sollen u.a. der gesamte Rohbau in Mannheim geschlossen werden.
In Mannheim wären davon aktuell etwa 1000 Beschäftigte betroffen. Am Standort Ulm stünden weitere rund 500 Arbeitsplätze auf der Kippe. Die EvoBus GmbH ist eine 100%ige Tochter der Daimler Truck AG. Am Standort Mannheim-Waldhof/Luzenberg arbeiten zur Zeit etwa 3500 Menschen für EvoBus. Im Motorenbau bei Daimler-Truck/ Lkw gibt es aktuell etwa 5000 Beschäftigte. Der Standort Mannheim mit zusammengenommen 8500 Beschäftigten ist einer der größten Arbeitgeber der Stadt Mannheim.
Thomas Hahl, 1. Bevollmächtigter und Geschäftsführer der IG Metall Mannheim, zeigte sich am Mittwoch nach der Informationsveranstaltung schockiert und wütend über die Pläne des Unternehmens:
„Der Karosserierohbau ist das Herzstück von EvoBus in Mannheim. Wir werden nicht zulassen, dass das komplett ins Ausland verlagert wird”, sagte er. “Das nehmen wir nicht kampflos hin, sondern werden jetzt in eine harte Auseinandersetzung gehen.” Es brauche für beide Standorte – also Mannheim und Ulm – ein gemeinsames Zukunftskonzept. “Da werden wir uns auch nicht auseinanderdividieren lassen.” Das, was das Unternehmen bisher vorgelegt habe, sei “kein Konzept, das ist reiner Personalabbau.”
Wenn es in den deutschen Buswerken ein angebliches Kostenproblem gebe, liege das auch daran, dass in der Vergangenheit Investitionen in die Effizienz versäumt worden seien.
Bruno Buschbacher, Betriebsratsvorsitzender beim „Benz“ in Mannheim, kündigte an, gemeinsam mit Belegschaft und IG Metall für den Erhalt der Arbeitsplätze zu kämpfen:
„Die Auseinandersetzung hat begonnen. Wir werden mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln für unseren Standort kämpfen. EvoBus ist der einzige Bushersteller, der noch in Deutschland fertigt, mit ausgezeichneten Beschäftigten, exzellentem Know-how und hoher Innovationskraft. Die Beschäftigten haben insbesondere in den beiden vergangenen Corona-Jahren außerordentliche Flexibilität bewiesen. Und das soll jetzt der Dank dafür sein? Wir sind harte Zeiten gewohnt. Wenn es drauf ankommt, steht der ganze Standort, Motorenbau und Busbau, zusammen.“
Die Arbeitnehmervertreter wollen von der Geschäftsleitung jetzt erst einmal weitere, belastbare Informationen zur aktuellen Lage des Busgeschäfts und der Standorte. “Wir befinden uns aktuell noch in der sogenannten Informationsphase und stellen infrage, ob sich eine Verlagerung ins Ausland überhaupt wirtschaftlich rechnet”, sagt Hahl und verweist darauf, dass auch im Ausland die Produktionskosten steigen. Daimler Truck hat unter anderem Bus-Produktionsstandorte in der Türkei und in Tschechien.
Buschbacher und Hahl weisen darauf hin, dass man nur am Standort Mannheim in der Lage sei, Sonderwünsche von Kunden, vor allem bei Stadtbussen, aber auch im Reisebusbereich in Ulm kurzfristig und mit hoher Qualität zu erfüllen. “Das sind Kernkompetenzen, die ganz klar für die deutschen Werke sprechen, trotz höherer Kosten.”
Der Mannheimer IG-Metall-Chef sieht dabei auch die Politik in der Pflicht: “Wer es ernst meint mit dem Standort Deutschland und Arbeitsplätze sowie Steuereinnahmen sichern will, darf auch bei der Vergabe von Bus-Aufträgen nicht nur auf den Preis schauen.” Vor allem von den Kommunen erwarte man, dass “sie ihre Spielräume bei der Vergabe von Aufträgen nutzen und auch die Zahl der Arbeitsplätze und die tariflichen Arbeitsbedingungen in Deutschland als Kriterium berücksichtigen”.
Hahl: „Mit der geplanten Zerschlagung stellt sich die große Zukunftsfrage: Lassen wir es zu, dass die Transformation der Industrie brutal auf dem Rücken der Menschen ausgetragen wird? Oder kriegen wir es hin, Wertschöpfung, Perspektiven und Sicherheit für jeden zu erhalten? Es sind nicht allein 1000 Arbeitsplätze. Da hängt die drei bis vierfache Zahl an Angehörigen dran. Von Zulieferern ganz zu schweigen. Es ist nicht die Frage der Zukunft von EvoBus, sondern eine Überlebensfrage für den Industriestandort Mannheim und der industriellen Zukunft der Bundesrepublik Deutschland.“
(Pressemitteilung IG Metall Mannheim)