Mannheim: Mahnwache für die drei in Paris ermordeten Kurd*innen
Am Dienstagabend fand eine Mahnwache für die drei am 23. Dezember in Paris ermordeten kurdischen Aktivist*innen statt. Ein Franzose hatte das kurdische Ahmet-Kaya-Kulturzentrum angegriffen und Emine Kara, M. Şirin Aydın und Abdurrahman Kızıl erschossen. Gut 300 Menschen mobilisierte der kurdische Kulturverein um 17 Uhr in die Planken gegenüber des Mannheimer Wasserturms. Die Stimmung unter den Teilnehmer*innen reichte von Trauer über Wut bis zu Optimismus im Kreis der Gleichgesinnten. Mit Redebeiträgen, Sprechchören, Musik, Transparenten und Fahnen wurde die Öffentlichkeit über die Pariser Geschehnisse informiert.
Mord in Paris – Kritik an der Türkei
Eine junge Aktivistin hielt mehrmals eine Ansprache, in der sie die Morde in direkten Zusammenhang mit dem Krieg und der staatlichen Repression des Erdogan-Regimes brachte. Die türkische Regierung unterdrückt mit diktatorischen Mitteln jede demokratische kurdische Bewegung. Seit Wochen tobt außerdem wieder ein Angriffskrieg in Nordsyrien. Das türkische Militär bombardiert kurdische Stellungen, Dörfer und Infrakstruktur. Die Aktivistin warf der EU, insbesondere Frankreich und Deutschland vor, bei den Verbrechen wegzusehen. Selbst Giftgas werde in Nordsyrien vom NATO Mitglied Türkei eingesetzt. Der türkische Geheimdienst operiere zudem in vielen EU-Staaten und sei dort für Gewalttaten gegen kurdische Menschen verantwortlich.
Für die Morde vom 23. Dezember in Paris hat die französische Polizei einen Tatverdächtigen präsentiert, dessen Motiv „pathologischer Hass auf Ausländer“ gewesen sei. In der Vergangenheit war er bei einem Angriff auf ein Camp von Geflüchteten aufgefallen. Erst vor wenigen Tagen sei er aus dem Gefängnis entlassen worden, habe sich illegal eine Waffe beschafft und die Morde rund ums kurdische Zentrum in Paris begangen. Es gibt Vorwürfe gegen die Polizei, dass sie einer solche Gefahr nicht besser begegnen konnte. Zudem gibt es Fragen. Der Täter soll von einem Unbekannten mit einem Auto zum Tatort gefahren worden sein.
Steckt der türkische Geheimdienst hinter den Morden?
Die Sprecherin der Mannheimer Kundgebung wies darauf hin, dass an besagtem 23. Dezember zur Tatzeit ein Frauen-Treffen im kurdischen Zentrum geplant gewesen sei, das kurzfristig um eine Stunde verschoben wurde. Es sei demnach Glück gewesen, dass es nicht viel mehr Opfer gegeben habe. Der Täter hatte 40 Schuss dabei und habe nach Aussage der Polizei so viele Ausländer wie möglich und als letztes sich selbst töten wollen.
Dass die Tat fast genau zehn Jahre nach den Morden an den drei bekannten kurdischen Politikerinnen Sakine Cansız, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez erneut in Paris geschah, werfe Fragen auf. Viele auf der Kundgebung vermuten daher, dass der türkische Geheimdienst seine Finger im Spiel haben könnte und die Rassismus-These nicht das eigentliche Motiv hinter der Tat erkläre.
Ob ein französischer Rassist nach „Hanau Vorbild“ aus blindem Hass Ausländer töten wollte oder ob die türkische Regierung eine Auslandsoperation durchführte – beides scheint angesicht bisheriger Gewalttaten gegen Kurd*innen im Bereich des Möglichen. In jedem Fall sollte ihnen unsere Solidarität sicher sein.
Die Kundgebung in den Planken wurde nach ca. 90 Minuten ohne Zwischenfälle aufgelöst. Die Polizei begutachtete während der Veranstaltung einige kurdische Fahnen und glich sie mit einer Liste ab, hatte aber offenbar nichts zu beanstanden. (cki)
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